Nach Hillary Clintons klarem Sieg über Barack Obama bei den Vorwahlen vom 22. April in Pennsyslvania wird sich das erbitterte Wettrennen um die Präsidentschaftsnominierung der Demokraten noch über weitere Wochen, wenn nicht Monate, hinschleppen. Und was noch wichtiger ist: Immer klarer zeigt sich, dass die Partei in einer Krise steckt.
In dieser Wahl kam eine Partei zum Vorschein, die nach unterschiedlichen demographischen Kriterien gespalten ist - nach Schwarz und Weiß, Amerikanern und Einwanderern, Männern und Frauen, alt und jung usw. Wie schon bei früheren Vorwahlen konnte Obama in Industriegebieten, die von Betriebsschließungen und dem sinkendem Lebensstandard der Arbeiterklasse besonders hart betroffen sind, eine überwältigende Mehrheit der Stimmen der Afroamerikaner und eine große Mehrheit der jüngeren Menschen auf sich vereinen.
Bei den Weißen, den Älteren und den Frauen ließ Clinton Obama keine Chance. Die demographische Verteilung in diesem Bundesstaat, in dem Schwarze in wenigen städtischen Zentren konzentriert sind und ältere Weiße den größten Teil der Bevölkerung ausmachen, führte zu einem Erdrutschsieg für Clinton. Sie konnte mit Ausnahme von sieben Wahlbezirken alle übrigen 60 für sich entscheiden.
Obama gewann lediglich in der Stadt Philadelphia, in zwei ihrer Vorstädte, in Lancaster, in dem Bezirk mit der Hauptstadt Harrisburg und in zwei Bezirken, in denen die Penn State University liegt.
Clinton gewann mit großer Mehrheit in den wirtschaftlich darniederliegenden Industriegebieten von Nordost- und Westpennsylvania, und ebenso in den Bezirken im Südwesten, den früheren Hochburgen der Kohleindustrie.
Viele Sprecher der Demokratischen Partei ringen inzwischen die Hände, denn die Vorwahlkämpfe werden mit immer größerer Schärfe geführt und haben den Parteiapparat und die Demokratische Wählerschaft möglicherweise irreparabel gespalten. Sie befürchten, dass der giftige Kampf die Chancen bei der Präsidentschaftswahl im Herbst ruiniert und dem republikanischen Kandidaten John McCain den Weg ins Weiße Haus ebnet.
Es erscheint immer wahrscheinlicher, dass ein großer Teil des jeweils anderen Lagers bei der Wahl zu Hause bleiben wird, wenn der bevorzugte Kandidat nicht nominiert wird. Aber die Parteiführung macht den Eindruck, dem internen Massaker unvorbereitet und hilflos gegenüberzustehen.
Trotz der Schärfe auf beiden Seiten fällt es schwer, wesentliche politische Differenzen in den öffentlichen Erklärungen und politischen Äußerungen der beiden Kandidaten zu entdecken. Beide machen populistische Versprechungen, ohne in irgendeiner Weise die Macht oder die Profite der Wirtschaftselite in Frage zu stellen. Beide kombinieren Antikriegsrhetorik mit der Ankündigung, US-Truppen unbegrenzt im Irak zu belassen und das Militär in der Vorbereitung auf neue Interventionen zu stärken.
Die tatsächlich existierenden politischen Differenzen werden vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen. In den führenden Kreisen des Demokratischen Partei-Establishments ging die Spaltung von der Irakfrage aus. Außenpolitische Strategen wie Zbigniew Brzezinski halten Clinton ihre Zustimmung zu der katastrophalen Intervention im Irak vor. Diese Fraktion setzt sich für Obamas Kandidatur ein, um nach acht verhängnisvollen Bush-Jahren eine Richtungsänderung in der Außenpolitik einzuleiten und so die wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA weltweit intelligenter und effektiver vertreten zu können.
Mit Hilfe gewagter Abstraktionen wurde Obama als Kandidat des "Wechsels" und einer "neuen Politik" präsentiert, die die unterschiedlichsten Elemente der amerikanischen Gesellschaft vereinen und den "amerikanischen Traum" wiederbeleben könne. Seine Person - jung, neu in der nationalen Politik, rassenübergreifend - schien dieses Ziel zu verkörpern.
An diesem Bild wurde sorgfältig gezeichnet. Brzezinski sagte in einem Interview am 19. April im französischen Fernsehen, für die Anhänger des Senators aus Illinois sei dieses Erscheinungsbild sehr wichtig. "...Amerika muss seinen Platz in der Welt neu definieren; ja, Amerika muss sich selbst neu definieren", sagte er. "Und ich glaube, dass er [Obama] diese notwendige Veränderung symbolisiert..."
Obamas Wahlkampf klinkte sich in diese breite und tiefe Unzufriedenheit besonders bei jungen Leuten über den Krieg, wirtschaftliche Unzufriedenheit, die Korruption und Kriminalität der Bush-Jahre ein und gewann breite Unterstützung.
Clinton schlug zurück und suchte Unterstützung bei den Schichten des Parteiestablishments, die eher dem Krieg zuneigten, und heizte damit einen Polarisierungsprozess an, der die Spannungen zwischen rivalisierenden Interessengruppen der Demokratischen Partei verschärfte. Dass die interne Krise die Form zentrifugaler Kräfte nach Rassen-, Geschlechts- und ethnischen Bruchstellen annimmt, hängt mit der besonderen Entwicklungsgeschichte der Demokratischen Partei zusammen.
Der amerikanische Liberalismus im New Deal und in der Nachkriegszeit
In der Großen Depression der 1930er Jahre brachte die Demokratische Partei unter Roosevelt eine Koalition der weitsichtigeren Teile der herrschenden Klasse mit den Gewerkschaften, den selbständigen Mittelschichten, Kleinbauern und städtischen Mittelschichten, von Ladenbesitzern bis zu Intellektuellen, zusammen.
Angesichts des Zusammenbruchs des gesamten kapitalistischen Systems und zunehmender sozialer Unruhen ermutigte Roosevelt zeitweise aus opportunistischen Gründen die Bildung neuer Industriegewerkschaften, um gegen die überwiegend feindlich gesinnte Wirtschaftselite begrenzte Sozialreformen durchzusetzen, die er für notwendig hielt, um einer sozialen Revolution vorzubeugen.
Seine Unterstützung für die gewerkschaftlichen Kämpfe der Industriearbeiter hatte aber ihre engen Grenzen. Als die vorsichtige wirtschaftliche Erholung 1937 wieder in sich zusammenfiel und Streikkämpfe revolutionäre Ausmaße anzunehmen drohten, verurteilte Roosevelt den jüngst gebildeten CIO. Nach der Ermordung streikender Stahlarbeiter durch die Chicagoer Polizei bei dem Memorial Day Massaker von 1937 machte er den berühmten Ausspruch: "Der Teufel soll beide Seiten holen."
Trotzdem kann man sagen, dass der amerikanische Liberalismus [Sozialreformismus], besonders in den ersten Jahren des New Deal, im allgemeinen ein Reformprogramm unterstützte, das die Umstrukturierung des amerikanischen Kapitalismus anstrebte, um die Macht der Großindustrie zu begrenzen und Elemente von Wirtschaftsdemokratie am Arbeitsplatz einzuführen. Viele New-Deal-Demokraten setzten sich für die Umverteilung des Reichtums und für größere soziale Gleichheit ein.
Nach 1937 ließ die Entschlossenheit der Liberalen der Demokratischen Partei nach, Strukturreformen am Kapitalismus durchzuführen. Diese Tendenz verstärkte sich noch mit dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Der amerikanische Historiker Alan Brinkley schreibt in seinem Buch The End of Reform von 1995:
"Ein Jahrzehnt später, im Jahre 1945, sah die Ideologie des amerikanischen Liberalismus deutlich anders aus. Die Kritik am modernen Kapitalismus, die in den frühen 1930ern (ja, sogar schon einige Jahrzehnte davor) so wichtig gewesen war, war weitgehend vergessen oder zumindest so weit gedämpft, dass sie eigentlich nur noch rhetorische Bedeutung hatte. An ihre Stelle waren liberale Ideen getreten, die sich mit der bestehenden Struktur der Wirtschaft arrangiert hatten und dem Staat die Rolle zuwiesen, die unvermeidlichen Mängel des Kapitalismus auszubügeln....
Wenn Liberale jetzt über die Verantwortung der Regierung für das Funktionieren der industriellen Welt sprachen, dann definierten sie diese Verantwortung weniger im Sinne einer Restrukturierung der Wirtschaft, als in dem Sinne, sie zu stabilisieren und ihre Wachstumschancen zu verbessern. Sie waren nicht mehr daran interessiert, Plutokraten’ und Wirtschaftsfürsten’ zu kontrollieren oder zu bestrafen, was Mitte der 1930er Jahre noch im Zentrum der New-Deal-Rhetorik gestanden hatte. Stattdessen sprachen sie über ihre Aufgabe, ein gesundes Umfeld zu schaffen, in dem die Wirtschaft blühen und gedeihen und Vollbeschäftigung’ gewährleistet werden konnte." (S. 6-7)
Wie Brinkley erklärte, war der neue Liberalismus nicht mehr auf die Produktion und die Produzenten des Wohlstands ausgerichtet, sondern auf die Konsumption und die Konsumenten. Man ging davon aus, dass Arbeiter ihre Lage dadurch verbessern konnten, dass sie als Konsumenten vom Wirtschaftswachstum und vom allgemeinen Wohlstand des Landes profitierten.
Er nennt den Nachkriegsliberalismus "gestützt auf Rechtsansprüche" und schreibt:
"Der Krieg war kurz gesagt ein wichtiger Schritt in der Abwendung des amerikanischen Liberalismus von der Beschäftigung mit Reformen’ (d.h. mit Klassenfragen, die sich um das Problem des Monopolismus und der ökonomischen Unordnung drehen) und zur Beschäftigung mit Rechten’ (d.h. mit den Freiheiten und Ansprüchen des Individuums, d.h. mit der Befreiung unterdrückter Menschen und Gruppen). Der auf Rechte’ konzentrierte Liberalismus war in mancherlei Hinsicht eine Wegwendung von vielen wirtschaftlichen Fragen, die für Progressive und Anhänger des New Deal jahrzehntelang wichtig gewesen waren: Fragen der Struktur der Industriewirtschaft und der Verteilung von Reichtum und Macht in ihrem Rahmen."
Entsprechend dieser Veränderung stellte sich die Demokratische Partei nicht länger als die Partei des "arbeitenden Mannes" dar, sondern als Verteidigerin der "Mittelklasse".
Die Gewerkschaften übernahmen diese abgeschwächte Form des amerikanischen Liberalismus, geben den Kampf für Wirtschaftsdemokratie und die Einschränkung der Macht der Konzerne völlig auf und integrierten sich noch stärker in die Demokratische Partei. Sie zementierten ihre Rolle als Stützen der bestehenden Ordnung, indem sie ihre Reihen gnadenlos von allen linken und sozialistischen Elementen säuberten.
In seinem Bericht zur Lage der Nation im Januar 1944 schlug Roosevelt eine, wie er es nannte, "Zweite Bill of Rights" vor, die allen Amerikanern ein Minimum an ökonomischer Sicherheit und bestimmte soziale Rechte garantieren sollte. Dazu gehörte das "Recht auf eine nützliche Arbeit, von der man leben kann", das "Recht, genug zu verdienen, um sich davon ausreichend Nahrung, Kleidung und Erholung leisten zu können", das Recht der Bauern, "anständig zu verdienen", die Freiheit von Geschäftsleuten "vor unfairem Wettbewerb und übermäßigem Druck der Monopole", das Recht aller Familien auf "eine anständige Unterkunft", das Recht auf "adäquate medizinische Versorgung und die Chance auf gute Gesundheit", das Recht auf "angemessenen Schutz vor wirtschaftlicher Unsicherheit im Alter, bei Krankheit, Unfall und Arbeitslosigkeit" und das Recht auf "eine gute Ausbildung".
Inwieweit Roosevelt seine eigenen Vorschläge ernst nahm, ist umstritten. Jedenfalls verschwand seine "Zweite Bill of Rights" nach dem Krieg in der Schublade.
Das Auseinanderbrechen der New-Deal-Koalition
Die Glaubwürdigkeit des amerikanischen Nachkriegsliberalismus und der am Mittelstand orientierten Konsumgesellschaft hing von dem anhaltenden Wirtschaftswachstum der Nachkriegszeit und ständig steigendem Wohlstand ab. Aber Ende der 1960er Jahre zeigte der Boom erste Risse. Die Folgen des Vietnamkriegs, der Bürgerrechtskämpfe, der Ghettoaufstände und einer Streikwelle, die vom Abflauen der wirtschaftlichen Konjunktur angeheizt wurde, unterhöhlten die New-Deal-Koalition. Innerhalb weniger Jahre distanzierte sich die Demokratische Partei offen von der sozialreformistischen Politik des New Deal.
Unter Bedingungen wirtschaftlicher Stagnation und wütender Inflation in den 1970er Jahren wandten sich breite Teile der Mittelschichten und der besser gestellten Arbeiter desillusioniert von der - bereits schwindsüchtigen - liberalen Reformpolitik der Demokratischen Partei ab, die die Wirtschaftskrise nur zu verschlimmern schien und gleichzeitig zu immer höheren Steuerlasten für den Durchschnittsverdiener führte.
Als die Illusion eines immer weiter steigenden Lebensstandards der Konsumgesellschaft zerbrach, versuchte sich die Demokratische Partei neu zu erfinden, was erstmals bei der Kandidatur von McGovern 1972 zum Tragen kam. Die Umstrukturierung der gesamten Organisation mit vielfältigen "Beteiligungs"-Strukturen wurde als große demokratische Reform verkauft. Rassen- und Geschlechtervielfalt wurden die Schlagworte der neuen Zeit. Die Partei verinnerlichte in ihrer Struktur regelrecht das Prinzip der Identitätspolitik.
Mit der "Minderheitenförderung" und ähnlichen Strategien schaffte man Privilegien für die gehobenen Schichen der Minderheiten und Frauen, während der Lebensstandard der breiten Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung stagnierte oder zurückging. Das traf auf Afroamerikaner genauso zu wie auf Latinos und Weiße, oder auf Frauen und Männer.
Das aktuelle Nominierungssystem wurde entwickelt. Vorwahlen und Mitgliederversammlungen ersetzten weitgehend die alte Methode, bei der die Hauptbewerber um die Präsidentschaftskandidatur von Parteifunktionären und gewählten Vertretern bestimmt wurden. Die endgültige Wahl trafen dann die Delegierten auf dem Parteitag. Das neue System verstärkte nur die demagogischen Elemente des Auswahlprozesses, weil die Kandidaten genau abgestimmte und je nach Hautfarbe, Abstammung oder Geschlecht zielgruppenorientierte Parolen und Werbemaßnahmen an die eine oder andere Gruppe richteten.
Die Demokratische Partei entwickelte sich zu einem Sammelsurium von Interessengruppen, die miteinander im Wettbewerb standen. Dazu gehörten das Bürgerrechtsestablishment, privilegiertere Schichten der Farbigen und anderer Minderheiten, feministische Organisationen, Schwulengruppen, Umweltbewegte usw. Die Gewerkschaften, die in der New-Deal-Koalition eine zentrale Rolle gespielt hatten, waren nur noch eine unter vielen Interessengruppen, die sich der Demokratischen Partei angeschlossen hatten.
Die Unterstützung für die Demokraten aus der Arbeiterklasse zerbrach umso schneller, als die Partei die Restrukturierung der US-Wirtschaft unterstützte, die auf den Niedergang der globalen ökonomischen Position des amerikanischen Kapitalismus folgte. Niemand anderes als die Demokraten unter Jimmy Carter holten mit der Deregulierung der Luftfahrtindustrie und des LKW-Transports zum ersten großen Angriff auf die New-Deal-Reformen aus. 1979 ernannte Carter Paul Volcker zum Vorsitzenden des Federal Reserve Board. Volcker hob die Zinssätze drastisch an, um durch Massenarbeitslosigkeit und eine Offensive gegen Löhne und Arbeitsplätze der Arbeiterklasse die Inflation aus dem System zu verbannen.
Die Demokraten gaben 1979-80 bei der Rettung von Chrysler den Startschuss für Lohnsenkungen und unterstützten die "Deindustrialisierung". Weite Teile der Grundindustrien, die nicht mehr profitabel waren, wurden geschlossen.
Als Bestandteil ihrer Hinwendung zur Identitätspolitik definierte die Demokratische Partei praktisch neu, was sie die "amerikanische Demokratie" nannte, und ließ dabei jede Forderung nach sozialer Gleichheit fallen. Seit den 1980er Jahren stieß sie ihre ehemalige Basis in der Arbeiterklasse zusätzlich vor den Kopf, als sie mit den Republikanern bei der enormen Umverteilung des Reichtums von unten nach oben zusammenarbeiteten.
Der Kampf von Personen
Der jetzige Wettkampf zwischen einer Frau und einem Afroamerikaner findet vor dem Hintergrund eines unpopulären Kriegs und einer beginnenden Rezession statt; und dabei treten die politischen Konsequenzen der Identitätspolitik der Demokraten explosiv zu Tage.
In Pennsylvania eskalierte Clinton ihre rechte Strategie, mit der sie Obamas uneinholbaren Vorsprung bei den festgelegten Delegierten zu neutralisieren versucht. Sie nutzte seine Beziehungen aus der Vergangenheit mit einem Ex-Mitglied des radikalen Weather Underground, um gegen ihren Opponenten zu hetzen, dämonisierte den Iran und heizte die Furcht vor Terroranschlägen an, und appellierte nur schwach verbrämt an rassistische Vorurteile (als sie Obamas Verbindung mit seinem ehemaligen Pastor Jeremiah Wright verurteilte).
Ein entscheidender Punkt kam auf, als Obama in einem unbedachten Moment bei einer nicht-öffentlichen Spendensammelaktion über die "Verbitterung" der Arbeiterklasse in den kleinen Städten und auf dem Land in Pennsylvania sprach. Diese "Verbitterung" richtet sich gegen Lohnsenkungen, Betriebsschließungen und zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit und gegen die Gleichgültigkeit der Republikanischen und Demokratischen Regierungen gleichermaßen. Obama beging die Kardinalsünde, die Realität der Klassenbeziehungen in Amerika beim Namen zu nennen, und verschärfte seinen Fehler noch durch die Andeutung, dass das wirtschaftliche Elend dazu führe, dass sich die Menschen an Religion und Waffen "klammern" und Einwanderer und ausländische Arbeiter zu Sündenböcken machen.
Dafür prangerten die Medien, die Republikaner und Clinton Obama als "elitär" an. Sie ließen keinen Zweifel aufkommen, dass die herrschenden Kreise keine offene Diskussion der Klassengegensätze im Präsidentschaftswahlkampf zulassen. Obama verstand, entschuldigte sich und kam in Pennsylvania nicht mehr aus der Defensive.
Diese Episode zeigt, dass der amerikanische Liberalismus und die Demokratische Partei vollständig vor den grundlegenden Klassenfragen der amerikanischen Gesellschaft ausweichen. Stattdessen sind sie von zweitrangigen Fragen wie Rasse, Geschlecht, Alter usw. beherrscht. Damit geben sie diesen Unterschieden eine größere Bedeutung, als sie besitzen, und verleihen ihnen einen bösartigen Charakter.
Weil die Partei kein zusammenhängendes Programm besitzt, müssen sich die Kandidaten profilieren, indem sie in Rollen schlüpfen, um bestimmte Elemente der Partei zu beeindrucken. Bei den aktuellen Demokratischen Vorwahlen hat das absurde Formen angenommen.
Clinton benötigte in Pennsylvania einen überzeugenden Sieg, um ihre wackelnde Bewerbung am Laufen zu halten. Sie stylte sich als harte Lady aus der Arbeiterklasse, ähnlich einem weiblichen Rocky Balboa. Das ist für eine ehemalige First Lady nicht sehr überzeugend, die zusammen mit ihrem Ex-Präsidenten-Ehemann 109 Millionen Dollar an Land gezogen hat, seit sie vor sieben Jahren das Weiße Haus verlassen haben.
Obama wiederum präsentiert sich als der Führer einer Volksbewegung von unten, die die Wirtschaftslobbyisten aus Washington vertreiben und die Regierung "dem Volk zurückgeben" will. Gleichzeitig verspricht er in seinem Kreuzzug für "Wandel" und eine "neue Politik", alles und jeden zu versöhnen - Weiß und Schwarz, Reich und Arm, Jung und Alt, Männer und Frauen, Schwule und Heteros, Demokraten und Republikaner.
Ganz abgesehen von der Tatsache, dass er ungefähr 150 Millionen Dollar Spenden gesammelt hat, zur Zeit auf einer Kriegskasse von 42 Millionen Dollar sitzt und einige der reichsten Personen der Welt zu seinen Sympathisanten zählt, klingt Obamas Versprechen einer allumfassenden Einheit nicht nur hohl, sondern angesichts der hoffnungslosen Zerstrittenheit seiner eigenen Partei schlicht lächerlich.
Die Krise der Demokratischen Partei ist die Krise einer imperialistischen Partei. Das wurde noch einmal von Clintons Drohung unterstrichen, den Iran "auszulöschen". Obama hat schon früher gedroht, Pakistan zu bombardieren.
Der Vorwahlkampf ist zu einem Spektakel degeneriert, in dem politische Krise, Betrug und Täuschung regieren. Er beweist, wie hoffnungslos verfehlt und trügerisch die Vorstellung ist, dass die Demokratische Partei ein Instrument für fortschrittliche soziale Veränderungen sein könnte.