Mitarbeitende der University of California beginnen Streik am Campus Santa Cruz – immer lautere Forderungen nach Ausweitung der Arbeitsniederlegungen

Streikende mit Banner an der University of California, Campus Santa Cruz, 20. Mai 2024

Am Campus Santa Cruz der University of California (UC) begann am Montag ein Streik von 2.000 akademischen Mitarbeitenden gegen die polizeiliche Unterdrückung der Gaza-Proteste auf dem Universitätsgelände. Die Arbeitsniederlegung an einem der 10 Standorte der UC folgt auf ein überwältigendes landesweites Votum über die Streikaktivitäten von 48.000 akademischen Beschäftigten der United Auto Workers Local 4811.

Die Universitätsverwaltung möchte den Streik weiterhin verhindern. Sie strebt ein Urteil an, dass den Streik als „unangemessene Arbeitskampfmaßnahme“ verbietet. Die Universität argumentiert dabei vor der Schiedsinstanz Public Employee Relations Board (PERB), dass ein Streikverbot notwendig ist, weil sonst „ein gefährlicher und weitreichender Präzedenzfall geschaffen wird, wonach soziale, politische und kulturelle Fragen – wie berechtigt das Anliegen auch sein mag – ohne Bezug zu betrieblichen Fragen Grundlage für eine Arbeitsniederlegen sein können“.

Der Streik ist eine wichtige Entwicklung in der wachsenden Bewegung gegen den Völkermord und die landesweiten Angriffe auf das Demonstrationsrecht durch das politische Establishment. Durch den Einsatz von Arbeitskampfmaßnahmen wird die Notwendigkeit eines Eingreifens der Arbeiterklasse als soziale und politische Kraft gegen den Krieg deutlich.

Demonstrierende mit Palästina-Fahne an der University of California, Campus Santa Cruz, 20. Mai 2024

Der Streik muss der Beginn einer breiteren Klassenbewegung werden. Zunächst müssen jetzt alle Mietglieder der United Auto Workers, einschließlich der Beschäftigten in der Automobil- und in der Rüstungsindustrie, Streiks gegen den Krieg und zur Verteidigung der Studierenden fordern.

Dies erfordert einen Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie, die den Streik absichtlich auf einen einzigen Campus beschränkt, um ihn zu isolieren und zu beenden, bevor er sich ausbreiten kann. Der UAW-Vorsitzende Shawn Fain, ein enger Verbündeter von „Joe Genocide Biden“, ist ein Beispiel für die totale Verflechtung des unternehmensfreundlichen Gewerkschaftsapparats mit dem Staat. Als Vorbild dient der Gewerkschaft der so genannte „Stand up“-Streik' in der Autoindustrie im vergangenen Jahr, der keine ernsthaften Auswirkungen auf die Produktion hatte und auf den Massenentlassungen folgten.

Eine Reihe von Gruppen, die sich an den Protesten beteiligen, haben wichtige öffentliche Erklärungen abgegeben, in denen sie die Beschränkung des Streiks auf einen Campus durch die UAW anprangern. Die Gruppe Students for Justice in Palestine (SJP) hat eine Erklärung abgegeben, in der sie den begrenzten „Stand up“-Streik kritisiert:

Der Weg nach vorn ist klar: Die UAW 4811 muss sofort einen Streik an allen Universitäten von Kalifornien ausrufen. … Die Leitung der UAW 4811 muss die Forderungen ihrer Stammbelegschaft und der breiteren Basisbewegung für die Befreiung unterstützen. Jeder Streik muss die Forderung nach Offenlegung, Ende der Beteiligung, akademischem Boykott, Ende der Polizeieinsätze, Amnestie und mehr beinhalten. Dies muss ein Streik für Palästina sein. Die Durchsetzung unserer Forderungen erfordert sofortige Streikmaßnahmen, wir dürfen nicht aufhören und werden nicht ruhen!

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Eine Erklärung mit dem Titel „UAW-Mitglieder und Studierende besorgt über die UAW-Führung der UCSC“ ist ebenfalls unter den akademischen Beschäftigten im Umlauf. Hier heißt es, man sei „alarmiert“ über das „Fehlen der Forderung nach einem Ende der Polizeieinsätze auf dem Campus (Cops Off Campus, COC)“ in den offiziellen Forderungen der Gewerkschaft an der UCSC, „insbesondere angesichts der zunehmenden Polizeigewalt auf dem UC-Campus gegen protestierende Studenten“.

Und weiter: „Zu unserer Bestürzung weigerte sich die Gewerkschaftsführung nicht nur, auf unsere Bedenken einzugehen, sondern sie versuchte wiederholt, uns zum Schweigen zu bringen.“ Zum Schluss heißt es, die UAW-Führung der UCSC „erweist sich in diesem historischen Moment als ungeeignet, die Führung zu übernehmen. ... Wir können uns nicht auf die Darbietungen einer undemokratischen Gewerkschaftsführung verlassen, um Gerechtigkeit in Palästina zu erreichen, und sie können uns auch keine Sicherheit bieten.“

Diese Erklärungen sind begrüßenswerte und wichtige Entwicklungen. Sie weisen auf das wachsende Potenzial der Bewegung hin, sich aus den Fesseln zu befreien, die der Gewerkschaftsapparat ihr aufzuerlegen versucht.

Die World Socialist Web Site schrieb letzte Woche: „Die akademischen Arbeiter müssen jetzt ihren demokratischen Willen durch die Bildung von Streikkomitees durchsetzen. Sie müssen für sofortige, systemweite Arbeitsniederlegungen mobilisieren. Gegen die Versuche des Gewerkschaftsapparats, ihren Kampf einzuschränken, müssen sie sich an die Automobilarbeiter und die gesamte Arbeiterklasse wenden. Sie müssen sich gegenseitig unterstützen und Kommunikationslinien aufbauen, um gemeinsame Aktionen vorzubereiten.“

Insbesondere die akademischen Mitarbeiter am Campus Los Angeles (UCLA) fordern ebenfalls einen Streik. Hier hatte die Polizei zunächst zugelassen, dass Zionisten ein Protestlager brutal angreifen, bevor schließlich die Polizei selbst das Lager mit Gummigeschossen und Blendgranaten räumte und 132 Personen verhaftete.

Ein akademischer Angestellter der UC Los Angeles sagte der WSWS: „Ich war dort [bei dem 2022 UC-Streik] und es ist fast genau die gleiche Gruppe [von Gewerkschaftsfunktionären], sie machen das Gleiche wie immer. Und sie haben sich geweigert, uns zu sagen, wann sie uns zum Streik aufrufen. Die Basis setzt sie jetzt unter Druck, uns zu unterstützen.“

Streikposten an der UC Santa Cruz

An der UC Santa Cruz beteiligten sich mehrere hundert Streikende an einer Streikpostenkette auf dem Universitätsgelände. Später schlossen sich ihnen etwa 100 Studierende an, die anderthalb Kilometer vom Protestcamp entfernt demonstrierten.

Streikposten an der University of California, Campus Santa Cruz, 20. Mai 2024

Streikende, die mit der World Socialist Web Site sprachen, äußerten ein allgemeines Misstrauen gegenüber der Gewerkschaftsbürokratie, auch gegenüber dem UAW-Vorsitzenden Shawn Fain. Einer bezeichnete Fain als „Klassenverräter“. Ein anderer sagte: „Wir interessieren uns nicht für ihn oder das, was er zu sagen hat.“

Ein Student im dritten Studienjahr sagte der WSWS, er sei der Meinung, dass der Völkermord „komplett auf den Kapitalismus zurückzuführen ist“. Kein Problem sei zu lösen, ohne an diese Wurzel zu gehen.

Ein weiterer Streikender hatte sich an den wilden Streiks an der UCSC im Jahr 2020 zur Anpassung der Löhne an die steigenden Lebenshaltungskosten beteiligt. Er bezeichnete die Beschränkung des Streik auf einige wenige Universitäten als ungeeignet und unangemessen und stimmte der Notwendigkeit eines Streiks an allen Standorten der UC zu.

Transparent "Generalstreik für ein freies Palästina" bei den Protesten an der University of California, Campus Santa Cruz, 20. Mai 2024

Ein internationaler Student äußerte seine Verwunderung über die Entscheidung, nur an einem Campus zu streiken, und fragte sich, ob dies die übliche Vorgehensweise bei Streiks in den Vereinigten Staaten sei. Er war schockiert, als er erfuhr, wie ein ähnlicher „Stand up“-Streik im letzten Jahr in der Automobilindustrie genutzt wurde, um einen miesen Tarifvertrag durchzusetzen, der nun zur Entlassung tausender Arbeiter genutzt wird.

Angesprochen auf die Frage, was er von der Argumentation der UC-Verwaltung vor dem Public Employee Relations Board (PERB) halte, den Streik zu verbieten, da die Gefahr bestehe, dass ein politischer Streik einen Präzedenzfall schaffe, hielt er einen Moment inne. Er bemerkte dann: „Das ist eine sehr gute Frage. Denn das bedeutet, dass die Arbeiter einen Systemwandel fordern würden, wenn dies erlaubt wäre.“

Proteste nehmen zu trotz anhaltender Razzien

Die Forderungen nach einem breiteren Vorgehen werden immer lauter, da Politiker, Verwaltung und Polizei ihre Angriffe landesweit noch verstärken. Nach der Razzia und den Verhaftungen im Camp an der UC Irvine Anfang letzter Woche wurden am Freitagabend ein Dutzend Personen im Camp an der UC Berkeley verhaftet. Die SJP hat erklärt, dass die Kaution für die Studierenden auf 120.000 Dollar pro Person festgesetzt wurde.

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die SJP bestätigte am Montag in den sozialen Medien, dass trotz einer Einigung mit den verhafteten protestierenden Studierenden in Harvard insgesamt 12 Studenten daran gehindert werden, ihr Studium ordentlich abzuschließen.

Inzwischen nehmen auch die Proteste und Zeltlager weiter zu. Am Sonntag versammelten sich 10.000 Menschen vor dem State Capitol in der texanischen Hauptstadt Austin. Dies geschah trotz Versuchen, das Gelände des Capitols zu schließen und damit den Protest de facto zu verbieten. Am Montag wurde die Errichtung eines Zeltlagers in der rumänischen Hauptstadt Bukarest von zehntausenden Menschen in den sozialen Medien weltweit gefeiert.

Beschäftigte im Gesundheitswesen melden sich zu Wort

In der Arbeiterklasse wächst die Unterstützung für die Proteste. Ein Mitarbeiter im Gesundheitswesen der UC San Diego sagte der WSWS: „Ich war in Afghanistan und habe gesehen, was dort mit Frauen und Kindern geschieht. Was sich in Gaza abspielt, ist absolut entsetzlich: Frauen und Kinder liegen unter Trümmern, die Bürger werden ständig bombardiert. Warum können sie nicht einfach damit aufhören? Ich hasse Krieg und bin gegen das, was die USA in Israel unterstützen.“

Er sagte: „Die Studenten haben jedes Recht zu protestieren. Sie üben ihre Rechte nach dem ersten Verfassungszusatz aus. Es gab keinen Grund für die Reaktion der Universität und der Polizei, die erfolgt ist. Ich verteidige ihr Recht auf Protest.“

Zur Behauptung, dass der Widerstand gegen den Völkermord in Gaza „antisemitisch“ sei, meinte er: „Nein, dem stimme ich nicht zu. Diese Demonstranten wollen ihren Widerstand gegen Krieg und Völkermord zum Ausdruck bringen. So einfach ist das. Es ist sehr ähnlich wie in Vietnam und den damaligen Protesten. Es handelt sich um eine große Opposition gegen den Krieg und den US-Imperialismus.“

Eine andere Beschäftigte im Gesundheitswesen sagte: „Ich bin empört über die Art und Weise, wie die Universität auf die Studierenden und ihr Recht auf Protest reagiert.“ Sie merkte an, dass sie einen breiteren Streik unter den Beschäftigten zur Verteidigung der Studierenden unterstützen würde, „aber das würde voraussetzen, dass wir alle auf die Straße gehen.“

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