Wie die New York Times am Montag berichtete, treibt die Regierung Obama den Autokonzern General Motors entschlossen in die Insolvenz. Wie die Zeitung angibt, will das Weiße Haus die Konkursgerichte nutzen, um die hundert Jahre alte Ikone des Industriezeitalters zu zerschlagen und seine profitablen Teile an private Investoren verkaufen. Gleichzeitig würden die unerwünschten Bereiche der Firma, wie Krankenversicherung und Pensionsverpflichtungen in einem längeren Insolvenzverfahren liquidiert.
"Das Finanzministerium weist General Motors an, bis spätestens 1. Juni die Grundzüge eines Insolvenzverfahrens auszuarbeiten," berichtete die Zeitung, "obwohl GM öffentlich erklärt hat, auch ohne ein solches Verfahrens wieder auf die Beine kommen zu können, so Kenner der Planungen am Wochenende."
Die Ankündigung schwächte den Aktienkurs von GM weiter- er fiel am Montag um 16 Prozent auf 1,71 $ pro Aktie - und ließ einen Konkurs damit noch wahrscheinlicher werden.
Unter der so genannten "363 sale" (Auktion 363) - so wird Paragraph 363 der amerikanischen Insolvenz-Richtlinien bezeichnet - würde die Regierung GM in zwei Gesellschaften aufsplitten. Der neue, "gute" GM-Konzern würde die Marken Chevrolet, Cadillac und Buick umfassen, wobei Buick sich in China als äußerst gewinnbringend erwiesen hat. Diese Firma würde in nur zwei Wochen saniert und durch das Einschießen von fünf bis sieben Milliarden Dollar Bundesmitteln wieder aus dem Insolvenzverfahren geholt, so die Zeitung, die einen Informanten zitierte, der letzte Woche in die Pläne eingeweiht wurde.
"Weniger attraktive Vermögenswerte, wie Gießereien, Produktionsstätten und Krankenversicherungen" berichtete die Zeitung, "würden in der alten Gesellschaft belassen, die dann im Laufe von ein paar Jahren aufgelöst werden würde."
Vergangenen Monat servierte das Weiße Haus den Chef von GM, Richard Wagoner, ab - er soll sich einer Insolvenz widersetzt haben - und ersetzte ihn durch den Produktionsleiter Fritz Henderson. Von ihm behaupten Wall Street Analysten, er sei den genannten Plänen gegenüber offener.
Die Drohung mit der Insolvenz wird benutzt, um die 60.000 Stundenlöhner bei GM, sowie die 800.000 Rentner und ihre Angehörigen zu beispiellosen Zugeständnissen zu erpressen. Falls es der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) nicht gelingen sollte, bis zum 31. Mai drastische Senkungen bei den Löhnen und Sozialleistungen durchzusetzen, dann soll das Gleiche mithilfe eines Insolvenzverwalters erreicht werden.
Letzten Monat lehnte die Regierung Obama die von GM vorgelegten Umstrukturierungspläne ab. Diese sahen die Streichung von 47.000 Stellen- 21.000 davon in den USA -, die Schließung von vierzehn Betrieben in den USA und Europa, sowie die Senkung der Löhne und Sozialleistungen in den USA bis 2010 auf das Niveau nicht gewerkschaftlich organisierter Arbeiter von Betrieben in japanischem Besitz vor.
Der Präsident hielt diesen Plan für nicht weit reichend genug und bestand auf "schmerzlicheren Zugeständnissen" der Autoarbeiter. Die Auto Task Force des Präsidenten ließ verlauten, dass die Firma nur als "lebensfähig" beurteilt würde, wenn sie unter allen Bedingungen, selbst in einer schweren Wirtschaftskrise, "eine adäquate Profitrate" an die Wall Street gewährleisten könne.
Das Mitglied der Auto Task Force, Jared Bernstein war voll des Lobes für die bisherigen Zugeständnisse der UAW. Aber er erklärte auf Radio WWJ in Detroit, dass von den älteren Arbeitern noch weitaus einschneidendere Konzessionen, wie Senkungen bei Löhnen und Sozialleistungen gefordert würden. Frühere Vorleistungen, wie die Absenkung der Löhne neu eingestellter Arbeiter auf 14 Dollar die Stunde, seien "einschneidend, bedeutsam und wichtig". Jedoch, so meinte er, gelten die meisten der bisherigen Konzessionen "nur für neue Arbeiter, neu hinzu kommende Anfänger. Es gibt noch eine Menge Arbeiter, die älter und erfahrener sind und immer noch von Verträgen profitieren, die vor langer Zeit abgeschlossen wurden," womit er andeuten wollte, dass diese alten Errungenschaften auslaufen müssten.
Angesichts dieses Angriffs hat sich die UAW öffentlich völlig passiv verhalten. Hinter den Kulissen beteiligt sich die UAW allerdings an hektischen Verhandlungen - nicht zum Schutz der Arbeitsplätze und des Lebensstandards ihrer Mitglieder, sondern um sich von den Fragmenten der Autoindustrie so viel wie möglich unter den Nagel zu reißen.
Es wird über den möglichen Aufstieg der UAW zu einem der größten Aktienbesitzer beim "neuen" GM berichtet, was hieße, dass die Gewerkschaftsbürokratie ein direktes finanzielles Interesse an der Erhöhung von Profiten und Aktienkursen durch die Zerstörung der Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen ihrer Mitglieder bekäme.
Es gibt auch gute Gründe für die Vermutung, die UAW sei mit einer Insolvenz von GM einverstanden. So könnte sie vermeiden, der Mitgliedschaft einen weiteren Vertrag mit Zugeständnissen vorlegen zu müssen, was mit dem Risiko verbunden wäre, dass er von den Mitgliedern abgelehnt wird. Vielleicht glaubt die UAW-Führung, sie könne sich ihrer Verantwortung für die Zugeständnisse entziehen und stattdessen dem Insolvenzverwalter die Schuld dafür zuschieben.
Wie verlautet, hat die UAW Zugeständnissen bei Löhnen, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen bereits zugestimmt. Bei Forderungen der Regierung nach weiterer Senkung der Zahlungen an die Krankenkasse der gewerkschaftlich versicherten Rentner hat sie sich allerdings quergestellt.
2007 erklärte die UAW ihr Einverständnis, die Löhne neu Eingestellter zu halbieren und GM, Ford und Chrysler von der Zahlung von Milliarden Dollar in die Krankenkassen der Rentner zu befreien. Im Gegenzug wurde eine von der Gewerkschaft kontrollierte Sozialkasse, die Volontary Employees’ Beneficiary Association (VEBA, Freiwillige Vereinigung für Arbeitnehmerbeihilfen) etabliert. GM schuldet der UAW-Kasse zwanzig Milliarden Dollar. Letzten Monat bot GM der UAW Vorzugsaktien in Höhe von zehn Milliarden mit einem Zinssatz von neun Prozent und zehn Milliarden Dollar Barleistungen in zwanzig Jahren an.
Nach einem Bericht von JPMorgan Chase erwartet man, dass General Motors der UAW diese Woche ein noch unseriöseres Angebot unterbreitet. Die Auto Task Force im Finanzministerium will, dass GM sich weit mehr als der Hälfte seiner Verpflichtungen gegenüber der UAW entledigt, berichtete Business Week. "Das heißt, dass die Gewerkschaft weit mehr als die Hälfte der verbleibenden Verpflichtungen von GM für die Kosten des gewerkschaftlichen Gesundheitsfonds in GM-Aktien akzeptieren soll."
Die Spitzenbürokraten der UAW - sie lassen sich von der Wall-Sreet-Firma Lazard beraten - sind von der VEBA abhängig, die ihnen eine lukrative Einkommensquelle aus Einlagen verschafft. So können sie ihre durch den Niedergang der Autoindustrie erlittenen Beitragsverluste wettmachen.
Die Finanzierung der VEBA mit praktisch wertlosen Aktien, bedeutet jedoch zwangsläufig, dass der Stiftung - die nach Angaben der Gewerkschaft achtzig Jahre lang zahlungsfähig sein sollte - schon bald das Geld ausgehen wird. Das heißt, dass die UAW, die ab 2010 die Auszahlung der Leistungen an die Rentner übernehmen soll, die Verantwortung für die Einschränkung der medizinischen Versorgung der Rentner und ihrer Ehepartner haben wird,
Neben Einschnitten bei den Leistungen der Krankenkassen fordert die Regierung auch scharfe Rentenkürzungen. Bei einem Insolvenzverfahren kann ein Richter GM erlauben, die Rentenzahlungen einzustellen und seine Verpflichtungen der Pension Benefit Guaranty Corporation (PBGC, Vereinigung zur Garantierung der Rentenzahlungen) der Regierung anhängen. Ohnehin ist die PBGC mit einem Defizit von vielen Milliarden belastet. Ein derartiges Szenario würde für hunderttausende Rentner drastisch reduzierte Leistungen bedeuten.
Die Regierung Obama handelt im Sinne der mächtigsten Teile der Finanzelite, die die bisherigen Errungenschaften der Autoarbeiter zerstören und so einen Präzedenzfall für einen umfassenden Angriff auf den Lebensstandard aller Arbeiter schaffen wollen.
Die Demontage der Autoindustrie - ein gefundenes Fressen für die Wall Street - ist zweifellos Teil des wirtschaftlichen "Erholungs"-Plans der Regierung Obama, der entworfen wurde, um die Vermögen der amerikanischen Finanzaristokratie durch die Verarmung der Arbeiterklasse zu mehren.
Autoarbeiter reagieren aufgebracht auf Obamas Forderungen. Brian und sein Bruder Dan sprachen an der Lastwagen- und Busfabrik Pontiac nördlich von Detroit mit der World Socialist Web Site. Brian, 54, ist seit 36 Jahren Autoarbeiter. Mit achtzehn hatte er bei GM angefangen zu arbeiten. Sein Bruder wurde vier Monate später eingestellt.
Brian sagte: "Uns wurde nicht gesagt, wie es mit dieser Fabrik weiter laufen soll; es gibt Gerüchte, aber nicht ein Wort von den Gewerkschaften. Obama will mehr Zugeständnisse. Wir haben aber schon drei, vier Mal während der vergangenen zwölf Jahre Zugeständnisse gemacht. Die Leute wissen gar nicht, wie viel wir schon aufgegeben haben," fuhr er fort.
Er bemerkte, dass der frühere GM-Chef Richard Wagoner in sieben Jahren 147.000 Arbeitsplätze gestrichen hatte, und sagte: "Das war der Regierung aber immer noch nicht genug. Sie wollen, dass schon wieder Arbeitsplätze abgebaut werden. Sie greifen die Arbeiterklasse an. Was die Regierung Bush acht Jahre lang gemacht hat, macht jetzt Obama."
Er fuhr fort: "Sie sagen uns: Dein Arbeitsvertrag wird null und nichtig werden.’ Das ist kaum mehr auszuhalten. Sie meinen, sie könnten mit unseren Verträgen nach Belieben verfahren. Die meisten Arbeiter haben Obama unterstützt. Und der macht jetzt eine Kehrtwende und will Arbeiter entlassen.
Die Gewerkschaftsfunktionäre haben hübsche komfortable Arbeitsplätze im Geschäftsviertel. Sie fahren feine Autos und wollen ihre Jobs bewahren. Das ist alles, was sie interessiert."
Ein junger Arbeiter namens Jeff erzählte der WSWS: "Die UAW wird dabei nicht zu kurz kommen. Sie werden uns mir nichts, dir nichts ausverkaufen. Man sollte wirklich einen Kampf dagegen organisieren, um dem ein Ende zu setzen, aber die Gewerkschaft sagt: Macht das nicht.’ Sie treten nicht für unsere Interessen ein."
"Obama bricht seine Versprechen. Sie zielen auf die UAW-Arbeiter und nicht auf die Spitzenmanager. Wall-Street-Investoren machen immer noch Geld, sie haben dem Land so viel geraubt und haben lebenslange Stellungen. Sie sagten, man kann nicht an den Verträgen der AIG- Manager rühren, die diese Boni bekommen haben. Und, was ist mit unseren Verträgen?"