Am Montagmorgen begann eine Abstimmung unter den 48.000 arbeitenden Studierenden an 10 Standorten der University of California (UCLA) in Hinblick auf einen Streik wegen der polizeilichen Niederschlagung der Proteste gegen den Völkermord. Die Online-Abstimmung endet am heutigen Mittwoch.
Die World Socialist Web Site ruft zu einem möglichst breiten „Ja“-Votum auf. Die Arbeiter müssen jetzt mit den Vorbereitungen für einen Generalstreik treffen, der breite Teile der Arbeiterklasse einbezieht. Sie müssen die Versuche von Gewerkschaftsapparaten zurückweisen, die Proteste und Streiks zu begrenzen und einzudämmen.
Die Streikabstimmung findet statt vor dem Hintergrund laufender, von Studierenden geleiteter Aktionen gegen den von den USA unterstützten israelischen Völkermord in Gaza. Am Wochenende haben Studierende am Campus Berkeley, wo u.a. die Abstimmung stattfindet, an der Virginia Commonwealth University, der Duke University und anderen Universitäten protestiert.
Proteste im ganzen Land wurden mit einem beispiellosen Polizeiaufgebot, einem harten Durchgreifen und der Verletzung von demokratischen Grundrechte beantwortet. Dies wird von Politikern sowohl der Demokratischen als auch der Republikanischen Partei unterstützt. Allein in den letzten drei Wochen wurden landesweit mindestens 3.000 Demonstranten festgenommen, diese waren hauptsächlich Studierende.
Auslöser für die Abstimmung an der UCLA war ein Angriff der Polizei auf ein Zeltlager an der Uni. Das Protestcamp wurde gewaltsam aufgelöst wurde, nachdem Bereitschaftspolizisten zunächst fünf Stunden lang untätig zugesehen hatten, als rechte Zionisten Demonstranten angriffen. Alle Lehrveranstaltungen in Präsenz wurden abgesagt und der Campus effektiv unter Polizeikontrolle gestellt.
Die Streikabstimmung findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem der Völkermord im Gazastreifen mit dem Angriff auf Rafah in eine neue Phase tritt. Israel hat die Lebensmittellieferungen vollständig eingestellt, und im Norden des Gazastreifens herrscht eine extreme Hungersnot. Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende werden in der nächsten Phase des Völkermords sterben, wenn nicht dringend etwas dagegen unternommen wird.
Der Völkermord wird von der gesamten herrschenden Klasse in den USA und ihren beiden Parteien, den Demokraten und den Republikanern, unterstützt. Und so schrecklich er auch ist, der Völkermord ist nur eine Front in einem sich entwickelnden Dritten Weltkrieg.
Die USA und die anderen imperialistischen Mächte planen eine massive Eskalation des Krieges gegen Russland wegen der Ukraine. Sie haben wiederholt erklärt, dass die Androhung nuklearer Vernichtung die NATO nicht davon abhalten wird, Schläge gegen russisches Territorium durchzuführen und westliche Truppen zu stationieren.
Die Proteste der Studierenden sind zwar bewundernswert und mutig, reichen aber nicht aus, um den Völkermord in Gaza zu stoppen.
Es ist die internationale Arbeiterklasse, die den gesamten gesellschaftlichen Reichtum produziert. Sie hat die Macht, sich den kriminellen Handlungen der kapitalistischen Führungselite entgegenzustellen und sie zu besiegen.
Der Krieg im Ausland geht einher mit einem Krieg gegen die Arbeiterklasse im Inland. Um soziale Ressourcen für den Krieg freizusetzen, führt die herrschende Klasse Massenentlassungen durch. Allein in den USA wurden in diesem Jahr Hunderttausende von Stellenstreichungen angekündigt. Dies gilt auch für Tausende Automobilarbeiter, nur wenige Monate nachdem ein angeblich „historischer“ Tarifvertrag mit Unterstützung des Weißen Hauses von Biden verabschiedet wurde.
Der Widerstand der Arbeiter gegen Ausbeutung und Ungleichheit hat das große Potenzial, sich mit der weit verbreiteten Anti-Kriegs-Stimmung in der Bevölkerung zu verbinden. Die Arbeiter sind mit katastrophalen Bedingungen konfrontiert, die durch eine hohe Inflation, den Zusammenbruch wesentlicher Infrastruktur und die Aushöhlung der Sozialprogramme verursacht werden.
Letzte Woche stimmten die Beschäftigten in einem wichtigen Werk von Stellantis für einen Streik wegen Gesundheits- und Sicherheitsproblemen. Doch dies ist nur ein Ausdruck der tiefen Verärgerung, die herrscht.
Der Gewerkschaftsapparat spielt eine zentrale Rolle dabei, die Entwicklung einer Bewegung in der Arbeiterklasse gegen den Krieg zu blockieren.
Der Präsident der US-Autoarbeitergewerkschaft United Auto Workers (UAW), Shawn Fain, ist in jeder Hinsicht Teil der Biden-Regierung. Die UAW unterstützt den Wahlkampf von Biden. Kriegsgegner wurden aus einer Veranstaltung mit Biden ausgesperrt, auch wenn die Gewerkschaft offiziell einen „Waffenstillstand“ befürwortet.
Andere offizielle Gewerkschaftsvertreter treten offen feindselig gegenüber den Protesten auf. Die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft American Federation of Teachers, Randi Weingarten, reist rund um den Globus, um für die Kriege zu werben, welche die USA unterstützen. Sie hat Studierende und Lehrende, die gegen den Völkermord protestieren, als „antisemitisch“ verleumdet.
Die Gewerkschaft wollte die jetzige Abstimmung an der Universität nicht einberufen und versucht, sie zu behindern. Sie hat die Abstimmung an der UC um Wochen verzögert und nirgendwo anders zu Streikabstimmungen aufgerufen, nicht einmal an Universitäten, wo die Proteste ebenfalls angegriffen wurden, so an der New York University. Die Gewerkschaft hat auch angedeutet, dass sie nach einem Deal zur „Deeskalation“ suchen - mit anderen Worten, um die Proteste zu beenden. Vorbild ist dabei der Verrat an der Northwestern University, wo die Proteste abgebrochen wurden im Austausch für zahnlose Versprechen der Universitätsverwaltung, die tatsächlich nichts dazu beitragen, den Völkermord zu stoppen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Gewerkschaft wird die Studierenden nicht auf einmal zum Streik aufrufen, wenn diese für einen Streik stimmen. Stattdessen beabsichtigt die Gewerkschaft zahnlose Aktionen nach Vorbild des so genannten „Stand-up“-Streiks in der Automobilindustrie im vergangenen Jahr, bei dem die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten die Arbeit fortsetzte, während ein für sie nachteiliger Tarifvertrag ausgehandelt wurde.
Die WSWS ruft die akademischen Arbeiter auf: Wehrt euch gegen diesen Versuch, euren Kampf zu vereiteln. Eine Abstimmung über einen Streik bedeutet eine Abstimmung über einen Streik! Bleibt nicht am Arbeitsplatz, während der Gewerkschaftsapparat hinter den Kulissen seine Manöver durchführt.
Alle 400.000 aktiven Mitglieder der UAW, zu denen sowohl die Automobilarbeiter als auch die Beschäftigten in den Rüstungsbetrieben gehören, müssen die Studierenden und die Palästinenser verteidigen. Streiks dürfen sich nicht auf die Uni beschränken, sondern sie müssen strategische Bereiche der amerikanischen Industrie einbeziehen, um ein Ende des Völkermords zu erzwingen.
Darüber hinaus müssen Streiks und Proteste auf die Arbeiter in aller Welt ausgedehnt werden. Weltweit ist die Arbeiterklasse im Produktionsprozess vereint und hat kein Interesse an der Eskalation eines Krieges, der die gesamte Menschheit bedroht.
Um diese Aktion frei von bürokratischer Einmischung und Sabotage zu organisieren, ist der Aufbau von Aktionskomitees erforderlich. Wie Will Lehman, ein sozialistischer Automobilarbeiter, der 2022 für den UAW-Vorsitz kandidierte, kürzlich sagte:
Wir müssen jetzt anfangen, dafür zu kämpfen. Haltet Massenversammlungen in euren Betrieben ab, um Aktionen zu diskutieren. Organisiert Streikkomitees aus den Reihen der Belegschaft, um euren demokratischen Willen durchzusetzen, denn ihr werdet unvermeidlich auf Widerstands der Gewerkschaft treffen.
Die Menschheit steht am Scheideweg. Der kapitalistische Weg führt zu immer tieferen wirtschaftlichen und sozialen Krisen, die im Faschismus, im Weltkrieg und schließlich in der Auslöschung der menschlichen Zivilisation enden. Die einzige Alternative besteht darin, dass die Arbeiterklasse auf den Plan tritt. Die Arbeiterklasse ist die revolutionäre politische Kraft und hat kein Interesse an Krieg, Ausbeutung und Diktatur.
Der Kampf gegen Krieg und Ungleichheit muss mit dem Kampf gegen das überkommene kapitalistische System verbunden werden. Das Profitmotiv, dessen zerstörerische Logik im Gazastreifen zu sehen ist, muss ersetzt werden durch eine rationale Planung der Weltressourcen, um unter Kontrolle einer Arbeiterregierung die Bedürfnisse der Menschen international zu decken. Dies ist das Programm des Sozialismus.