Arbeitsplatzabbau in den USA beschleunigt sich:

Ford kündigt 1.400 Entlassungen in Dearborn an

Ford kündigte am Freitag die Streichung einer Schicht in seinem Werk im Raum Detroit an, in dem Pickup-Trucks mit Elektromotor hergestellt werden. 1.400 Arbeitsplätze sollen so zerschlagen werden. Es handelt sich um den jüngsten Schritt in dem Arbeitsplatzmassaker, das die Konzerne in den USA und weltweit seit Beginn des neuen Jahres verüben.

Die Pläne beziehen sich auf das Rouge Electric Vehicle Plant (REVC), das zum Fabrikkomplex Dearborn Truck gehört. Zuvor hatte das Unternehmen bereits die Streichung einer Schicht und die Halbierung der Produktion von elektrischen F-150 angekündigt, ohne jedoch Details zu nennen.

Ford-Arbeiter des Werks in Dearborn (Michigan)

Der Stellenabbau, der am Freitag angekündigt wurde, ist sogar noch umfangreicher als erwartet und betrifft rund zwei Drittel der 2.200 Arbeiter bei REVC. Etwa 700 Arbeiter werden laut dem Unternehmen dem Fertigungswerk Michigan und anderen Werke zugewiesen. Das bedeutet, dass weitere 700 entweder entlassen oder in die Frührente gezwungen werden.

Die angekündigten Kürzungen sind erst der Beginn eines massiven Arbeitsplatzabbaus in der ganzen Branche. Die Autokonzerne nutzen den Übergang von Verbrenner- zu Elektromotoren als Vorwand, um Hunderttausende von Arbeitsplätzen abzubauen. Die Ankündigung erhöht die Zahl der geplanten Entlassungen alleine bei den drei großen Detroiter Autokonzernen („Big Three“) auf fast 8.000. Neben dem Arbeitsplatzabbau bei REVC gehören dazu u. a.:

  • Die fristlose Entlassung von 539 Leiharbeitern in Stellantis-Werken in Detroit und Kokomo (Indiana) letzte Woche;

  • In den Stellantis-Werken Mack Avenue und Toledo Jeep wurden 3.680 Entlassungen angekündigt;

  • In den General-Motors-Werken Lake Orion und Lansing Grand River sollen 1.300 Stellen abgebaut werden;

  • 900 Stellen bei GM Cruise, einer Tochtergesellschaft, dies sich auf automatisierte Taxis konzentriert. Das entspricht einem Viertel der Belegschaft.

Auch im Rest der Welt finden Entlassungen statt. So wurden in Stellantis-Werken in Norditalien 2.250 Beschäftigte entlassen, die Zulieferer Continental und Bosch bauen in ganz Europa Stellen ab. Das Ford-Werk in Saarlouis steht vor der Schließung, nachdem sich die Autogewerkschaften in Deutschland und Spanien einen Wettkampf geliefert hatten, wer die meisten Kürzungen und Zugeständnisse anbieten würde.

Diese Entlassungen entlarven auf verheerende Weise die neuen Tarifverträge in der US-Autoindustrie, die im letzten Herbst von der Bürokratie der Autogewerkschaft United Auto Workers mit Lügen und Betrug durchgesetzt wurden. Zuvor hatte die UAW einen begrenzten Streik organisiert, der bewusst darauf ausgelegt war, die Auswirkungen auf die Produktion möglichst gering zu halten. Die Gewerkschaft behauptete, die Abschlüsse seien ein Wendepunkt nach jahrzehntelangen Zugeständnissen. Doch dauerte es nur wenige Monate, bis die Autokonzerne mit dem Segen des UAW-Apparats die heftigsten Kürzungen seit Ende der 1970er ankündigten.

Der Vorsitzende der UAW-Betriebsgruppe im RECV-Werk, Nick Kottalis, machte in einem Schreiben an die Arbeiter deutlich, dass die Gewerkschaft nichts gegen die Entlassungen unternehmen wird. Er behauptete, ohne dies irgendwie zu beweisen, „nach meinen Berechnungen“ werde niemand seine Arbeit verlieren und fügte hinzu: „Wenn wir die Zahlen zu Pensionierungen [aus anderen Werken] bekommen, werden sich weitere Gelegenheiten ergeben.“ Mit anderen Worten: die Arbeitsplätze der aktuellen Beschäftigten werden davon abhängig gemacht, wie erfolgreich Ford dabei ist, viele ältere Arbeiter in die Frührente zu drängen.

In der Belegschaft breitet sich die Wut über die Entlassungen rasch aus und der Rückhalt für eine Krisensitzung zum Kampf gegen die Entlassungen am vergangenen Samstag, das von der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) ausgerichtet wird, nahm zuletzt stetig zu. Der sozialistische Autoarbeiter Will Lehman sprach bei der Veranstaltung. Lehman kandidierte letztes Jahr mit einem Programm zur Abschaffung der UAW-Bürokratie und zur Übertragung der Kontrolle an die Belegschaft für das Amt des Gewerkschaftspräsidenten. Weitere Redner waren Delegierte aus anderen Branchen, in denen umfangreiche Kürzungen bevorstehen.

Mack-Trucks-Arbeiter Will Lehman spricht am 16. Oktober 2023 mit Arbeitern im Ford-Werk Dearborn.

Das Arbeitsplatzmassaker in den USA beschleunigt sich

Die Entlassungen in der Autoindustrie sind Teil einer umfassenderen Strategie der herrschenden Klasse. Letztes Jahr haben US-Konzerne laut dem Beraterunternehmen Challenger, Gray & Christmas insgesamt mehr als 700.000 Stellen abgebaut, d. h. fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Die Speerspitze dieser Politik bildete die Anhebung der Zinssätze durch die Federal Reserve, die ausdrücklich das Ziel hatte, durch Entlassungen den Druck auf die Löhne zu erhöhen.

Die Fed setzte die falsche Behauptung in die Welt, dies sei notwendig, um die Inflation einzudämmen und eine „Lohn-Preis-Spirale“ zu verhindern. In Wirklichkeit war die Hauptursache für hohe Zinssätze in der Vergangenheit hauptsächlich Preistreiberei der Konzerne. Laut einer aktuellen Studie des Groundwork Collective ging die Inflation bis Mitte letzten Jahres zu 53 Prozent auf Unternehmensgewinne zurück. In den vier Jahrzehnten vor der Corona-Pandemie waren es nur elf Prozent.

Der Guardian berichtete: „Die Verbraucherpreise sind laut den Berechnungen der Autoren im letzten Jahr um 3,4 Prozent angestiegen, die Investitionskosten für Produzenten jedoch nur um ein Prozent.“

Am gleichen Tag, an dem Ford die Entlassungen ankündigte, erreichte der Aktienindex S&P 500 den höchsten Stand seiner Geschichte. Hinter dem Anstieg der Aktienkurse stand vor allem die optimistische Aussicht, dass die Fed im nächsten Jahr die Zinsen senken werde – mit anderen Worten: der geplante Arbeitsplatzabbau ist derart umfassend, dass die Fed ruhigen Gewissens zu ihrer üblichen Politik des kostenlosen Geldes zurückkehren kann. Besonders der anhaltende Wertzuwachs der Aktien von Technologiekonzernen hat den Anstieg der Kurse angetrieben, da Investoren begierig darauf schauen, mit KI und anderen Technologien Kosten zu senken und Profite zu erhöhen.

Auch andere Konzernen in den USA haben in den letzten Tagen umfangreiche Kürzungen angekündigt.

Macy's wird laut einem Bericht des Wall Street Journal vom letzten Donnerstag 2.300 Arbeitsplätze abbauen, d.h. 3,5 Prozent seiner Gesamtbelegschaft. Die Warenhauskette, die in der Vergangenheit eine zentrale Position im amerikanischen Einzelhandelssektor einnahm, hat in den letzten Jahren in mehreren Etappen Hunderte von Fillialen geschlossen. Laut einem Bericht, der letzten Monat im Journal erschien, soll das Unternehmen potenziell durch den Immobilienkonzern Arkhouse Management aufgekauft werden. Der mögliche Deal in Höhe von 5,8 Milliarden Dollar wäre ein Geldsegen für Investoren, die eine Prämie von 32 Prozent über dem Aktienkurs des Unternehmens erhalten würden. Zweifellos würde dies zu noch größeren Kürzungen führen.

Walmart kündigte zudem die Schließung von zwei Standorten im Raum San Diego an, wovon 460 Arbeitsplätze betroffen sein werden. Im letzten Jahr hatte das Unternehmen bereits 24 Fillialen geschlossen.

Walmart behauptet, die Schließungen seien eine Reaktion auf schlechte Einnahmen. Allerdings haben Unternehmen in ganz Kalifornien, vor allem Einzelhandelsunternehmen mit niedrigen Löhnen, in den letzten Wochen als Reaktion auf ein neues Mindestlohngesetz, das vor kurzem von der Regierung des Bundesstaates verabschiedet wurde, Tausende von Entlassungen angekündigt. So entlässt das Gesundheitsunternehmen Kaiser Permanente inmitten der zweitgrößten Corona-Welle 200 Pflegekräfte. Dass der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom angekündigt hat, das neue Gesetz erst später in Kraft treten zu lassen, verdeutlicht die Tatsache, dass die Wirtschaftsoligarchie das politische und wirtschaftliche Leben Amerikas vollständig kontrolliert.

Am Donnerstag kündigte Walmart zudem die Erhöhung der Jahresgehälter für Fillialleiter von 117.000 auf 128.000 Dollar an; Leistungsboni sollen das bis zu 200-fache des Grundgehalts erreichen können.

Weitere bedeutsame Ankündigungen zu Entlassungen aus der vergangenen Woche waren u. a.:

  • Die Apothekenkette CVS wird einige Standorte in Target-Warenhäusern schließen. Letztes Jahr hatte sie bereits Hunderte von Fillialen geschlossen.

  • Der Online-Möbel- und Einrichtungseinzelhändler Wayfair kündigte den Abbau von 1.650 Arbeitsplätzen an, d. h. dreizehn Prozent seiner Belegschaft. Zuvor hatte Vorstandschef Niraj Shah von den Beschäftigten in einer Mitteilung längere Arbeitszeiten gefordert. In der E-Mail, über die USA Today berichtete, hieß es: „Lange zu arbeiten, Einsatz zu zeigen, Arbeit und Privatleben miteinander zu vermischen, ist nichts, wovor man zurückschrecken sollte.“ Weiter schrieb Shah: „In der Geschichte wurde Faulheit selten mit Erfolg belohnt. Harte Arbeit ist eine entscheidende Zutat in jedem Erfolgsrezept. Ich bekenne mich dazu, und die erfolgreichsten Menschen, die ich kenne, tun es ebenfalls.“

  • Das Technologieunternehmen CDW baut offenbar ebenfalls Hunderte von Stellen ab. Es hat zwar keine offizielle Ankündigung abgegeben, doch Arbeiter haben darüber auf TheLayoff.com berichtet.

  • Das Magazin Sports Illustrated hat angekündigt, innerhalb von 90 Tagen sein gesamtes Personal zu entlassen, da ein Lizenzdeal zwischen dem Eigentümer und dem Verleger Arena Group gescheitert ist. Damit hängt die Zukunft des 1954 gegründeten Magazins nun in der Schwebe. Es ist bereits dazu übergegangen, einen Teil seiner Autoren durch KI zu ersetzen. Letztes Jahr hatte die Enthüllung, dass das Magazin nicht gekennzeichnete KI-generierte Artikel veröffentlicht hatte, einen Skandal ausgelöst.

  • Das Musikmagazin Pitchfork wird von seinem Besitzer Condé Nast in das Magazin GQ integriert und wird damit nicht mehr als individuelles Magazin existieren.

Die Arbeiterklasse muss eine Massenbewegung zur Verteidigung ihrer Arbeitsplätze und zur Vereinigung der Arbeiter über alle Branchen hinweg aufbauen. Diese Bewegung muss völlig unabhängig von den Gewerkschaftsbürokratien sein, die bei der Durchsetzung dieser Angriffe auf die Arbeitsplätze helfen. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) erklärte dazu vor kurzem in ihrer Erklärung zum Arbeitsplatzabbau bei Stellantis:

Die Arbeiterklasse muss auf dieses internationale Jobmassaker mit einer globalen Gegenoffensive zur Verteidigung ihrer Lebensgrundlagen reagieren. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees ruft Autoarbeiter und Beschäftigte in der Logistik und anderen Branchen auf, sich in einer internationalen Massenbewegung zusammenzuschließen, um den Stellenabbau zu stoppen.

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