Israel hat am Montag den seit langem geplanten völkermörderischen Angriff auf Rafah gestartet. Er begann mit einer Evakuierungsaufforderung an die Bevölkerung der Stadt, bevor ein intensives Bombardement eingeleitet wurde.
Mehr als 1,2 Millionen Flüchtlinge, darunter über 600.000 Kinder, sind derzeit in Rafah unter erbärmlichen Bedingungen untergebracht, ohne ausreichend Nahrung, Wasser, Hygiene und Medizin. Die Mehrheit der Kinder ist nach Angaben des Euro-Med-Monitors „entweder verletzt, krank und/oder unterernährt“.
Israel hat am Montag Wohnhäuser im gesamten Gazastreifen bombardiert, wobei mindestens 26 Menschen – vor allem Frauen und Kinder – ums Leben kamen. Viele weitere wurden verwundet und unter den Trümmern begraben. Israelische Panzer näherten sich bis auf 200 Meter an den Grenzübergang Rafah zu Ägypten, berichtete die Nachrichtenagentur Associated Press.
„Das Kriegskabinett hat heute Abend einstimmig beschlossen, dass Israel seine Operation in Rafah fortsetzen wird“, teilte die Regierung Netanjahu am Montag in einer Erklärung mit.
Der Angriff auf Rafah erfolgt, obwohl die Hamas am Montag einen Vorschlag für eine vorübergehende Einstellung der Feindseligkeiten im Austausch für die Freilassung von Geiseln angenommen hat. Nachdem die israelische Regierung wochenlang versucht hatte, die Palästinenser für den anhaltenden Krieg verantwortlich zu machen, wies sie den Vorschlag rundweg zurück.
Der israelische Minister für nationale Sicherheit Ben-Gvir verlautbarte in einem Beitrag auf X: „Auf die Übungen und Spiele der Hamas gibt es nur eine Antwort: den sofortigen Befehl zur Besetzung von Rafah!“
Als Reaktion auf den israelischen Angriff bekräftigten mehrere US-Vertreter ihre uneingeschränkte Unterstützung für Israel. „Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir der Verteidigung Israels verpflichtet sind“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums Vedant Patel am Montag. „Dieses Engagement für Israels Sicherheit bleibt unverbrüchlich.“
„Unsere Unterstützung für die Sicherheit Israels bleibt unverbrüchlich“, sagte fast wortgleich ein weiterer Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. „Der Präsident hat sich sehr dafür eingesetzt, dass wir Israel weiterhin bei seinen Sicherheitsbedürfnissen helfen können...“
„Israel hat das Recht und die Verantwortung, sich selbst zu verteidigen“, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates John Kirby. „Und wir werden weiterhin für seine Sicherheit sorgen.“
Absurderweise leugnete Kirby, dass ein Angriff auf Rafah begonnen hatte, und sagte: „Es gab keinen Angriff oder eine Attacke“ auf die Stadt.
In zynischer Weise formulierte Kirby: „Der Präsident möchte keine Operationen in Rafah sehen, welche die mehr als eine Million Menschen, die dort Zuflucht suchen, einem größeren Risiko aussetzen.“
Diese Aussage soll suggerieren, dass der US-Präsident Israels Angriff auf die Stadt ablehnt, obwohl das Weiße Haus letzten Monat verkündet hatte: „Beide Seiten sind sich einig, dass es das gemeinsame Ziel ist, die Hamas in Rafah zu besiegen.“
Das Wall Street Journal hingegen spricht für eine Fraktion des politischen Establishments der USA, die ihre mörderischen Ziele offen verkündet, anstatt sie mit durchsichtigen Lügen zu vertuschen. Hier heißt es: „Die Schlacht um Rafah hat in Gaza begonnen, und sie ist ein wesentlicher Teil von Israels Selbstverteidigungskrieg gegen die Hamas.“
In einer unverblümten Einschätzung der Lage vor Ort schreibt das Journal:
Am frühen Montagmorgen ordnete Israel die Evakuierung des östlichen Rafah an und wies die Zivilisten in Sicherheit. Am Nachmittag rückten israelische Panzer vor. Der Plan sieht vor, die Stadt Stück für Stück zu evakuieren und dort zu kämpfen, wobei die Zivilisten schnell nach Norden und Westen gebracht werden sollen.
In Wirklichkeit wird die Evakuierung von Rafah genauso durchgeführt wie die vorangegangenen Evakuierungen: Israel fordert die Zivilbevölkerung auf, sich in Gebiete zu begeben, die unter aktivem Bombardement stehen, und zielt auf Menschen, die auf der Flucht sind. Die Evakuierungsbefehle enthalten kein Versprechen, dass die Vertriebenen sicher weiterziehen können oder dass sie in Sicherheit sind, sobald sie angekommen sind.
Die Euro-Med-Beobachtungsstelle schreibt in einer Erklärung:
Durch schriftliche Flugblätter, Textnachrichten und aufgezeichnete Telefonanrufe hat die israelische Armee die Zivilbevölkerung von Rafah aufgefordert, die östlichen Viertel der Stadt zu verlassen, insbesondere das Gebiet von Al-Shouka sowie Al-Salam, Al-Geneina und Al-Byouk in Richtung Al-Mawasi.
Israel gab jedoch keine Erklärung ab, wie die Zivilbevölkerung sicher nach Al-Mawasi, das westlich der nahe gelegenen Stadt Khan Yunis liegt, transportiert werden sollte oder wie sie nach ihrer Ankunft organisiert werden sollte.
Euro-med stellt fest:
Mehr als 200.000 Menschen könnten von den Vertreibungsbefehlen betroffen sein, die auch das Abu Youssef Al-Najjar Hospital, das Hauptkrankenhaus von Rafah, sowie die Grenzübergänge Rafah und Kerem Shalom betreffen. Es sei darauf hingewiesen, dass der Zugang für humanitäre Hilfe über diese Grenzübergänge seit gestern Nachmittag verschlossen ist.
Bis heute hat Israel die Evakuierung – d.h. die ethnische Säuberung – von mehr als zwei Dritteln des Gazastreifens angeordnet.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Euro-Med-Beobachter warnt:
Der bevorstehende israelische Bodenangriff auf Rafah könnte der tödlichste Punkt der Eskalation gegen die palästinensische Zivilbevölkerung sein. Er wird zu einer größeren Vertreibungswelle, zunehmender Überbevölkerung und dem Wegfall von Möglichkeiten zur Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und Wasser führen. Das Gesundheitssystem des Streifens, das bereits jetzt fast zerstört ist, würde wahrscheinlich vollständig zusammenbrechen.
Die palästinensische Journalistin Bisan Owda, die derzeit in einem Flüchtlingslager in Rafah lebt, erklärt in einem Instagram-Posting:
Wenn Rafah eingenommen wird, bedeutet das, dass der größte und einzige Übergang, der Rafah Crossing, geschlossen wird. Und das bedeutet, dass keine Lastwagen mit humanitärer Hilfe einfahren, dass diejenigen, die außerhalb des Gazastreifens behandelt werden müssen, nicht reisen können, dass diejenigen, die ihre Familien evakuieren müssen, um sichere Orte außerhalb des Gazastreifens zu finden, nicht reisen können, dass die internationalen humanitären Helfer, Ärzte und Aktivisten nicht nach Gaza gelangen können.
In einer Erklärung auf X schreibt der Präsidentschaftskandidat der Socialist Equality Party, Joe Kishore:
Die Entwicklung einer Bewegung in der Arbeiterklasse gegen den Krieg der Kapitalistenklasse im eigenen Land muss mit einem Kampf gegen den kapitalistischen Krieg im Ausland verbunden sein. In Wirklichkeit ist es ein einziger Krieg.
Durch die Mobilisierung der Arbeiterklasse für ein sozialistisches Programm, unabhängig von den Parteien der herrschenden Klasse, kann der Völkermord in #Gaza als Teil eines Kampfes gegen das imperialistisch-kapitalistische System als Ganzes gestoppt werden. http://socialism2024.org #socialism2024
Seit Beginn des Völkermordes vor fast sieben Monaten wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörden 34.622 Palästinenser im Gazastreifen getötet, Tausende weitere wurden unter den Trümmern von Gebäuden begraben, was bedeutet, dass die tatsächliche Zahl der Toten bei über 40.000 liegt. Mindestens 254 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, 492 Mitarbeiter des Gesundheitswesens und 141 Journalisten wurden durch israelische Bomben oder Kugeln getötet.