Der russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny, der am 20. August schwer erkrankt ins Koma gefallen ist, befindet sich weiterhin in Behandlung in der Berliner Charité-Klinik. Obwohl die Umstände seiner Erkrankung und mutmaßlichen Vergiftung noch nicht geklärt sind, haben die imperialistischen Mächte, vor allem Deutschland, seinen Fall bei ihrer Intervention in die russische Politik in den Mittelpunkt gestellt.
Die deutsche Regierung erklärte am Mittwoch, es bestehe „kein Zweifel“, dass Nawalny mit einem „Nervengas“ vergiftet worden sei. Regierungssprecher Steffen Seibert, erklärte: „Die Bundesregierung verurteilt diesen Angriff auf das Schärfste. Die russische Regierung ist dringlich aufgefordert, sich zu dem Vorgang zu erklären“.
Seitdem läuft eine anti-russische Hetzkampagne in Politik und Medien, die sich mit aggressiven Drohungen und Forderungen nach Vergeltung regelrecht überschlagen. In einem Interview mit der FAZ mahnt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, gegenüber Russland zu einer „Politik der angemessenen Härte“ und forderte einen Stopp der Pipeline Nord Stream 2. Der Spiegel veröffentlichte einen Kommentar unter dem Titel: „Es ist Zeit dem Mann im Kreml wehzutun“.
Nawalnys Erkrankung ereignete sich vor dem Hintergrund einer eskalierenden Krise in Belarus, einem kleinen Land an der Westgrenze, das den letzten „Puffer“ zwischen Russland und den Nato-Staaten im Baltikum sowie Polen und der Ukraine darstellt. Wegen der verschärften Konflikte mit der Nato und dem Entstehen von Massenstreiks der Arbeiterklasse hat die Krise in Belarus die Spannungen innerhalb der russischen Eliten und dem Staatsapparat deutlich verschärft.
Unabhängig davon, wer für Nawalnys Erkrankung verantwortlich ist, deutet das Timing stark auf eine politische Operation hin. Es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass ein Geheimdienst der imperialistischen Mächte dafür verantwortlich ist. Jedenfalls ist es offensichtlich, dass diese Kräfte entschlossen sind, den Fall auszunutzen, um den Druck auf den Kreml weiter zu erhöhen und die Kampagne gegen Russland zu verschärfen.
Was liegt den imperialistischen Mächten an Nawalny?
Eines der auffälligsten Merkmale der Medienkampagne um Nawalny ist, dass sich keine einzige Zeitung kritisch mit seinen politischen Ansichten befasst oder sie auch nur in ehrlicher Weise besprochen hat. Die Leser sollen unkritisch glauben, dass niemand außer Putin ein Interesse daran haben könnte, Nawalny zu vergiften, und dass Nawalny eine Art prinzipielle demokratische Opposition gegen das Putin-Regime repräsentiert.
Die Behauptung, Nawalny sei der Anführer einer demokratischen Volksbewegung, ist ein bewusster Betrug.
Nawalny ist keine populäre Führungsfigur, sondern eine Schöpfung des Imperialismus. Zudem repräsentiert er einige der rechtesten Elemente der russischen Oligarchie. Obwohl Nawalnys Popularität in den letzten Monaten aufgrund der katastrophalen Reaktion des Kremls auf die Corona-Pandemie etwas zugenommen hat, bezeichneten ihn Ende Juli in einer Umfrage des Lewada-Zentrums nur zwei Prozent der Bevölkerung als vertrauenswürdigen Politiker.
Nawalny und sein Team wurden von den Agenturen des US-Imperialismus mehr als ein Jahrzehnt lang systematisch aufgebaut und ausgebildet. Er und sein Stabschef Leonid Wolkow haben in den Jahren 2010 bzw. 2019 am World-Fellowship-Programm der US-Eliteuniversität Yale teilgenommen. In diesem Programm wurden die führenden Persönlichkeiten der von den imperialistischen Mächten unterstützten „Farbrevolutionen“ in der ehemaligen Sowjetunion ausgebildet, u. a. die Führer der Orangenen Revolution (2004) und der „Maidan-Bewegung“ (2013-2014) in der Ukraine.
Von anderen Persönlichkeiten der russischen „liberalen Opposition“ unterscheidet sich Nawalny seit langem durch seine Entschlossenheit, die extreme Rechte in die Opposition gegen Putin einzubinden. Er war früher Mitglied des Organisationsrates des Russischen Marsches (1), der jährlich von den faschistischen und rechtsextremen Kräften des Landes organisiert wird. Im Jahr 2007 wurde er wegen seiner Sympathien mit der extremen Rechten aus der pro-amerikanischen Partei Jabloko geworfen.
Er hat Menschen aus dem Kaukasus als „Kakerlaken“ beschimpft und über Immigranten geäußert: „Alles [sic!], was uns stört, muss durch Abschiebungen sorgfältig entfernt werden.“ Während des Russischen Marsches im Jahr 2011 hatte er vor einem faschistischen Publikum in kaum verhohlen antisemitischer Weise gegen die Oligarchen gehetzt, später wurde er bei einem freundschaftlichen Gespräch mit dem berüchtigten Neonazi und Organisator des Marsches Dmitri Diomuschkin beobachtet. Mit anderen Worten, verglichen mit der deutschen oder amerikanischen Politiklandschaft läge Nawalny auf einer Linie mit Donald Trump oder der neofaschistischen AfD.
In den letzten Jahren hat Nawalny zwar nicht mehr an diesen Märschen teilgenommen, sich aber auch nie für seine frühere Unterstützung dieser Veranstaltungen entschuldigt oder seine eigenen Aussagen zurückgenommen. Bei allen Protesten der Opposition gegen Putin, an deren Organisation er beteiligt war, wurden rechtsextreme Kräfte bewusst eingebunden.
Zudem hat Nawalny enge Beziehungen zu Teilen der russischen Eliten und dem Staatsapparat. Zu seinen Unterstützern gehören Wladimir Aschurkow und Michail Fridman, zwei der reichsten Männer Russlands, sowie der Ökonom Sergei Gurjew, ein ehemaliger Verbündeter des Ex-Präsidenten Dmitri Medwedew. Die russische Zeitung Nesawisimaja Gaseta wies darauf hin, dass Nawalnys Enthüllungen über Korruption die Handschrift des Geheimdienstes FSB tragen. Dieser ist dafür berüchtigt, so genannte Kompromat-Dossiers mit belastendem Material über seine aktuellen und potenziellen Gegner anzufertigen. Die Zeitung deutet an, dass viele dieser Enthüllungen vermutlich auf Leaks aus dem Sicherheitsapparat basieren.
Es ist genau diese Orientierung, die ihn für Washington und Berlin attraktiv gemacht hat. Bei ihren Operationen in Osteuropa haben sie sich traditionell auf eine Kombination aus Dissidentenfraktionen der Oligarchie und des Staatsapparats und rechtsextremen und Neonazi-Elementen verlassen.
Nawalny und die Förderung regionalistischer und separatistischer Tendenzen in Russland
Ein weiteres Schlüsselelement von Nawalnys Agenda ist die Förderung von regionalistischen und separatistischen Tendenzen, die seit der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie 1991 in der russischen Oligarchie entstanden sind. In den 1990er Jahren äußerten sich die gewaltsamen Konflikte zwischen den unterschiedlichen Elementen der mafiösen Oligarchie um die Kontrolle über Rohstoffquellen oftmals in Form von Konflikten zwischen den regionalen Eliten und Moskauer Oligarchen.
Anfang der 1990er-Jahre wurde in amerikanischen und russischen herrschenden Kreisen offen über die mögliche Abspaltung des russischen Fernen Ostens diskutiert. In der Republik Tschetschenien im Nordkaukasus entstand eine offen separatistische Bewegung, die vom US-Imperialismus unterstützt wurde. Um sicherzustellen, dass der Nordkaukasus Teil der Russischen Föderation bleibt, führte der Kreml daraufhin zwei brutale Kriege, bei denen ein Zehntel der dort lebenden Bevölkerung getötet wurde.
Ein zentraler Bestandteil von Putins Präsidentschaft bestand darin, die regionalen Eliten stark der Föderationsregierung und dem Staatsapparat unterzuordnen. Doch diese Spannungen haben sich in den letzten Jahren deutlich verschärft, zuletzt noch weiter durch die Corona-Pandemie, in der die Regionalbehörden beträchtlichen Handlungsspielraum bei der Bewältigung der Krise erhielten. Mit den jüngsten Verfassungsänderungen hat der Kreml versucht, die Macht der regionalen und kommunalen Regierungsstrukturen weiter einzuschränken.
Nawalny hingegen hat öffentlich erklärt, man solle den Nordkaukasus „gehen lassen“. Er fordert außerdem die Stärkung der regionalen Autonomien, u.a. die Wiedereinführung einer direkten Wahl der Regionalgouverneure. Seit 2016 und 2017 hat sich sein Wahlkampfteam, das sich bis dahin fast ausschließlich in Moskau konzentrierte, bewusst „Niederlassungen“ in den Regionen aufgebaut. Im Jahr 2019 unterstützten und organisierten Nawalny und sein Stab Demonstrationen in Jekaterinburg im Ural. Dabei traten sie unter regionalistischem Banner zusammen mit einem der berüchtigtsten Befürworter der Gründung einer unabhängigen „Republik Ural“ auf.
Dieses Jahr haben Nawalny und seine Mitarbeiter die anhaltenden Proteste in der ostrussischen Stadt Chabarowsk gegen die Verhaftung des Regionalgouverneurs Sergei Furgal von der rechtsextremen Liberaldemokratischen Partei Russlands (LDPR) unterstützt. Diese Proteste waren dominiert von regionalistischen Parolen wie „Das ist unsere Region“ und „Moskau raus“. Sie wurden von lokalen bürgerlichen Schichten unterstützt, die ihre eigenen Interessen durch die großen staatseigenen Unternehmen und die Oligarchen in Moskau gefährdet sehen. Der Vorsitzende der rechtsextremen LDPR, Wladimir Schirinowski, der lange Zeit de facto mit Putin verbündet war, verurteilte die Verhaftung Furgals aufs Schärfste.
Furgals Verhaftung und die Proteste, die nur wenige Tage vor der Regionalwahl am 13. September begannen, machten deutlich, wie angespannt die Beziehungen zwischen dem Kreml und beträchtlichen Teilen der herrschenden Klasse sind. In der deutschen Berichterstattung über Nawalnys Erkrankung haben zahlreiche Kommentare vor allem darauf hingewiesen, dass die Proteste in Chabarowsk das Putin-Regime beträchtlich geschwächt haben und den Auftakt für eine Massenbewegung gegen Putin darstellen könnten, wie sie in Belarus gegen Lukaschenko entstanden ist. Im Gegensatz zu Belarus, das durch Massenstreiks erschüttert wurde, war die Arbeiterklasse bei den Protesten in Chabarowsk jedoch mit keinem ihrer Teile beteiligt. Genau das macht sie jedoch so attraktiv für die imperialistischen Mächte.
Sowohl die USA als auch Deutschland haben die Förderung regionalistischer und separatistischer Tendenzen in Russland als mächtiges Mittel erkannt, um die Zersplitterung der herrschenden Klasse zu verstärken, das Putin-Regime zu schwächen und zu destabilisieren und so ihre eigenen Interessen zu fördern. Gleichzeitig verhindern sie damit jede unabhängige Beteiligung der Arbeiterklasse und stärken rechte Kräfte. Ihr Endziel ist ein Regimewechsel, und Nawalny gilt dank seiner Beziehungen zur Elite und zum Staat als nützliche und zuverlässige Figur. Gleichzeitig gilt er, vor allem wegen seiner Beziehungen zu faschistischen Kräften als fähig, den sozialen und politischen Widerstand der Arbeiterklasse notfalls mit massiver Gewalt zu unterdrücken.
Der Fall Nawalny und das Wiederaufleben des deutschen Imperialismus
Obwohl Nawalnys Beziehungen zu Washington ausführlich dokumentiert sind, hat eindeutig Deutschland die führende Rolle in seinem Fall gespielt. Der Spiegel schrieb in seiner aktuellen Titelstory über Nawalny: „Bei Hintergrundgesprächen in Berliner Regierungskreisen entsteht der Eindruck, dass Deutschland sich den Fall ganz bewusst zu eigen gemacht hat.“ Weiter heißt es, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe sich des Falls persönlich angenommen und dafür gesorgt, dass er nach Deutschland überstellt werde. Berichten zufolge wird Merkel täglich über seinen Zustand in Kenntnis gesetzt. Das Universitätsklinikum Charité, das führende Krankenhaus Deutschlands, hat die Unterstützung der Bundeswehr angefordert, um herauszufinden, mit welcher Substanz Nawalny vergiftet wurde.
Nawalny wurde in einem Privatjet aus Russland geflogen, der von der Berliner NGO Cinema for Peace organisiert wurde. Der Leiter dieser Gruppe, Jaka Bizilj, bezeichnete die Aktion als „sehr teuer“. Die Organisation wurde nach dem 11. September 2001 mit dem vorgeblichen Ziel gegründet, durch Kino „Frieden“ zu schaffen, ist in Wirklichkeit jedoch eine kaum verhohlene imperialistische Frontorganisation. Sie wird von Hillary und Bill Clinton, dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinem damaligen Außenminister Joschka Fischer sowie von dem ukrainischen Boxer Vitali Klitschko unterstützt. Letzterer wurde nach dem von den USA und Deutschland unterstützten Putsch in der Ukraine im Februar 2014 als Bürgermeister von Kiew eingesetzt. Der Ehrenvorsitzende von Cinema for Peace ist der ehemalige Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion Michail Gorbatschow.
Die deutschen Medien wurden überschwemmt mit Propagandaartikeln, die Putin verurteilten und zu einer aggressiveren Haltung gegenüber Russland aufriefen. Die deutsche Bourgeoisie verfolgt aufgrund ihrer umfangreichen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu den russischen Eliten zweifellos sehr aufmerksam die Zersplitterung der russischen Oligarchie und des Staatsapparats. Berlin könnte durchaus beschlossen haben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um das Putin-Regime zu destabilisieren.
Der führende Grünen-Politiker Jürgen Trittin deutete in einem Interview mit dem Spiegel an, der „Angriff“ auf Nawalny könnte von einem unabhängigen oder Putin-feindlichen Element im russischen Staatsapparat angeordnet worden sein. Das könnte bedeuten, dass Putin die Lage im Land nicht mehr im Griff hat. Allerdings betonte Trittin, der Fall Nawalny bedeute, dass Russland nicht mehr länger als „strategischer Partner“ Deutschlands gelten könne.
Die volle Bedeutung der Eskalation der Anti-Putin-Kampagne in Deutschland und der verstärkten Versuche Berlins, wegen des Falls Nawalny in die russische Politik zu intervenieren, lässt sich nur im breiteren historischen, geopolitischen und sozialen Kontext erkennen.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2014 erklärte das deutsche politische Establishment, dass die Zeit der militärischen Zurückhaltung für Deutschland vorbei sein müsse. Wochen später stürzten rechtsextreme Kräfte mit Unterstützung der USA und Deutschlands das pro-russische Janukowitsch-Regime in der Ukraine. Die darauf folgende Remilitarisierung Deutschlands ging einher mit dem systematischen Aufbau neonazistischer Kräfte innerhalb des Staates, der Polizei und der Armee, die zahlreiche Massaker und Attentate verüben durften, bei denen Dutzende von Menschen getötet wurden.
Diese Prozesse beschleunigen sich jetzt durch den Zusammenbruch des Weltkapitalismus und die geopolitischen Spannungen angesichts der Corona-Pandemie. Die sozialen Spannungen in Deutschland befinden sich auf einem Höhepunkt, da die herrschende Klasse auf die verfrühte Öffnung der Schulen und die Lockerung der Lockdown-Maßnahmen drängt, obwohl die große Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung diese Schritte ablehnt. Die aggressive militaristische Propaganda der Medien ist nicht zuletzt darauf ausgelegt, die extreme Rechte zu stärken und die sozialen Spannungen nach außen abzulenken.
Zudem haben sich die Spannungen mit dem US-Imperialismus in der jüngeren Periode massiv ausgeweitet. Da sich die Gesellschaft der USA in einer beispiellosen Krise befindet, kommen in der deutschen herrschenden Klasse Forderungen auf, die Gelegenheit zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen zu nutzen.
Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte vor kurzem in einer Grundsatzrede, es sei für Europa an der Zeit, Entscheidungen zu fällen: „[W]enn wir das nicht tun, dann werden wir in Europa zum Spielball von Dritten.“ Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, ein führendes Sprachrohr der deutschen herrschenden Klasse, das vor allem für das Wiederaufleben der extremen Rechten von Bedeutung war, forderte vor kurzem in einem Kommentar mit dem Titel „Die Welt unter dem Knüppel Amerikas“, Deutschland müsse sich dem „gesetzlosen“ „amerikanischen Expansionismus“ unter Trump entgegenstellen. Weiter hieß es, den USA nachzugeben, sei keine Option.
Bezeichnenderweise haben die „Aufrufe zum Handeln“ gegen Russland in den deutschen Medien wegen Nawalny praktisch keine Erwähnung der USA gefunden, sondern sich auf die EU und Deutschland konzentriert.
Wolfgang Ischinger, eine führende Persönlichkeit der deutschen Außenpolitik und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, betonte im Spiegel, „wir Europäer müssen außen- und sicherheitspolitisch endlich handlungsfähig werden“. Er beklagte, dass die Münchner Sicherheitskonferenz 2014 zwar eine „Heureka-Erfahrung" für die deutsche Außenpolitik gewesen sei, seitdem aber fast nichts getan worden sei.
Nun, so Ischinger, könne sich Deutschland nicht mehr auf die USA verlassen und „ohne die Fähigkeit, notfalls auch Hard Power einzusetzen“, werde „es künftig nicht mehr gehen“. Ischinger erklärte unverblümt, der Fall Nawalny sei „eine Chance für uns Deutsche, den Bürgerinnen und Bürgern in Russland zu zeigen, dass wir zwar mit ihrer Führung nicht einverstanden sind, aber trotzdem helfen.“
Deutschlands imperialistische Operationen in Russland stehen in einer langen und blutigen Tradition. Der „Drang nach Osten“ war ein zentrales Element von Deutschlands Strategie in beiden Weltkriegen. Die Nazis betrachteten die Zerstörung des degenerierten Arbeiterstaates der Sowjetunion und die Erlangung der vollständigen Kontrolle über ihre riesigen Rohstoff- und Arbeitskräfteressourcen als notwendige Voraussetzung für den Kampf gegen die USA, Deutschlands Hauptrivalen unter den imperialistischen Mächten. Dieser „Vernichtungskrieg“ im Osten forderte in der Sowjetunion 27 Millionen Menschenleben und viele weitere Millionen Tote in anderen Teilen von Ost- und Südosteuropa.
Bei all diesen Interventionen verließ sich der deutsche und später der US-Imperialismus traditionell auf die Mobilisierung nationalistischer und faschistischer Kräfte. Die Förderung von Alexei Nawalny steht in dieser Tradition.
Die Arbeiter in Russland und Europa müssen vor diesen unheilvollen Operationen und ihren potenziell katastrophalen Folgen gewarnt werden. Doch jeder echte Kampf gegen die Gefahren, mit denen die Arbeiterklasse konfrontiert ist, muss unabhängig von allen Fraktionen der Kapitalistenklasse durchgeführt werden, auch unabhängig vom Putin-Regime. Angesichts innerer Konflikte versucht das Putin-Regime seit Jahren, mit den imperialistischen Mächten zu verhandeln, schürt gleichzeitig Nationalismus und Militarismus und ist verantwortlich für die massive Ausbreitung sozialer Ungleichheit und Austerität in Russland. Der einzige fortschrittliche Weg führt über eine unabhängige Intervention der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines revolutionären und internationalen Programms, dessen Ziel der Sturz des Kapitalismus im Weltmaßstab ist.
(1) Der Russische Marsch ist eine seit 2005 jährlich stattfindende Demonstration von Rechtsextremisten in Russland. Die Märsche finden am 4. November zu Ehren der nationalen Einheit in Moskau und anderen Städten statt.