Karstadt-Besitzer Benko greift nach Kaufhof

Auf die Beschäftigten von Karstadt und Kaufhof kommen neue Entlassungen und soziale Angriffe zu. Nachdem der vorbestrafte Immobilienmakler René Benko letztes Jahr den Karstadt-Konzern für einen Euro vom Milliardär Nicolas Berggruen erworben hatte, plant er jetzt den zweiten großen Coup, den Kauf des Warenhauskonzerns Kaufhof. Er wird dabei von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi unterstützt.

Die Pläne von Benko und seiner Signa Holding, Karstadt und Kaufhof zu fusionieren, sind nicht neu. Ein Zusammengehen der beiden größten deutschen Warenhaus-Konzerne unter dem Stichwort einer „Deutschen Warenhaus AG“ wird in Finanzkreisen schon lange angestrebt, weil die „Synergieeffekte“ auf dem Rücken der Belegschaften riesige Profite versprechen.

2011 hatte eine Unternehmensberatung für Berggruen ausgerechnet, dass durch den Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof 317 Millionen Euro eingespart und 50 von den damals noch 227 Häuser beider Konzerne geschlossen werden könnten.

Doch damals vereitelte der Kaufhof-Mutterkonzern, die Metro AG, schließlich die Pläne Berggruens und auch die Benkos, der ebenfalls um Kaufhof warb. Nun hegt Metro erneut Verkaufspläne, weil die Warenhauskette schon lange nicht mehr zu ihrem Kerngeschäft zählt. Sie habe zu wenig Wachstumspotenzial und sei nicht wirklich internationalisierbar, schreibt der Bonner General-Anzeiger.

Gab es 1995 hierzulande noch rund 590 Warenhäuser, waren es 2005 mit 270 Häusern weniger als die Hälfte. Namen wie Wertheim, Kaufhalle, Horten oder Hertie sind aus den Innenstädten verschwunden. Übrig geblieben sind vor allem die 82 Warenhäuser von Karstadt und die 101 von Kaufhof.

Erst vor kurzem hatte Karstadt angekündigt, ein weiteres Mal die Beschäftigten zur Kasse zu bitten. Bis zu 28 Häuser sollen geschlossen werden, darunter bis Mitte 2016 die Standorte in Neumünster, Hamburg-Billstedt, Recklinghausen, Bottrop, Mönchengladbach-Rheydt, Stuttgart und Dessau. Kaufhof will bis Ende 2015 die Filialen in Bielefeld, Heilbronn und Augsburg schließen.

Kaufinteresse an Kaufhof hat auch der an der Börse von Toronto gelistete Warenhauskonzern Hudson‘s Bay bekundet. Der kanadische Konzern will durch den Erwerb von Kaufhof nach Europa expandieren, Kaufhof soll ihm als Brückenkopf dienen.

Der Grundstein für die Unternehmensgruppe wurde im Jahre 1670 durch einen Pelzhandelsposten in der kanadischen Wildnis gelegt. Heute umfasst die Gruppe 322 Kaufhäuser der Marken „Hudson´s Bay“ und „Lord & Taylor“, die Luxuskaufhäuser „Saks Fifth Avenue“ sowie die Marke „Home Outfitters“, zuständig für Möbel und Haushaltswaren. Die Anzahl der Beschäftigten beläuft sich auf 45.000.

Die Gruppe erzielte 2014 einen Gewinn von umgerechnet 177 Millionen Euro. Ein gewichtiger Teil des Umsatzes soll aus Konzessionsgeschäften von so genannten Fremdanbietern stammen. Dabei werden Verkaufsflächen in den eigenen Häusern an andere Firmen oder Marken vermietet.

Egal, wer letztlich den Zuschlag bekommt, die Zeche haben die rund 37.000 Beschäftigten von Karstadt und Kaufhof zu zahlen. Der Immobilienmakler Benko ist vor allem an den Häusern interessiert, da sich die Hälfte der Kaufhof-Immobilien noch im Besitz des Konzerns befinden. Für Benko sind diese meist sehr zentral gelegenen Häuser ein gefundenes Fressen.

Doch selbst wenn Benko die Häuser nicht sofort zu Geld macht, indem er sie anderweitig vermietet oder verkauft, sind Tausende von Arbeitsplätzen gefährdet. Im Falle einer Fusion von Karstadt und Kaufhof würde der Großkonzern nur noch eine Zentrale benötigen, was allein einen Wegfall von 1200 Beschäftigten bedeuten würde. Auf längere Sicht würde der Zusammenschluss das Aus für etliche der mehr als 200 Häuser von Kaufhof und Karstadt – inklusive seiner Sports- und K-Town-Häuser – bedeuten.

Als Benko 2011 versuchte, Kaufhof zu kaufen, hatte er der Metro AG rund 2 Milliarden Euro geboten, von denen die Metro selbst 600 Millionen Euro als „Verkäuferdarlehen“ beisteuern sollte. Nicht zuletzt deshalb gab Metro dem windigen Makler den Laufpass. Bei seiner aktuellen Offerte hat sich Benko offenbar besser vorbereitet. Diesmal bietet er 3 Milliarden Euro, als Finanziers stehen die Hypo-Vereinsbank (HVB) und die Citibank hinter ihm.

Benko hat sich zwischenzeitlich auch gut vernetzt. In seinem Signa-Beirat sitzen prominente Wirtschaftsvertreter wie der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der Unternehmensberater Roland Berger und der ehemalige sozialdemokratische österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.

„Wenn Geschäfte gemacht werden wie gerade“, schreibt die Süddeutsche Zeitung, „telefoniert Benko ‚mehrmals täglich‘ mit seinen Ratgebern“, die oft auch noch an seiner Signa-Holding beteiligt seien. Laut der Zeitung soll Benko sein Geschäft schon „seit mehreren Monaten“ hinter den Kulissen vorbereitet haben. Dazu habe er auch Kontakte zur Bundesregierung geknüpft, wahrscheinlich über seine Partner im Signa-Beirat, sowie zur verantwortlichen Gewerkschaft Verdi. Benko soll der Regierung und Verdi eine mehrjährige Arbeitsplatz- und Standortgarantie gegeben haben.

Die Karstadt-Beschäftigten und viele andere Arbeiter können ein Lied davon singen, was von solchen Versprechen zu halten ist: nämlich gar nichts.

Doch es entspricht der Politik, die Verdi in den letzten Jahren bei Karstadt verfolgt hat, wenn die Gewerkschaft nun seit Monaten mit Benko, den Banken und der Bundesregierung in Geheimverhandlungen über das Schicksal von Tausenden Beschäftigten und ihren Familien feilscht.

Verdi hat sich im Bieterwettbewerb mit Hudon‘s Bay unmissverständlich auf die Seite Benkos gestellt. Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger, die als Mitglied des Karstadt-Aufsichtsrats maßgeblich in die Verhandlungen mit Benko eingebunden sein dürfte, erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Uns sind bei der aktuellen Debatte um eine mögliche Deutsche Warenhaus AG vor allem zwei Aspekte wichtig. Wir wehren uns natürlich gegen die Schließung von Standorten und wir wehren uns gegen groß ausgebaute Konzessions-Modelle [gemeint ist Hudson’s Bay], bei denen ein Kaufhaus immer mehr Flächen an Fremdanbieter und deren Beschäftigte abtritt, was für Kunden oft nicht erkennbar ist. Wir glauben, die Kunden wollen weiter alles aus einer Hand haben.“

Verdi vertritt weder die Interessen der Kunden und noch die der Belegschaft. In den letzten Jahren hat sie jeden aufgeblasenen Investor begrüßt und dessen Angriffe auf die Belegschaft durchgesetzt. Nun steht sie bei dem Versuch, Milliarden aus den Belegschaften von Karstadt und Kaufhof zu pressen, unmissverständlich auf Seiten des Immobilienmaklers René Benko.

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