Israelische Regierung weist Forderungen nach Waffenruhe im Krieg gegen den Libanon zurück

Am Donnerstag haben israelische Regierungsvertreter den Vorschlag für einen Waffenstillstand im Krieg mit dem Libanon übereinstimmend und in scharfer Form zurückgewiesen, den zuvor zwölf enge Verbündete Tel Avivs, darunter die USA, das Vereinigte Königreich und die Europäische Union, unterbreitet hatten.

Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte unverblümt: „Die Meldungen über einen Waffenstillstand sind unzutreffend. Das ist ein amerikanisch-französischer Vorschlag, auf den der Ministerpräsident nicht einmal reagiert hat. Auch die Nachricht über die angebliche Anweisung, die Kämpfe im Norden herunterzufahren, entspricht nicht der Wahrheit.“

In der Erklärung heißt es weiter: „Der Ministerpräsident hat die IDF angewiesen, die Kämpfe mit voller Kraft und gemäß den ihm vorgelegten Plänen fortzusetzen. Auch die Kämpfe in Gaza werden fortgesetzt, bis alle Kriegsziele erreicht sind.“

Bei seiner Ankunft in den USA, wo er eine Rede vor den Vereinten Nationen hielt, erklärte Netanjahu: „Wir werden die Hisbollah weiterhin mit voller Kraft angreifen. Und wir werden nicht aufhören, bis wir alle unsere Ziele erreichen.“ Damit meinte er die Rückkehr der evakuierten israelischen Einwohner in den Norden des Landes.

Ein Mann mit Bildern seiner Angehörigen am Schauplatz eines israelischen Luftangriffs in Saksakieh im Süden des Libanon am 26. September 2024 [AP Photo/Mohammed Zaatari]

Es gab keinen Hinweis darauf, dass Israel zukünftige Vorschläge für einen Waffenstillstand in Betracht ziehen wird. Vom Ministerpräsident abwärts lautete die Strategie, dass der Krieg so lange fortgesetzt wird, wie sie es wünschen.

Der rechtsextreme nationale Sicherheitsminister, Itamar Ben-Gvir, drohte, wie schon in Bezug auf Gaza, für den Fall eines Waffenstillstands mit dem Austritt seiner Partei Jüdische Stärke aus der Koalition mit Netanjahu und dem Sturz der Regierung. Laut Haaretz erklärte er: „An jedem Tag, an dem dieser Waffenstillstand in Kraft ist und Israel im Norden nicht kämpft, engagiert sich Otzma Yehudit [Partei Jüdische Stärke] nicht für die Koalition.“

Finanzminister Bezalel Smotrich, Ben-Gvirs enger politischer Verbündeter, erklärte: „Der Feldzug im Norden sollte mit einem Szenario enden: der Zerschlagung der Hisbollah ... Kapitulation der Hisbollah oder Krieg, das ist der einzige Weg.“

Auch der Rest der israelischen Regierung teilt die Ansichten dieser beiden offen faschistischen Minister.

Außenminister Israel Katz erklärte: „Es wird keinen Waffenstillstand im Norden geben. Wir werden weiterhin mit aller Kraft gegen die Terrororganisation Hisbollah kämpfen, bis zum Sieg und der sicheren Rückkehr der Einwohner des Nordens in ihre Häuser.“

Verteidigungsminister Yoav Gallant bestätigte, dass das israelische Militär „die Hisbollah weiterhin aus dem Gleichgewicht werfen und ihre Verluste vergrößern“ werde, u. a. durch die „Eliminierung von Hisbollah-Terroristen, die Zerschlagung der offensiven Infrastruktur der Hisbollah und die Zerstörung von Raketen und Flugkörpern.“

Generalstabschef Herzi Halevi äußerte sich noch blutrünstiger: „Wir müssen die Hisbollah weiter angreifen, wir haben seit Jahren auf diese Gelegenheit gewartet.“

Nachdem Halevi am Mittwoch erklärt hatte, die Israelischen Verteidigungskräfte würden eine Bodenoffensive im Libanon vorbereiten, kündigten die IDF am Donnerstag an, sie hätten Kampfübungen in „dicht bewachsenem, bergigem Gelände“ durchgeführt. Weiter hieß es: „Während der Übung haben die Truppen ihre operative und logistische Bereitschaft zu diversen Kampfszenarien in feindlichem Gebiet an der Nordfront verbessert.“

Der kriegerischen Aggressivität der israelischen Regierung steht eine extrem verhaltene Reaktion ihres Angriffsziels im Libanon, der Hisbollah, gegenüber. Die Organisation veröffentlichte am Mittwoch ein Video, in dem sie erklärte: „Wir können eskalieren, aber wir haben uns momentan für Deeskalation entschieden.“

Die Idee einer Deeskalation wurde bei rein symbolischen Waffenstillstandsgesprächen in den letzten Tagen von den israelischen Unterhändlern geschürt. Der US-Korrespondent der Times of Israel, Jacob Magid, schrieb nach einem Gespräch mit einem hochrangigen westlichen Diplomaten: „Netanjahus Verhalten ist eine Fortsetzung seiner Vorgehensweise bei den Gesprächen über die Geiseln von Gaza. Er hatte sich privat bereit erklärt, Flexibilität zu zeigen, aber danach sofort eine öffentliche Stellungnahme abgegeben ... und damit den Fortschritt vereitelt.“

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, erklärte vor der Presse, die Erklärung für einen Waffenstillstand, die US-Präsident Joe Biden zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron veröffentlicht hatte, sei „tatsächlich mit der israelischen Seite abgestimmt worden“.

Dennoch setzten die IDF am Mittwochabend und bis in den Donnerstag ihre Luftangriffe auf zahlreiche Ziele im Libanon und jenseits der syrischen Grenze fort. Der schwerste Angriff richtete sich gegen ein dreistöckiges Gebäude in der libanesischen Stadt Younine, bei dem 23 Syrer getötet wurden – überwiegend Frauen und Kinder.

Innerhalb von 24 Stunden wurden laut den libanesischen Behörden von Mittwoch auf Donnerstag insgesamt 60 Menschen getötet und 81 weitere verletzt. Die Gesamtzahl der Toten seit Montag stieg damit auf über 600, etwa ein Viertel davon Frauen und Kinder. Damit stieg die Gesamtzahl der Toten seit Beginn des Völkermords in Gaza und der grenzübergreifenden Kampfhandlungen Israels auf über 1.500 Menschen, dazu kommen 5.400 Verletzte.

Am Donnerstagabend begann eine weitere Angriffswelle.

Im Libanon sind mittlerweile mindestens 200.000 Menschen Binnenflüchtlinge, mehr als 70.000 leben in über 500 Notunterkünften im ganzen Land. Der libanesische Innenminister Bassam Mawlawi schätzte, dass sich die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge der Marke von einer halben Million nähert. Dabei leben im Libanon bereits 1,5 Millionen vertriebene Syrer und damit die größte Anzahl von Flüchtlingen pro Kopf und Quadratkilometer weltweit.

Mehr als 15.000 syrische Staatsbürger sind inzwischen wieder zurück nach Syrien geflohen, zusammen mit mehr als 16.000 Libanesen.

Laut der medizinischen Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Libanon, Luna Hammad, üben die Verwundungen und Vertreibungen „immensen Druck auf ein ohnehin fragiles Gesundheitssystem aus. ... Die medizinischen Einrichtungen arbeiten mit extrem begrenzter Kapazität, weil Treibstoff, Versorgungsgüter und Personal fehlen ... Die Menschen hier leiden bereits wegen der Wirtschaftskrise unter enormen Problemen, und das hat ihr Leiden noch verschärft“.

Israels imperialistische Unterstützer reagierten darauf mit weiteren wirkungslosen Aufrufen nach einem Waffenstillstand. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte vor der Presse: „Ein offener Krieg zwischen der libanesischen Hisbollah und Israel könnte verheerend sein für beide Parteien und könnte zu einem größeren Konflikt in der gesamten Region führen. Dies ist in nicht im besten Interesse der Beteiligten“.

Auf die Frage, ob die USA Israel die militärische Unterstützung versagen würden, wenn das Land einen Waffenstillstand verweigert und mit einer Bodenoffensive beginnen würde, antwortete er hingegen, Washington habe sich „von Anfang an verpflichtet“, Israel mit dem zu versorgen, „was notwendig ist, damit es sein souveränes Staatsgebiet schützen kann. Daran hat sich nichts geändert, und es wird sich auch nichts ändern.“

Um dies zu unterstreichen, gab Israel bekannt, es habe sich ein Militärhilfepaket im Wert von 8,7 Milliarden Dollar von den USA beschafft. Laut Reuters beinhaltet es „3,5 Milliarden Dollar für kriegswichtige Anschaffungen, die bereits eingegangen und für wichtige militärische Ankäufe vorgesehen sind, sowie 5,2 Milliarden Dollar für Luftabwehrsysteme“.

Reuters fügte hinzu, dass Israels Verteidigungsministerium erklärt habe, „das Abkommen bekräftigt die ,starke und dauerhafte strategische Partnerschaft zwischen Israel und den USA und deren eisernes Eintreten für Israels Sicherheit‘, vor allem was die Bewältigung von regionalen Bedrohungen der Sicherheit durch den Iran und durch die vom Iran unterstützten Milizen angeht“.

Die Jerusalem Post bestätigte, dass dies das ultimative Ziel der von den USA unterstützten israelischen Aggression sei. Sie schrieb am Donnerstag in ihrem Leitartikel, „der Westen und die USA“ sollten nicht auf den neuen iranischen Präsidenten Masoud Pezeshkian „hereinfallen“, der an diesem Tag vor der UN sprach, „und dem Land, das die Quelle so vieler Probleme in der Region ist, irgendeine Art Unterstützung zukommen lassen“.

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