Spanien: PSOE/Podemos-Regierung mobilisiert Polizei gegen streikende Metallarbeiter

In ganz Europa und der Welt nimmt die Zahl der Streiks zu. In der andalusischen Provinz Cádiz befinden sich rund 22.000 Metallarbeiter seit fünf Tagen in einem unbefristeten Streik. Sie fordern höhere Löhne und eine Gefahrenzulage und kämpfen gegen die Schließung eines Airbus-Werks.

Der Kampf hat sich in kurzer Zeit zu einer Rebellion gegen die Gewerkschaftsbürokratien entwickelt. Er hat zum Zusammenstoß mit der spanischen Regierung geführt, die aus einer Koalition der sozialdemokratischen Partido Socialista Obrero Español (PSOE) mit der pseudolinken Podemos besteht.

Arbeiter haben das Industriegebiet Puerto Real besetzt und aus Industriegeräten, brennenden Autos und Eisenbahnschienen Barrikaden errichtet, um die Polizei aus dem Gebiet fernzuhalten. An den Fabriktoren brennen Lagerfeuer. Die Streikposten haben die gesamte Produktion zum Erliegen gebracht. Der Streik betrifft u.a. die Militärwerft Navantia, den Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus, den Baumaschinenkonzern Dragados, den Zulieferer Alestis und den Stahlkonzern Acerinox, sowie deren Subunternehmen.

Auch Arbeiter der Petrochemiewerke in La Linea, Algeciras und Los Barrios haben die Arbeit niedergelegt, und Streikposten blockieren die wichtigen Autobahnstrecken.

Der Streik hat großen Rückhalt in der Region, die auch die höchste Arbeitslosenquote in Spanien aufweist. Die allgemeine Arbeitslosigkeit beträgt 23 Prozent, bei der Jugendarbeitslosigkeit sind es 40 Prozent. Laut den Gewerkschaften beteiligen sich 98 Prozent der Arbeiter an dem Streik, und die Wut in der Region wächst weiter.

Eine Arbeiterin aus Cádiz schrieb auf Facebook: „Ich bin Tochter und Schwester von Metallarbeitern. Ich erinnere mich an die Streiks der 1980er, als mein Vater und meine Mutter auf den Straßen nach Nahrung für ihre sechs Kinder suchten und nicht wussten, ob sie die Nacht im Gefängnis oder im Krankenhaus verbringen würden (…) Cádiz ist ein einziger KAMPF, es besteht nicht nur aus Karneval, Kreuzfahrt, Strand und Bars, die sich in der New York Times gut machen. Cádiz ist Armut in der Ersten Welt, Arbeit von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, ohne am Monatsende genug zu haben; Mangel, Probleme und unnötige Arbeitsunfälle, damit die Profite der Unternehmer weiter sprudeln.“

Sie appellierte an alle Arbeiter, den Streik zu unterstützen: „Auch wenn ihr nicht in der Metallbranche arbeitet, ist sie für euch lebenswichtig.“

Die PSOE/Podemos-Regierung steht jedoch auf Seiten des Metall-Arbeitgeberverbands von Cádiz (FEMCA). Dieser lehnt alle Zugeständnisse ab und will nur eine Lohnerhöhung von 0,5 Prozent zulassen. Die Gewerkschaften (die Podemos-nahe CCOO und die PSOE-nahe UGT) fordern für dieses Jahr zwei Prozent und für nächstes Jahr drei Prozent, was jedoch noch deutlich unter der Inflationsrate liegt und eine massive Reallohnsenkung für die Arbeiter bedeuten würde.

Die PSOE/Podemos-Regierung hat die Bereitschaftspolizei gegen den Streik mobilisiert und Spezialeinheiten eingesetzt, darunter Mitglieder der Interventionseinheit aus dem benachbarten Sevilla und die Präventions- und Reaktionsgruppe aus der Provinz. Unterstützt werden diese Kräfte von der lokalen Polizei und der paramilitärischen Guardia Civil, die jetzt in den Industriegebieten patrouilliert.

Am Dienstag, den 16. November, gab die Regierung den Befehl, den Streik niederzuschlagen. Polizeibeamte marschierten in die besetzten Werke und gingen mit Knüppeln, Pfefferspray und Gummigeschossen auf die Arbeiter los, wurden jedoch von diesen zum Rückzug gezwungen. Sie konnten die Werke nicht unter Kontrolle bringen.

Während Podemos und die PSOE die Polizei losschicken, um den Streik mit Gewalt zu unterdrücken, nutzen sie auch die Bürokraten der ihnen nahe stehenden Gewerkschaften, um die Arbeiter zu demoralisieren und auszuverkaufen. Die Gewerkschaften hatten ursprünglich zu eintägigen Protesten aufgerufen, damit die Arbeiter Dampf ablassen konnten. An einer dieser Veranstaltungen am 10. November erschienen in Cádiz 4.000 und in Algeciras 2.000 Teilnehmer. Vor kurzem hatten CCOO und UGT der Schließung eines Airbus-Werkes in Cádiz zugestimmt. Doch jetzt sahen sie sich angesichts der wachsenden Wut unter Arbeitern gezwungen, zu einem unbefristeten Streik aufzurufen, um nicht die Kontrolle zu verlieren.

Mittlerweile geben die Gewerkschaftsspitzen offen zu, dass sie die Kontrolle über die Situation verloren haben und nicht wissen, wie sie die Arbeiter dazu bringen sollen, den Streik abzubrechen. Das würde bedeuten, Lohnsenkungen und Arbeitsplatzabbau zu akzeptieren. Der Regionalsekretär der stalinistischen CCOO, Fernando Grimaldi, erklärte: „Die Leute sind äußerst wütend. Wir wissen nicht, wie wir das unter Kontrolle halten können.“

Grimaldi attackierte die Streikenden, die vor den Raffinerien mehrere Feuer entzündet hatten, um die Bereitschaftspolizei am Betreten der Werke zu hindern: „Heute morgen um 6:30 Uhr wurden die Zugangsstraßen zu den Raffinerien unterbrochen. Ich sah in Guadarranque ein Feuer und habe sofort Alarm geschlagen, weil ich solche Aktionen nicht gutheiße. Aber die Leute sind sehr wütend, und es kommt ständig zu Ausbrüchen.“

Die nationalen Gewerkschaftsbünde UGT und CCOO forderten die Streikenden in einer Stellungnahme auf, die Blockaden der Autobahnen zu beenden: „Wir müssen diesen Konflikt gut organisieren, deshalb halten wir es für notwendig, unser Vorgehen auf die Zugänge zu den wichtigsten Arbeitsstätten zu konzentrieren. Daher bitten wir darum, die Autobahnblockaden einzustellen.“

Die Arbeiter dürfen diesen Bürokraten kein Vertrauen schenken. Sie sind politische Verbündete der herrschenden Parteien, deshalb sind sie gegen den Streik und die Arbeiterklasse. Man kann ihnen nicht trauen: Sie behaupten, die Arbeiter zu unterstützen, stimmen aber Lohnsenkungen und Werkschließungen zu, fordern den Abbruch der Aktionen und stimmen ihr Vorgehen mit der Regierung ab, welche Polizei mit Gummigeschossen und Pfefferspray gegen die Arbeiter einsetzt.

Das gleiche gilt für den Bürgermeister von Cádiz, José María González, der der kleinbürgerlichen Tendenz Anticapitalistas angehört. Diese Tendenz steht der pablistischen Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) nahe und war 2014 an der Gründung von Podemos beteiligt. Am Donnerstag versicherte José María González vor Demonstranten in Cádiz: „Der Stadtrat von Cádiz war, ist und wird im Kampf immer auf der Seite der Arbeiter stehen.“ Gleichzeitig macht seine Frau Teresa Rodriguez, die nationale Vorsitzende der Anticapitalistas, Propaganda für die Zusammenarbeit mit Podemos.

Über die Podemos-Generalsekretärin Yolanda Diaz erklärte Teresa Rodriguez: „Jede Person, die ideologisch mit uns übereinstimmt – und das tut Yolanda zweifellos – ist in der Lage, von Angesicht zu Angesicht mit uns zu reden, und wird in uns einen Verbündeten finden (…) Wir unterstützen jede mutige Maßnahme, wo immer sie auch ergriffen und konsequent durchgeführt wird.“

Aber die wirklichen Verbündeten der Arbeiter in Cádiz sind die Arbeiter im Rest der Welt, die ebenfalls für bessere Löhne und gegen die wachsende soziale Ungleichheit kämpfen und es mit der kriminellen Corona-Pandemie aufnehmen. In den USA haben die gleichen Fragen, die auch die Streiks in Cádiz antreiben, zur größten Streikwelle seit Jahrzehnten geführt, mit großen Arbeitskämpfen bei Volvo, Deere, Dana und anderen Konzernen.

In Portugal kam es zu Streiks mit zehntausenden von Teilnehmern gleichzeitig in mehreren Branchen. Im September und Oktober streikten Bahnarbeiter, Lehrer, Apotheker, U-Bahnarbeiter, Rettungssanitäter, Beschäftigte der Steuerbehörden und Gefängniswärter.

In Spanien ist die Zahl der Streiks in den letzten Wochen deutlich angestiegen. Ende November und vier Tage im Dezember wollen die Arbeiter der Fleischverarbeitungsbranche gegen prekäre Arbeitsbedingungen streiken. Die Lastwagenfahrer wollen Ende Dezember streiken, was das Land mitten in der Weihnachtssaison zum Erliegen bringen könnte. Auch die Bauern haben mit Streiks gegen die steigenden Lebenshaltungskosten gedroht.

In der Region Kastillien und Leon werden im Dezember etwa 2.000 Supermarktbeschäftigte mehrere Tage lang streiken. Am Donnerstag fand im galizischen A Marina eine Protestveranstaltung mit 10.000 Teilnehmern gegen Werksschließungen und Arbeitsplatzabbau statt – in einer Region mit kaum mehr als 80.000 Einwohnern.

Die wichtigste Aufgabe ist der Aufbau von Aktionskomitees, die unabhängig von den Gewerkschaftsbürokratien den Kampf organisieren, breitere Unterstützung mobilisieren und sich mit den Kämpfen der Arbeiter im Rest der Welt verbinden. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale ruft deshalb zum Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) auf, um Widerstand gegen Polizeistaatsunterdrückung, Austerität und Durchseuchungspolitik zu leisten und die Arbeiter weltweit in einem Kampf um die Macht, und für den Aufbau des Sozialismus zu vereinen.

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