Israels Kriegsverbrechen im Flüchtlingslager Dschenin lösen eine humanitäre Katastrophe aus

Nur wenige Stunden nach dem Beginn des verbrecherischen Angriffs auf Dschenin im nördlichen Westjordanland mussten mehrere tausend Bewohner des dicht besiedelten Flüchtlingslagers aus ihren Häusern fliehen. Laut palästinensischen Angaben hat das Militär die Einwohner mit Drohungen zum Verlassen des Lagers gezwungen.

Die Offensive der rechtsextremen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu war der größte Angriff Israels auf eine Stadt im Westjordanland seit Jahren. Bisher wurden mindestens zwölf Palästinenser getötet, darunter vier Kinder. Mindestens 120 weitere wurden verletzt, 20 davon befinden sich in Lebensgefahr.

Israelische Soldaten fahren einen Transportpanzer aus der Stadt Dschenin im besetzten Westjordanland, 4. Juli 2023 [AP Photo/Ariel Schalit]

Unter dem Schutz von Luftangriffen bewaffneter Drohnen und Hubschrauber verübten die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) mit Hunderten von Bulldozern willkürliche Gewalt und verwüsteten das Lager. Das Ziel ist, die bewaffneten Gruppen gefangen zu nehmen, die sich Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete widersetzen, ihre Waffenlager zu erbeuten, das Leben für die Flüchtlinge unerträglich zu machen und die Zivilbevölkerung im Westjordanland zu verängstigen und einzuschüchtern.

Ihr Vorgehen ist ein eklatanter Verstoß gegen die internationalen Kriegs- und Menschenrechtskonventionen, die Militäraktionen gegen Zivilisten verbieten.

Die israelischen Soldaten zerstörten Wohnhäuser, Gesundheitseinrichtungen und Moscheen, rissen die meisten Straßen im Umkreis des Lagers auf und hinterließen Trümmerhaufen an den Seiten der Straßen, die nun unbefahrbar sind. Damit wird es für humanitäre Organisationen schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die verbliebenen Einwohner des Lagers zu erreichen. Die grundlegende Infrastruktur wie Wasser, Strom und Telefonnetze sind zerstört. Die Bewohner haben keinen Zugang zum Internet und den sozialen Netzwerken und sind von der Außenwelt abgeschnitten.

Am Abend erhielten die IDF Verstärkung, um die palästinensischen Milizen zu unterdrücken. In den ausgehöhlten Gebäuden wurden Scharfschützen postiert, während Soldaten in der Nähe eines Gesundheitszentrums mit scharfer Munition drei Personen verletzten. Mehr als 1.000 Soldaten führten Durchsuchungen durch, um Angehörige von Widerstandsgruppen wie der Hamas, dem Islamischen Dschihad, der Höhle der Löwen, der Volksfront für die Befreiung Palästinas und anderer Gruppen zu verhaften, die Israel als „Terroristen“ bezeichnet. Bisher wurden 120 „gesuchte“ Palästinenser verhaftet, die von den Sicherheitsdiensten verhört werden.

Das Flüchtlingslager, in dem etwa 14.000 Menschen auf weniger als einem halben Quadratkilometer leben, ist eine Hochburg des bewaffneten Widerstands gegen Israels brutale Besatzung. Bei Israels arabischen Nachbarn, die selbst auf einem sozialen Pulverfass sitzen, hat das zunehmende Nervosität ausgelöst. Netanjahu lobte die Soldaten bei seiner Rede auf einem Stützpunkt der IDF, das die Operation in Dschenin leitete, signalisierte das Ende der derzeitigen Operation und kündigte weitere Angriffe an: „In diesem Moment beenden wir die Mission, und ich kann Ihnen sagen, dass unser breit angelegtes Vorgehen in Dschenin keine einmalige Angelegenheit ist. Wir werden weitermachen, soweit es nötig ist, um den Terrorismus zu unterdrücken.“

Dass sämtliche Führer der verschiedenen israelischen Oppositionsparteien ihre Unterstützung für die Kriegsverbrechen der Regierung erklärt haben, verdeutlicht, wie wenig sich ihre Politik von derjenigen Netanjahus und seiner faschistischen Minister unterscheidet.

Während die Operation in Dschenin verschärft wurde, fuhr der 20-jährige Palästinenser Hussein Khalaylah aus Samua im südlichen Westjordanland in einem Wohngebiet von Tel Aviv mit seinem Auto in eine Gruppe von Fußgängern und verfolgte Passanten mit einem Messer. Dabei wurden sieben Menschen verwundet, drei davon schwer. Die militante klerikale Gruppe Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, erklärte später, Khalaylah sei eines ihrer Mitglieder.

Khalaylah wurde von einem bewaffneten Zivilisten erschossen, was israelische Sicherheitsbeamte kaltblütig als „Neutralisierung“ des Angreifers bezeichneten. Der Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, erklärte, der Angriff rechtfertige seine Gesetzesinitiative, das Recht zum Tragen von Schusswaffen für die israelische Bevölkerung auszuweiten.

Der israelische Polizeichef Yaakov Shabtai erklärte vor der Presse: „Wir haben festgestellt, dass unsere Aktivitäten in Judäa und Samaria [der biblische Name des Westjordanlands] die Motivation und das Potential von Anschlägen erhöht haben.“ Statt das Leben jüdischer Israelis zu schützen, hat das mörderische Vorgehen der IDF gegen die Palästinenser sie tatsächlich in Gefahr gebracht.

Israel hat seit Netanjahus Amtsantritt Ende letzten Jahres nahezu täglich Militäraktionen im Westjordanland durchgeführt, bei denen im Westjordanland und in Gaza 190 Palästinenser getötet wurden. Außerdem hat das Regime den Bau von 13.000 neuen Häusern in den Siedlungen angekündigt und die nach israelischem Recht illegalen Siedlungen ausgeweitet. Unter dem Schutz der IDF haben Siedler pogromartige Angriffe auf palästinensische Städte und Dörfer verübt. Gleichzeitig hat Israel der Palästinenserbehörde (PA) Steuern und Einnahmen vorenthalten, die in ihrem Auftrag eingezogen wurden, sodass die PA ihre Beschäftigten nicht bezahlen oder Hilfe und Unterstützung leisten kann, während sich die sozialen Bedingungen verschlechtern.

Netanjahu und seine von Faschisten dominierte Koalition haben den Krieg bewusst geschürt, der sich gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten, die arabischen Staatsbürger Israels und die Nachbarstaaten – vor allem den Iran und Syrien – richtet. Der Hintergrund ist der weit verbreitete Widerstand in Israel gegen die Pläne der Regierung, sich diktatorische Befugnisse zu verschaffen, indem die ohnehin bereits weitgehend gefügige Justiz entmachtet wird.

Netanjahus Kriegspläne bekamen grünes Licht aus Washington, auch wenn es manchmal Unstimmigkeiten mit der Biden-Regierung gibt. Ohne Bidens Erlaubnis hätte Tel Aviv keines seiner Kriegsverbrechen gegen die Palästinenser verüben können – und es sind genau solche Verbrechen, wie sie Washington Russland in der Ukraine vorwirft.

Israel hat zugegeben, dass es die USA über die geplante Operation in Dschenin informiert hat und dass die USA offenbar keine Einwände hatten. Am Montag erklärte der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses: „Wir unterstützen Israels Sicherheit und sein Recht, seine Bevölkerung gegen die Hamas, den palästinensischen Islamischen Dschihad und andere terroristische Organisationen zu verteidigen.“

Einen Tag zuvor hatte das israelische Verteidigungsministerium den Kauf von 25 F-35-Kampfflugzeugen von den USA bis 2026–27 angekündigt. Dieser Deal wird Israels Arsenal an Tarnkappenflugzeugen von 50 auf 75 Stück vergrößern. Der Kauf im Wert von drei Milliarden Dollar soll durch amerikanische Militärhilfe an Israel finanziert werden; gebaut werden sollen die Flugzeuge von Lockheed Martin und Pratt & Whitney in Zusammenarbeit mit israelischen Firmen. Israel wäre damit das einzige Land im Nahen Osten, das den modernsten Kampfjet der Welt fliegt. Durch seine Tarnkappentechnologie kann die F-35 in der ganzen Region ungestraft Ziele angreifen und Irans russisches Raketenabwehrsystem S-300 ausmanövrieren, und möglicherweise sogar das S-400-System.

Im Januar hatte Israel bereits 25 Boeing F-15 EX-Kampfflugzeuge aus den USA angefordert; im November hatten sie sich mit den USA auf den Kauf von vier Luftbetankungs-Flugzeugen des Typs Boeing KC-46A geeinigt. Beides würde Tel Avivs Fähigkeiten gegenüber Teheran verbessern.

Israel baut sein Waffenarsenal in einer Situation aus, in der die Spannungen mit dem Iran eskalieren. Sie sind außerdem Teil der umfassenderen Vorbereitungen des US-Imperialismus auf einen möglichen Krieg gegen den Iran und seine Verbündeten in Syrien und dem Libanon. Netanjahu hat bereits seine F-35-Kampfflugzeuge eingesetzt, um iranische Drohnen abzuschießen, und mit Angriffen auf iranische Atomanlagen gedroht.

Israel hat mehrere iranische Nuklearexperten ermordet, mehrere Industrieanlagen im Iran angegriffen und sabotiert und einen verdeckten Krieg zu See und in der Luft gegen Teheran und seine Verbündeten geführt. Syrien wurde nahezu wöchentlich angegriffen, wobei die USA Geheimdienstdaten und militärische Unterstützung lieferten.

Die Atomfrage wird schon seit langem als Ablenkungsmanöver benutzt. Die Großmächte, die Internationale Atomenergiebehörde und die CIA haben allesamt zugegeben, dass es keine Beweise dafür gibt, dass der Iran seit 2003 ein Atomwaffenprogramm unterhält. Der derzeitige CIA-Direktor und ehemalige stellvertretende Außenminister, William Burns, hat dies in seiner Autobiografie zugegeben.

Die Biden-Regierung hatte anfangs gehofft, den Iran durch eine Wiederbelebung des Atomabkommens von 2015 von Russland und China lösen zu können und eine zusätzliche Quelle für Energielieferungen an Europa zu öffnen. Doch unter Präsident Ebrahim Raisi, einem Angehörigen der konservativen Fraktion, die das Abkommen von 2015 ablehnt, hat Teheran versucht, vom Ukraine-Krieg und den westlichen Sanktionen gegen Russland zu profitieren und die Bedeutung des Iran als Transportknotenpunkt zwischen China, Zentralasien und Europa sowie zwischen Russland und Indien auszubauen. Es hat mehrere Verkehrsprojekte unterzeichnet, aber gleichzeitig inoffizielle Gespräche mit Washington aufgenommen, um eine gewisse Lockerung der Sanktionen zu erreichen, die seine Wirtschaft lahmgelegt haben.

Im März hat China nach jahrelangem Ringen um Einfluss im Nahen Osten ein Abkommen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien – bis vor kurzem ein treuer Verbündeter der USA – vermittelt. Syrien, ein wichtiger Verbündeter des Iran, wurde wieder in die Arabische Liga aufgenommen, obwohl Saudi-Arabien vorher versucht hatte, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad durch die Finanzierung und Bewaffnung islamistischer Stellvertreter zu stürzen.

Im Mai unterzeichneten Teheran und Moskau ein Abkommen, um für 1,6 Milliarden Dollar den Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor als Konkurrenz zum Sueskanal aufzubauen. Am Freitag kündigte der russische Außenminister Sergei Lawrow an, dass der Iran im nächsten Monat als Vollmitglied in die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) aufgenommen wird, was Teherans Verbindungen zu China und Russland inmitten der internationalen Isolation und Sanktionen stärkt.

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