Corona-Sommerwelle entwickelt sich in Deutschland

Seit Wochen zeichnet sich in Deutschland der Beginn einer Corona-Sommerwelle ab, was die Behauptungen vom angeblichen Ende der Pandemie entlarvt. Trotz der warmen Jahreszeit häufen sich konstant die Anzahl der Coronainfektionen und sind jetzt auf einem Niveau, wie zu Beginn der letzten Herbstwelle.

Dies führte dazu, dass Anfang Juli so viele Menschen krank waren, wie nie zuvor zu dieser Jahreszeit. Laut Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind derzeit 5,1 Millionen Menschen in Deutschland an akuten Atemwegserkrankungen erkrankt. Die Zahl neuer Atemwegsinfektionen ist damit etwa 150 Prozent höher als vor der Pandemie.

Nach Christian Karagiannidis, Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, sind die Hinweise „eindeutig“. Es baue „sich gerade eine Corona-Sommerwelle auf.“

Dies zeigt sich beispielsweise im Abwassermonitoring. Der Infektionsradar des Bundesgesundheitsministeriums gibt für die letzten Wochen in allen berichteten Kläranlagen eine konstant steigende Viruslast an. Lag sie Anfang Mai noch bei 42.000 Genkopien, ist sie jetzt knapp dreimal so hoch und liegt bei 119.000 Genkopien. Parallel dazu verzeichnet das Bundesgesundheitsministeriums auch einen Anstieg der Arztbesuche auf Grund von Covid-19 Infektionen.

Der Chef des Apothekerverbands Nordrhein Thomas Rhein erklärte gegenüber der Rheinischen Post: „Die Atemwegsinfekte liegen deutlich über dem üblichen Niveau in den Sommermonaten. Das spüren auch die Apotheken. ... Allgemein scheinen die Abwehrmechanismen der Bevölkerung seit Corona nicht mehr so effizient zu sein. Neben Rhino-, RS- und Grippeviren gibt es mit dem Coronavirus eine vierte neue starke Herausforderung für die Immunabwehr.“ Insbesondere Coronatests würden in Apotheken stark nachgefragt.

Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft NRW erklärte, dass auch die Krankenhäuser die Welle zu spüren bekommen. „Aktuell erleben wir eine für die Sommersaison überraschende Zunahme von Corona-Infektionen.“ Der Anstieg sei „moderat“, aber „diese Entwicklung“ spiegele „sich natürlich auch bei den stationären Fällen in den Krankenhäusern wider“.

In den letzten Wochen stieg die Hospitalisierungsinzidenz durch Covid-19 Fälle von 0,4 pro 100.000 im Mai auf 1,4 im Juli an. Die entspricht rund 1170 Hospitalisierungen pro Woche. Die Zahl der Hospitalisierungen liegt damit mehr als dreimal so hoch wie im letzten Jahr zur gleichen Zeit.

Diese Entwicklungen widerlegen die Behauptungen von Politik und Medien, dass das Coronavirus von einem pandemischen in einen endemischen Zustand übergegangen sei. Kein seriöser Wissenschaftler würde jemals die Verbreitung eines Virus als endemisch bezeichnen, bei der jedes Jahr zur Hochphase im Winter über 10.000 Menschen pro Woche hospitalisiert werden und auch in den „Tiefphasen“ das Virus nicht verschwindet, sondern jede Woche immer noch viele Hunderte ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen.

Dabei gehen die Folgen des Virus weit über unmittelbare Hospitalisierungen und Todesfälle hinaus. Im Gegensatz zu akuten Atemwegserkrankungen, wie Influenza oder RSV, führt bei Covid-19 eine von zehn Infektionen zu Langzeitwirkungen, die verheerende Auswirkungen haben und beispielsweise die Fähigkeit zu arbeiten, sich zu bewegen oder zu sehen, massiv einschränken können.

Gleichzeitig entstehen durch die ungehinderte Ausbreitung des Virus jedes Jahr neue und infektiösere Mutationen. Die derzeitige Sommerwelle wird durch die Omikron-Subvarianten KP.2 und KP.3 vorangetrieben, die jeweils 13 Prozent bzw. 52 Prozent des Infektionsgeschehens ausmachen. Beide Varianten sind äußerst ansteckend.

Zudem ist es infolge des Abbaus sämtlicher Gesundheitsschutzmaßnahmen durch alle Regierungsparteien nur eine Frage der Zeit, bis sich eine tödlichere Variante des Virus entwickelt oder es zum Ausbruch einer weiteren Pandemie kommt. Aktuell wächst die Gefahr einer verheerenden H5N1-Vogelgrippe-Pandemie.

So nannte der Chef-Virologe der Berliner Charité Christian Drosten in der Süddeutschen Zeitung die Situation im Hinblick auf H5N1 „unübersichtlich und beunruhigend“. Es sei zwar möglich, H5N1 in den Griff zu bekommen, er könne sich „aber auch vorstellen, dass wir bald mit H5N1 in der nächsten Pandemie hängen“.

Angesichts dieser Situation kann die Debatte in Politik und Medien über eine „Aufarbeitung“ der Corona-Pandemie nur als kriminell bezeichnet werden. Wie die WSWS bereits kommentiert hat, dient diese Forderung von Seiten der herrschenden Klasse nicht der ernsthaften wissenschaftlichen Evaluierung, sondern der Kriminalisierung in der Vergangenheit ergriffener lebensrettender Maßnahmen.

Es habe „Entscheidungen gegeben, die drüber waren“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jüngst im ARD-Sommerinterview. Und Finanzminister Christian Lindner (FDP) denunzierte die Corona-Schutzmaßnahmen im Sprech der extremen Rechten als „Eingriffe in Grundrechte, die nicht gerechtfertigt waren“.

Tatsächlich bestand das Problem nicht in den Maßnahmen, sondern darin, dass sie nicht konsequent international durchgesetzt und verfrüht beendet wurden, um die kapitalistische Profitwirtschaft am Laufen zu halten. In der Folge sind allein in Deutschland mehr als 183.000 Menschen gestorben. Es ist diese mörderische „Profite vor Leben“-Politik, die einer gründlichen „Aufarbeitung“ bedarf, und mit der die Arbeiterklasse durch den Kampf für eine wissenschaftlich fundierte sozialistische Gesundheitspolitik abrechnen muss.

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