Am Dienstag haben 14 führende Politiker der Linkspartei einen Aufruf unter dem Titel „Kobane retten!“ veröffentlicht, der zu einer massiven Militärintervention gegen den Islamischen Staat in Syrien und im Irak aufruft.
Zu den Unterzeichnern gehören zwölf Mitglieder der Bundestagsfraktion, darunter die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Jan Korte, die Vizepräsidentin des Bundestags Petra Pau und der Obmann der Linkspartei im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags Stefan Liebich.
Mit dem Aufruf greift die Linkspartei die Bundesregierung von rechts an. Diese liefert zwar Waffen an die kurdischen Peschmerga im Nordirak, lehnt aber eine direkte Beteiligung an den US-geführten Luftschlägen gegen den IS oder die Entsendung von Bodentruppen bislang ab. Nach Meinung der Linkspartei muss sich das ändern.
Im Aufruf heißt es: „Der barbarische Feldzug der Terrormiliz in der Region, das Morden und Foltern, das tausende Menschen in die Flucht treibt, können nicht länger hingenommen werden... Die richtige Forderung nach einer Ausweitung humanitärer Hilfe für die Opfer und Betroffenen des Krieges in Syrien und Irak, die DIE LINKE unterstützt, reicht nicht aus, um die IS-Terrormiliz zu stoppen.“
Und weiter: „Vor diesem Hintergrund ist eine militärische Unterstützung und Kooperation der Kurden in und um Kobane unumgänglich. Die kurdischen Selbstverteidigungskräfte benötigen dringende Unterstützung im Kampf gegen die IS-Terrormiliz.“
Der UN-Sicherheitsrat müsse „sich nun endlich hinter seinem Generalsekretär Ban Ki Moon versammeln und umgehend zusammentreten, um über eine gemeinsame Antwort gemäß der UN-Charta zur Wahrung der internationalen Sicherheit zu beraten und zu entscheiden. Es ist seine Verantwortung und seine Pflicht ‚zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um die Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken‘.“
Am Ende des Aufrufs fordern die Linksparteipolitiker die Bundesregierung auf, „endlich in den Vereinten Nationen die dramatische Lage“ zu thematisieren „mit dem Ziel, dass der Sicherheitsrat die notwendigen Maßnahmen gemäß der UN-Charta beschließt“.
Das ist ein unmissverständlicher Aufruf zu einem massiven Kriegseinsatz unter dem Deckmantel des UN-Konzepts der „Schutzverantwortung“ (Responsibility to protect), wie es zuletzt beim Nato-Krieg gegen Libyen 2011 angewandt wurde. Bislang hatte die Linkspartei derartige Einsätze zumindest offiziell abgelehnt.
Das Parteiblatt Neues Deutschland, das den Aufruf veröffentlichte, schrieb: „Deshalb wirkt es wie ein Dammbruch, wenn nun 14 Politiker der LINKEN aus dem sogenannten Reformerflügel der Partei in einer Erklärung einen militärischen Einsatz unter UN-Mandat fordern. Ohne dass dies deutlich ausgesprochen ist, handelt es sich hierbei um die Forderung nach einem Einsatz nach Kapitel VII der UNO-Charta, bisher ein Tabu für die Linkspartei.“
Zynisch fügt das Blatt hinzu: „Was genau damit gemeint ist, das zu formulieren verhindern die programmatischen Grundsätze der Linkspartei zum Thema Militäreinsätze.“
Im offiziellen Programm der Linkspartei, das weniger wert ist als das Papier, auf dem es geschrieben steht, heißt es unter der Überschrift „Imperialismus und Krieg“: „Imperiale Kriege erwachsen aus Kämpfen um geopolitische Macht, um ökonomische, politische und kulturelle Vorherrschaft, um Profite, Märkte und Rohstoffe... Sie führen zu weiteren militärischen, ethnischen und religiösen Konflikten, zum Zerfall von Staaten, zu Fundamentalismus und Terrorismus sowie Umweltzerstörung.“
Und weiter: „Unter Missachtung der Charta der Vereinten Nationen sind auch Gewalt und Kriege Mittel der Politik. Oft geschieht dies unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus oder gegen ‚Schurkenstaaten‘. Besonders fatal ist dabei die Begründung von militärischen Interventionen mit dem Schutz von Menschenrechten.“
Das ist genau das, was die Linkspartei jetzt tut. Sie begründet eine „militärische Intervention“ und einen „imperialen Krieg“, bei dem es „um geopolitische Macht, um ökonomische, politische und kulturelle Vorherrschaft, um Profite, Märkte und Rohstoffe“ geht mit dem „Schutz von Menschenrechten“.
Mit dem Kriegsaufruf zeigt die Linkspartei ihr wahres Gesicht. Sie ist wie alle anderen Bundestagsparteien eine rechte bürgerliche Partei, die aggressiv die Interessen des deutschen Imperialismus vertritt. Eine Militärintervention nach Kapitel VII im Nahen und Mittleren Osten wäre kein Friedenseinsatz zum Schutz der Kurden, sondern eine massive Eskalation der imperialistischen Kriegsoffensive in Syrien und im Irak, bei der Deutschland, anders noch als beim Überfall auf den Irak 2003 und im Libyen-Krieg, mit von der Partie ist.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Linkspartei war dabei von Anfang an Kriegspartei. Sie unterstützt seit mehr als drei Jahren den brutalen Bürgerkrieg in Syrien, der von den imperialistischen Mächten und ihren regionalen Verbündeten geschürt wird, um das Assad-Regime zu stürzen und ein pro-westliches Marionetten-Regime in Damaskus zu installieren. Sie hat die pro-westliche Opposition systematisch mit aufgebaut und für den Krieg gegen Syrien mobilisiert. Im April stimmten fünf Linksparteiabgeordnete für den Bundeswehreinsatz zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen.
In den letzten Wochen wurde die Kriegswende der Linkspartei immer sichtbarer. Der Fraktionsvorsitzende und das Aushängeschild der Partei Gregor Gysi forderte Anfang August als einer der ersten deutschen Politiker Waffenlieferungen an die Kurden. Jan Van Aken war als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses anwesend, als die ersten Waffenlieferungen in Erbil eintrafen. Er hat dazu einen aufschlussreichen Reisebericht auf seiner Homepage veröffentlicht.
Während führende Linksparteimitglieder ihre engen Verbindungen zur syrischen Opposition und zu den Kurdischen Organisationen für den deutschen Imperialismus fruchtbar machen, organisieren die Parteizeitungen die notwendige Kriegspropaganda.
Das Neue Deutschland trommelt nahezu täglich für eine Militärintervention und veröffentlicht Kommentare mit Titeln wie: „Ein UN-Einsatz gegen Grausamkeiten“, „Responsibility to Protect? Herumeiern ist keine Strategie“ oder „Wir sind keine Friedenspartei, wenn wir streiten, während andere sterben“. Die Junge Welt, die Hauspostille der Altstalinisten und Pseudolinken innerhalb der Partei, steht dem in nichts nach und veröffentlichte unter anderem „Plädoyers für deutsche Waffenlieferungen“ und einen „Dankesbrief an US-Präsident Obama“. Am Mittwoch bewarb sie unter der Überschrift „Wir können nicht die Augen verschließen“ eine Spendenkampagne für die militärische Aufrüstung der Kurden.
Die Partei für Soziale Gleichheit schreibt in ihrer Resolution „Die Rückkehr des Deutschen Imperialismus“ über die Rolle der Linkspartei: „Ähnlich wie die Grünen vor 15 Jahren spielt heute die Linkspartei die entscheidende Rolle dabei, die Rückkehr des deutschen Militarismus auf die Weltbühne zu organisieren und mit „humanitären“ Argumenten zu beschönigen. Während Stefan Liebich, der Vertreter der Linken im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, im Rahmen der SWP die neue Außenpolitik mit ausarbeitete, fand innerhalb der Linkspartei eine Verständigung über den außenpolitischen Kurswechsel statt. Seitdem unterstützt die Partei die aggressive Außenpolitik der Bundesregierung.“
Nach dem Kriegsaufruf von Kobane muss man sagen, dass die Linkspartei die Bundesregierung in der Kriegsfrage noch in den Schatten stellt.