G20-Treffen vor dem Hintergrund der zunehmenden wirtschaftlichen und geopolitischen Krise

Der G20-Gipfel im indonesischen Bali findet vor dem Hintergrund der schlimmsten Weltwirtschaftslage statt, seit das Treffen 2009, nach der globalen Finanzkrise, zum wichtigsten internationalen Wirtschaftsforum avancierte.

Die wirtschaftlichen Bedingungen verschärfen sich an allen Fronten. Die weltweite Inflation liegt auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren. In immer mehr großen Volkswirtschaften, einschließlich der USA, droht eine Rezession. Gleichzeitig lässt die straffere Geldpolitik der Zentralbanken die Zinssätze steigen, und die eskalierende Lebensmittelkrise treibt Millionen Menschen in die Hungersnot.

Der anhaltende Krieg gegen Russland in der Ukraine unter Führung der USA und die erhöhten Militärausgaben begünstigen die Inflationsspirale, während die verschärften geopolitischen Spannungen und Konflikte eine koordinierte Reaktion auf die wachsenden weltwirtschaftlichen Probleme ausschließen.

Die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds, Kristalina Georgieva, wies am Dienstag in einer Rede auf die sich verschlechternden Aussichten hin.

Sie erklärte: „Die hoffnungsvollen Anzeichen auf eine Erholung im letzten Jahr wurden durch eine abrupte Abkühlung der Weltwirtschaft wegen Covid-19, dem Ukrainekrieg und den Klimakatastrophen auf allen Kontinenten abgelöst.“

Zuvor hatte sie am Sonntag mit Blick auf das düstere Bild erklärt: „Noch beunruhigender ist der Trend zu einer zunehmenden Fragmentierung in einer Zeit, in der wir einander am meisten brauchen. Und ich mache mir sehr große Sorgen, dass wir uns deshalb schlafwandelnd in eine Welt bewegen könnten, die ärmer und weniger sicher wäre.“

Der IWF hob in seinen jüngsten Wirtschaftsberichten die zunehmend rezessiven Tendenzen hervor. Er rechnet für 2023 mit einem globalen Wachstum von nur 2,7 Prozent, wobei 31 von 72 Volkswirtschaften in zwei Quartalen in Folge einen wirtschaftlichen Rückgang verzeichnen werden, was der Definition einer technischen Rezession entspricht.

Die großen Volkswirtschaften der Welt stehen im Mittelpunkt dieses Trends. Die US-Wirtschaft ist in den ersten sechs Monaten des Jahres in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen geschrumpft, wuchs aber im dritten Quartal wieder. Allerdings wird dieser Trend angesichts einer Welle von Massenentlassungen in der Hightech-Industrie nicht von Dauer sein.

Die Einkaufsmanagerindizes von S&P Global für Oktober deuten auf einen verschärften Abschwung im Vereinigten Königreich, in den USA und der Eurozone hin. Der globale Index für Auftragseingänge fiel auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2020, dem Beginn der Pandemie.

Die Financial Times schrieb: „Ökonomen korrigieren ihre Wachstumsprognosen für die reichsten Länder für das Jahr 2023 und rechnen mit einem Rückgang der Produktion in Deutschland, Italien und Großbritannien.“

Nach der Krise von 2008 hatte China massive Konjunkturmaßnahmen eingeleitet und fungierte als „Stoßdämpfer“ für viele Teile der Welt, vor allem für ärmere Länder und die großen Rohstoffexporteure wie Australien und Kanada.

Dies wird sich nicht wiederholen. Das chinesische Wirtschaftswachstum hat den niedrigsten Stand seit drei Jahrzehnten erreicht, und laut dem Wall Street Journal haben die am Dienstag veröffentlichten Daten „eine Abkühlung der Wirtschaftstätigkeit auf breiter Front“ gezeigt.

„Die Einzelhandelsumsätze sind zum ersten Mal seit fünf Monaten unerwartet geschrumpft, während sich die Produktion in den Fabriken verlangsamt und sich der Rückzug aus Investitionen in den Immobilienmarkt verstärkt hat.“

Die offizielle Wachstumsrate für dieses Jahr liegt mit nur 5,5 Prozent so niedrig wie zuletzt Anfang der 1990er Jahre, könnte jedoch noch weiter sinken, da die Wirtschaft in den ersten neun Monaten des Jahres nur um drei Prozent gewachsen ist.

Die Handelskriegsmaßnahmen der USA verschärfen den Abschwung, und es wird erwartet, dass das Verbot von Mikrochipexporten nach China die Wachstumsrate für 2023 vermutlich um einen Viertelprozentpunkt verringern wird.

Die Klassenkriegsmaßnahmen der amerikanischen Federal Reserve – die Anhebung der Zinssätze im Rekordtempo, um Lohnforderungen abzuwehren – sendet Schockwellen durch die Weltwirtschaft und das Finanzsystem.

Der daraus resultierende Anstieg des US-Dollars erhöht die Preise für wichtige Grundgüter in den Landeswährungen und verschärft die Ernährungsunsicherheit.

Die Weltbank erklärte am Montag in einem Bericht, die Inflation der Lebensmittelpreise im Inland „ist in Ländern mit niedrigem, mittlerem und hohem Einkommen weiterhin hoch“, obwohl die globalen Lebensmittelpreise seit ihrem Höchststand im April gesunken sind.

Sie erklärte weiter, letzten Monat hätten – aufgrund der Abwertung ihrer Währungen gegenüber dem US-Dollar – fast 60 Prozent der Öl importierenden ärmeren Länder im Verlauf dieses Jahres einen Anstieg der Ölpreise im Inland verzeichnet, 90 Prozent von ihnen außerdem einen „größeren Anstieg der Weizenpreise in Landeswährung im Vergleich zum Anstieg in US-Dollar“.

Der Anstieg der Zinssätze und der Anstieg der Zahlungen bei den in Dollar angegebenen Schulden haben Länder wie Sri Lanka bereits in den Bankrott getrieben, was erhebliche internationale Folgen haben könnte.

Die New York Times schrieb in einem Artikel über das Gipfeltreffen auf Bali: „Der stärkere US-Dollar verschlimmert die Schuldenlast der Entwicklungsländer und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich Staatsbankrotte wie ein Lauffeuer durch das Weltfinanzsystem ausbreiten.“

Die steigenden Zinssätze haben bereits Turbulenzen im Herzen des Weltfinanzsystems ausgelöst.

Die Turbulenzen auf dem britischen Anleihenmarkt Ende September, der Zusammenbruch der Kryptowährungsbörse FTX letzte Woche und die zunehmenden Warnungen, dass die Liquidität auf dem 24 Billionen Dollar umfassenden Anleihenmarkt – der Grundlage des globalen Finanzsystems – auf den Tiefstand vom März 2020 gefallen ist, als der Markt einfror, sind allesamt Anzeichen für eine sich anbahnende Finanzkrise.

Angesichts der zunehmenden Turbulenzen sind die sich vertiefenden Differenzen zwischen den Großmächten ein wichtiger politischer Faktor. Sie sind in Folge des US-Kriegs gegen Russland und der verstärkten militärischen und wirtschaftlichen Vorbereitungen der USA auf einen Konflikt mit China entstanden.

Unabhängig von den taktischen Kurswechseln in den letzten Tagen, etwa dem Treffen zwischen Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, hat sich an der Strategie nichts geändert – die Vorherrschaft der USA über die eurasische Landmasse.

Beim G20-Gipfel im Jahr 2009 gab es eine gewisse Übereinstimmung, was eine koordinierte Politik angeht. Bei dem jetzigen Treffen bereitet selbst die Verfassung einer Abschlusserklärung große Schwierigkeiten.

Die Finanzministerin des Gastgeberlandes Indonesien, Sri Mulyani Indrawati, fasste letzten Monat in einem Interview die Unterschiede zwischen dem derzeitigen Treffen und dem vor 13 Jahren zusammen.

Sie erklärte: „Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie die G20-Staaten damals diese Art von Politik formuliert haben, als alle Staatschefs im gleichen Boot saßen, dieselben Anliegen und denselben Feind hatten. ... Diesmal sind sie untereinander verfeindet.“

US-Finanzministerin Janet Yellen schloss in ihren Kommentaren gegenüber dem Wall Street Journal jede Aussicht auf eine globale Koordination aus, ganz zu schweigen von einer Zusammenarbeit zur Bekämpfung der sich verschärfenden Wirtschaftskrise.

Sie erklärte: „Nach der globalen Finanzkrise konnten sich die Länder zusammentun und sagen: Wir brauchen fiskalische Anreize, um Arbeitsplätze zu schaffen, damit das kein langer, verheerender Abschwung wird. Aber jetzt haben die Länder einen unterschiedlich großen fiskalischen Spielraum und einen unterschiedlichen Inflationsdruck.“

Diese Äußerungen sind Ausdruck eines objektiven Widerspruchs in der kapitalistischen Weltwirtschaft: des Widerspruchs zwischen der vernetzten und integrierten globalen Wirtschaft und dem System rivalisierender Nationalstaaten, auf dem das Profitsystem basiert.

Dieser Widerspruch befeuert den Krieg der USA gegen Russland und die Vorbereitungen auf einen Konflikt mit China. Er ist auch der Grund, warum es keine international koordinierte Pandemiepolitik gab und Millionen Menschen gestorben sind. Er macht jede fortschrittliche Antwort der herrschenden Klassen auf die zunehmende wirtschaftliche Verwüstung unmöglich.

Dieser Widerspruch kann nicht durch Appelle an das kapitalistische politische Establishment zu Vernunft und zum Handeln gelöst werden, sondern nur durch den international vereinten Kampf der Arbeiterklasse für ein sozialistisches Programm.

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