Diesen Vortrag zur Rolle der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP) hielt Dr. Joseph Scalice am 26. August an der Nanyang Technological University in Singapur. Er befasst sich mit der Unterstützung, welche die CPP und andere Organisationen mit verwandter politischer Linie im Jahr 2016 dem philippinischen Präsident Rodrigo Duterte verschafft hatten. Scalice untersuchte die historischen und politischen Ursprünge dieser Politik, indem er historische Parallelen zu den Aktionen der CPP und einer rivalisierenden Partei, der Partido Komunista ng Pilipinas (PKP),in der späten 1960er und Anfang der 1970er Jahre zog.In diesem Zeitraumhatte der damalige Präsident Ferdinand Marcos Schritte zur Errichtung einer Militärdiktatur eingeleitet.
Joseph Scalice ist Postdoktorand an der Nanyang Technological University und hat an der UC Berkeley in Süd- und Südostasienwissenschaften promoviert. Sein Forschungsgebiet ist die Geschichte moderner revolutionärer Bewegungen auf den Philippinen. Er befasst sich mit den regionalen und globalen Veränderungen, diesie mitgestaltetenund von denen sie beeinflusst wurden. Seine Dissertation trägt den Titel: „Crisis of Revolutionary Leadership: Martial Law and the Communist Parties of the Philippines, 1957–1974“ [Krise der revolutionären Führung: Das Kriegsrecht und die kommunistischen Parteien der Philippinen, 1957–1974]. Sie beschäftigt sich mit der politischen Rivalität zweier stalinistischer Parteien, der PKP und der CPP, und untersucht die Rolle, die sie bei der Verhängung des Kriegsrechts durch Ferdinand Marcos im Jahr 1972 gespielt hatten.
Der Gründer der CPP, Jose Maria Sison, reagierteäußerst dünnhäutig auf die Kritik. Ohne den geringsten Beweis vorzulegen, verunglimpfte er Scalice als bezahlten CIA-Agenten. Scalice hat der Arbeiterklasse auf den Philippinen und weltweit einen großen Dienst erwiesen, indem er die Geschichte des vielfachen Verrats der stalinistischen CPPoffenlegte.
Die WSWS ruft ihre Leser auf,den Verleumdungen Sisons und der CPP entgegenzutreten und Solidaritätserklärungen an Joseph Scalice zu schicken.
Wir veröffentlichen nachstehend eine Übersetzung des Vortrags. Das Video kann hier angesehen werden und die Präsentation ist zum Herunterladen verfügbar.
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Ich möchte der Technischen Universität Nanyang dafür danken, dass sie diese Vorlesungsreihe für Postdoktoranden ermöglicht und unser Stipendium gefördert hat. Sowohl die Fakultät als auch die Mitarbeiter der NTU haben mich und meine hiesige Arbeit immens unterstützt.
Seit zehn Jahren erforsche ich die Geschichte der Kommunistischen Parteien der Philippinen. Im Laufe meiner Untersuchungen pendelte sich mein Forschungsgebiet auf eine bestimmte Zeitperiode ein, zu der eine bemerkenswert reichhaltige und vergleichsweise ungenutzte Sammlung von Primärquellen vorliegt, auf die ich mich stützen konnte. Als ich dieses Projekt ins Leben rief, ging ich, wie viele Wissenschaftlern vor mir, davon aus, dass ich eine Geschichte der CPP schreiben würde, von ihrer Gründung bis zur Gegenwart, und dass ich mich bei meiner Arbeit weitgehend auf Interviewberichte stützen würde. Es wurde mir klar, dass ich dabei war, einen Weg zu beschreiten, den bereits frühere Gelehrte eingeschlagen hatten. Als ich mich allerdings in die zeitgenössischen schriftlichen Aufzeichnungen vertiefte, die sehr umfangreich sind und bislang unbekannte Horizonte eröffneten, stieß ich auf das Thema, das schließlich zum Herzstück meiner Arbeit wurde.
Dabei stellte ich fest, dass ich nicht mit der Gründung der CPP beginnen konnte, sondern weiter zurückgehen und untersuchen musste, warum sie sich von der PKP abspaltete und welche Rolle ihre frühesten Mitglieder vor der Spaltung gespielt hatten. Gleichzeitig stellte ich fest, dass es unmöglich würde, die Geschichte bis zum heutigen Tag niederzuschreiben. Es gab viel zu viele Bereiche, die nicht allesamt abzudecken waren. Letztendlich bestand mein Forschungsschwerpunkt also darin, zu erklären, warum es zwei einander entgegengesetzte kommunistische Parteien gab und welche Rolle sie bei der Verhängung des Kriegsrechts im Jahr 1972 gespielt hatten.
Die schriftlichen Aufzeichnungen sind vielfältig: Es sind Broschüren, Flugblätter, Pamphlete, Manifeste und Rundbriefe. Viele davon sind Einzelblätter, die von verschiedenen Organisationen aus dem breiten Milieu der so genannten Nationaldemokratischen Bewegung hervorgingen. Ich digitalisierte fast 10.000 Seiten aus verschiedenen Archiven und versuchte in mühevoller Arbeit zu rekonstruieren, an welchem Tag jedes Dokument geschrieben worden war, um es dann in ein umfassenderes Narrativ einzuordnen, das ich auf der Grundlage der Lektüre des zeitgenössischen Zeitungsarchivs rekonstruierte. Im Verlauf von sechs bis sieben Jahren las ich jede Ausgabe von acht verschiedenen Tageszeitungen sowie die Nachrichtenmagazine. Deshalb hat es so lange gedauert, bis meine Forschung abgeschlossen war.
Ich freue mich, dass das Interesse an dem Thema, das ich heute vorstelle, so überwältigend ist: „Erst als Tragödie, dann als Farce, Marcos, Duterte und die kommunistischen Parteien der Philippinen“. Ein Element des Interesses an diesem Vortrag geht jedoch auf eine Kontroverse zurück, die in der vergangenen Woche ausbrach, als der Gründer der Kommunistischen Partei der Philippinen, Jose Maria Sison, bekannt als Joma Sison, begann, mich über soziale Medien direkt anzugreifen.
In der Woche vom 18. bis zum 25. August veröffentlichte er manipulierte Bilder von mir mit einer Clownsnase und Clownshaaren, einer „I luv Trotsky“-Anstecknadel und einem Buch über Geschichtsfälschung. Er schrieb auch, ich sei „ein krankhaft fanatischer Antikommunist und ein CIA-Agent der psychologischen Kriegsführung, der sich als akademischer Trotzkist ausgibt“. Ich möchte darauf hinweisen, dass dies eine Verleumdung ist. Er hat keine Beweise, die es ihm erlauben würden zu behaupten, ich sei ein „CIA-Agent der psychologischen Kriegsführung“.
Weiter behauptete er: „Trotzkisten im Ausland (wie Joseph Scalice) und auf den Philippinen versuchen vergeblich, die legalen demokratischen wie die revolutionären Kräfte für den Machtantritt und die gegenwärtige kriminelle Herrschaft des verräterischen, tyrannischen, völkermörderischen, plündernden und betrügerischen Duterte-Regimes verantwortlich zu machen.“
Die CPP widmete dem Angriff auf mich eine Sonderausgabe ihrer Zeitung Ang Bayan, die seit 1969 erscheint. In einem längeren Interview bezeichnete mich Sison erneut als „bezahlten Agenten der CIA“ – und wiederholte damit dieselbe grundlose Verleumdung.
Er erklärte: „Mir sind die fanatischen antikommunistischen und antistalinistischen Schriften von Scalice schon seit geraumer Zeit bekannt. Ich habe ihn ignoriert, weil amerikanische Genossen und Freunde mir sagten, dass er als Trotzkist und bezahlter Agent der CIA längst entlarvt sei. Er werde bezahlt, um sich auf die Kommunistische Partei der Philippinen und meine Schriften zu konzentrieren und mit dem Angriff auf meine Person und ihrer falschen Darstellung Karriere zu machen.“
Ich habe natürlich nicht die Absicht, auf all das einzugehen, aber ich lese noch ein Zitat vor. Sison fuhr fort: „Scalice ist sowohl ein Lügner als auch ein unverbesserlicher antikommunistischer Agent des Imperialismus und der Reaktion. Tatsächlich ist er praktisch ein wildgewordener Informant, der den Todesschwadronen von Duterte zu Diensten steht.“
Sison hat keine Beweise zur Untermauerung seiner bösartigen Anschuldigungen gegen mich vorgelegt. Er hat keinen ernsthaften Versuch unternommen, sich mit meiner Forschung zu befassen. Es ist offensichtlich, dass er glaubt, meine Arbeit dadurch abtun zu können, dass er mich einfach mit einem Standardarsenal persönlicher Verleumdungen bewirft.
Nun möchte ich darauf hinweisen, dass sein Mobbing auf den Seiten der Sonderausgabe von Ang Bayaneine sehr reale Bedrohung mit sich bringt. Die Partei wird seit langem mit der Ermordung ihrer politischen Gegner in Verbindung gebracht, und der Name „Trotzkist“ aus dem Munde eines Stalinisten stellt eine Morddrohung dar. Die Geschichtsschreibung zu diesem Punkt ist sowohl auf den Philippinen als auch weltweit sehr eindeutig.
Ich lasse mich jedoch weder von Sison schikanieren, noch lasse ich mich dazu verleiten, mich auf seine vulgäre politische Ebene zu begeben. Ich beabsichtige, mit meinem historischen Vortrag fortzufahren.
Angesichts seines Angriffs habe ich überwältigende Unterstützung von Wissenschaftlern und Journalisten erhalten, die öffentliche Erklärungen für mich abgegeben haben, und ich möchte denen, die mich verteidigt haben, meinen Dank aussprechen. Darüber hinaus veröffentlichte die World Socialist Web Site eine Erklärung zur Verteidigung der akademischen Freiheit, der historischen Wahrheit und meiner Forschung, und auch für diese Verteidigung danke ich.
Bevor diese Kontroverse ausbrach, schrieb ich eine öffentliche Erklärung, mit der ich auf das gewaltsame Vorgehen der Regierung Duterte gegen eine Reihe von Aktivisten reagierte, die mit der Nationaldemokratischen Bewegung verbunden sind, diesem breiten Spektrum von Organisationen, die der politischen Linie der Kommunistischen Partei der Philippinen folgen. Vor einiger Zeit sind mindestens zwei führende Persönlichkeiten der Nationaldemokratischen Bewegung brutal ermordet worden. Ich möchte die Erklärung verlesen, die ich am 14. August veröffentlicht habe.
Jeder, der mit meiner Forschung vertraut ist, weiß auch, dass ich in meiner historischen Forschung die Rolle der Führung der Kommunistischen Partei der Philippinen und der verschiedenen Organisationen, die ihrer politischen Linie folgen, scharf kritisiere.
Ich möchte daher diesen Punkt ausdrücklich klarstellen: Ich verteidige die Partei und die mit ihr verbundenen Personen vorbehaltlos gegen die Angriffe, die vom Staat und von paramilitärischen und Bürgerwehrgruppen gegen sie geführt werden.
Der Mord an Randall Echanis war ein Angriff auf die arbeitenden Massen der Philippinen und ein dramatischer Schritt in Richtung Polizeistaat.
Die Verteidigung gegen die Gefahr einer Diktatur erfordert die Einheit der Arbeiterklasse für ihre eigenen unabhängigen Interessen.
Meine Opposition gegen die CPP und die mit ihr verbündeten Gruppierungen beruht auf der Tatsache, dass sie sich konsequent gegen die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse stellen und stets versucht haben, deren Interessen der Bildung eines Bündnisses mit einem Teil der herrschenden Elite unterzuordnen. Gerade diese Perspektive, das Programm des Stalinismus, führte dazu, dass die Parteiführung Duterte begrüßte, seinen Aufstieg zur Macht erleichterte und die Gefahr einer Diktatur herunterspielte.
Meine Opposition gegen die Führung der Partei und ihr politisches Programm ist also eine Verteidigung der Interessen der Arbeiterklasse. Aus demselben fundamentalen Grund, aus dem ich gegen die Partei bin – der Verteidigung der Arbeiterklasse –, erkläre ich öffentlich, dass ich die Mitglieder der Partei gegen Angriffe durch den Staat und seine paramilitärischen Kräfte verteidige.
Nun hat weder Sison noch sonst jemand, der mit der CPP in Verbindung steht, diese Erklärung zur Kenntnis genommen, obwohl zahlreiche Wissenschaftler und die breite Öffentlichkeit sie sehr herzlich aufnahmen. Sison behauptet, ich sei ein Informant der Todesschwadronen.
Keine Frage, die Todesschwadronen von Duterte sind eine sehr reale Bedrohung. Der auf nationaler Ebene geführte Drogenkrieg begann mit dem Amtsantritt Dutertes.
Die überwältigende Mehrheit der Opfer der Todesschwadronen ist arm. Sie kommen aus Elendsvierteln; es sind Lastenradfahrer, Verkäufer von Fischfrikadellen oder Kleinkriminelle, die keines Verbrechens angeklagt sind, und jede Nacht werden Morde an ihnen verübt. Ein Teil dieser Morde wird von der Polizei ohne Haftbefehl begangen, und ein noch viel größerer Teil von paramilitärischen Organisationen und Bürgerwehrgruppen.
Die aktuellste Zahl, die ich über die amtliche Zählung der im Rahmen des Drogenkriegs von der Polizei Getöteten ausfindig machen konnte, beläuft sich auf 6.000 Personen. Aus regelmäßigen Berichten in der Presse wissen wir jedoch, dass die paramilitärischen Organisationen und Bürgerwehrgruppen um ein Vielfaches mehr Menschen töten als die Polizei. Die Zahlen lassen sich derzeit nur sehr schwer genau schätzen. Wir können die Gesamtzahl der Opfer schätzen, indem wir die offiziellen Zahlen der philippinischen Polizei verwenden und auf diese Zahl das bekannte Verhältnis zwischen den Opfern der paramilitärischen Todesschwadronen und denen der Polizei anwenden. Eine solche Berechnung würde etwa 30.000 Opfer als eine relativ sichere grobe Schätzung nahelegen.
Meines Erachtens ist hier die Bezeichnung „Genozid“ angebracht, ein Genozid an den Armen im Namen des Kriegs gegen die Drogen. Zweifellos werden Sie in der internationalen Presse gelesen haben, dass Dutertes Krieg gegen Drogen in der philippinischen Bevölkerung auf überwältigende Zustimmung stößt. Wenn künftige Historiker und Soziologen sich eingehender mit diesen Ereignissen befassen werden, dann werden sie meiner Meinung nach zu einer weitaus komplexeren Einschätzung gelangen. Dieselben Umfragen nämlich, die etwa 80 Prozent Unterstützung für den Krieg gegen Drogen ermitteln, liefern noch eine weitere Zahl, die aber nur sehr selten genannt wird: Acht von zehn Philippinern befürchten, dass sie im Drogenkrieg getötet werden.
Wenn man Sie in einer Umfrage zugeben würden, dass Sie um Ihr Leben fürchten, würden Sie dann gleichzeitig behaupten, dass Sie den Krieg gegen Drogen ablehnen? Ich denke, eine öffentliche Erklärung irgendeiner Art gegen den Krieg gegen Drogen könnte als so etwas wie ein Todesurteil angesehen werden. Ich glaube nicht, dass der Krieg gegen Drogen besonders populär ist.
Eine Behauptung, die Sison in seinem öffentlichen Angriff auf mich aufstellt, lautet, es sei „eine glatte Lüge“, dass die CPP das Duterte-Regime unterstützt habe. Sison schrieb: „Nur ein Trotzkist kann Friedensverhandlungen zwischen zwei Kriegsparteien als Unterstützung für Duterte und als Verrat am Volk interpretieren.“ Um es klar zu sagen: Das ist nicht mein Argument. Ich greife weder die Friedensverhandlungen an, noch behaupte ich, dass dies die Art und Weise gewesen sei, wie die Partei Duterte unterstützt hat. Wie ich zeigen werde, war ihre Unterstützung viel offensichtlicher und gründlicher.
Folgenden Satz aus der Erklärung von Sison möchte ich herausgreifen: „Es ist eine glatte Lüge, dass die CPP das Duterte-Regime bei seinen außergerichtlichen Tötungen armer Menschen zwei Jahre lang unterstützt hat.“ Ich möchte, dass Sie diese Formulierung im Hinterkopf behalten, wenn ich die historischen Beweise der Reihe nach vorlege.
In diesem Vortrag möchte ich mich vor allem auf eine Reihe aufschlussreicher historischer Parallelen zu einer früheren Periode konzentrieren, nämlich die Zeit von 1969 bis 1972 und den Aufstieg von Ferdinand Marcos zur Macht. Angesichts der Tatsache, dass Sison ausdrücklich behauptet hat, es sei eine Lüge, dass die CPP das Duterte-Regime unterstützt habe, halte ich es für notwendig, zunächst die historischen Dokumente im Detail zu prüfen.
Viele meiner Zuhörer werden sich bestimmt daran erinnern, dass die Nationaldemokratische Bewegung und die CPP bei Dutertes Amtsantritt ziemlich begeistert von ihm waren. Diese enthusiastische Unterstützung wird nun ständig verleugnet. Man sagt uns, dies habe niemals stattgefunden. Neulich machte ein Kommentator auf meiner Facebook-Seite eine Bemerkung, die ich besonders treffend fand. Er sagte: „Es fühlt sich an, als würden wir gedopt.“ Ich denke, da ist etwas Wahres dran.
Bevor ich die Beweise der Reihe nach vorlege, möchte ich noch einen Punkt ansprechen: Ich weiß nicht, wer Mitglied der Partei ist und wer nicht, und ich lege darauf auch wenig Wert. Darüber bin ich nicht informiert, und wenn es doch so wäre, würde ich das hier nicht sagen. Abgesehen von den öffentlich bekannten Persönlichkeiten der Partei ist mir dazu nichts bekannt.
Wir wissen jedoch, dass es auf den Philippinen eine breite Massenbewegung gibt, die in einer Reihe von Gruppen organisiert ist, von denen die Mehrheit eine gemeinsame politische Perspektive und Orientierung hat. Ich behaupte nicht, dass diese Organisationen heimlich von der Kommunistischen Partei kontrolliert werden. Ich werde sie nicht anprangern. Ich behaupte vielmehr, dass sie mit der Partei eine gemeinsame politische Linie teilen. Ich werde das Wesen dieser politischen Linie sehr ausführlich untersuchen, aber letztlich besteht sie darin, nach dem fortschrittlichen Flügel der nationalen Bourgeoisie zu suchen, um sich mit diesem zu verbünden.
Nicht nur hat die Nationaldemokratische Bewegung diese Ausrichtung, die sie mit der CPP teilt, immer gehabt, sondern sie hat sich immer irgendwie mit den gleichen Kräften verbündet, die auch die Partei als fortschrittlich bezeichnete.
Wer ist Rodrigo Duterte? Duterte war in den 1960er Jahren Mitglied der Jugendorganisation der Kommunistischen Partei der Philippinen. In den 1980er Jahren war er ein führendes Mitglied von BAYAN, einem Teil der Nationaldemokratischen Bewegung. Wir wissen das, weil Joma Sison es selbst gesagt hat. Duterte stieg in der südphilippinischen Stadt Davao zur Macht auf, wo er schnell als eine besonders bösartige politische Figur bekannt wurde: als Anführer der Todesschwadronen. Aufgrund seines Renommees holte ihn die damalige Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo in ihre Anti-Verbrechenskommission. Duterte sprach auf dem Anti-Kriminalitäts-Gipfel 2002 und stellte fest: „Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren sind nach wie vor der effektivste Weg, um Entführungen und illegale Drogen einzudämmen.“
Ich möchte nur einige Aussagen von Duterte herausgreifen, die ich ausgewählt habe, weil ich deutlich machen möchte, dass es 2016 keine wundersame Verwandlung Dutertes in eine faschistische Figur gegeben hat. Seine Bilanz lag bereits klar zutage.
Der UN-Sonderberichterstatter, der die Todesschwadronen in Davao unter Duterte untersuchte, hat erklärt: „Niemand, der an den Morden der Bürgerwehr beteiligt war, verdeckte sein Gesicht.“ Mit anderen Worten, diese Handlungen wurden offiziell gebilligt. Jeder wusste das. Der Beweis sind Hunderte Leichen, die im Laufe des Jahrzehnts gezählt wurden, als Duterte Bürgermeister war.
Die Nationaldemokratische Bewegung leistete dagegen keinen Widerstand. Luz Ilagan, eine Kongressabgeordnete der Organisation Gabriela in der Nationaldemokratischen Bewegung, würdigte in einer 2009 in der Manila Times veröffentlichten Erklärung die Rolle, die Duterte als Bürgermeister spielte, mit folgenden Worten: „Der Bürgermeister verdient unsere Unterstützung. Wer nicht in der Stadt wohnt, kann nicht würdigen, was der Bürgermeister geleistet hat, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, die wir genießen. Dutertes Führungsstil hat dafür gesorgt, dass wir sicher und geborgen sind.“
Es steckt ein Körnchen Wahrheit in dieser Aussage. Im Laufe der Amtszeit Dutertes als Bürgermeister waren kaum Mitglieder der Nationaldemokratischen Bewegung unter den Opfern der Bürgerwehr, keine Aktivisten. Tatsächlich wurden nicht einmal die CPP und die NPA ins Visier genommen. Die Zielobjekte waren die Armen, genau die gleichen Schichten, die heute unter seiner Präsidentschaft leiden.
Machen wir einen Sprung ins Jahr 2015. Jetzt hat Duterte die nationale Bühne betreten. Er wurde, wie man auf den Philippinen sagt, „präsidentenfähig“. Im Januar 2015 veranstaltete Duterte eine Pressekonferenz vor einer Fahne mit Hammer und Sichel, die die CPP-NPA für ihn gehisst hatte. Er kündigte an, dass er im Falle seiner Wahl den Kongress abschaffen, das Staatsvermögen, einschließlich der Sozialversicherung, privatisieren und eine Koalitionsregierung mit der CPP bilden werde. Er versprach, Joma Sison zum Leiter des dann privatisierten Amts für Sozialhilfe zu ernennen. Sison, der Gründer der Kommunistischen Partei, reagierte auf Facebook: „Bürgermeister Duterte sollte Präsident werden.“
Wohlgemerkt: Es ist eine glatte Lüge, dass die CPP Duterte unterstützt hat!
25. Mai 2015: In einem Radiointerview wurde Duterte mit einem Bericht von Human Rights Watch konfrontiert, wonach Ende der 1990er Jahre in seiner Stadt Todesschwadronen über 1.000 Menschen getötet hatten. Er antwortete stolz, er sei der Leiter der Todesschwadronen gewesen, und darauf gab er eine Erklärung ab, die berüchtigt wurde: „Wenn ich Präsident werde, wird diese Zahl 100.000 betragen. Ich werde die Leichen an die Fische in der Bucht von Manila verfüttern.“
Ich muss erwähnen, dass ein Großteil der Presse und viele Politiker, die dies als Eingeständnis der Massenmorde, als empörende politische Äußerung und als ausdrückliche Warnung hätten verstehen müssen, mit der Behauptung reagierten, Duterte mache Witze. Aber wenn die Schätzung von 30.000 Opfern, die ich vorhin in diesem Vortrag erwähnt habe, auch nur annähernd zutrifft, dann ist Duterte dabei, sein Versprechen einzulösen.
Im Juli 2015 fand eine Gedenkfeier für einen verstorbenen Führer der Neuen Volksarmee (NPA, bewaffneter CPP-Flügel) statt, einen Mann namens Leoncio Pitao, bekannt als Ka Parago. Diese Feier fand in Davao statt. Man versuchte nicht, das Ereignis geheim zu halten; es gab keine Sicherheitsbedenken. Zu Ehren dieses „Revolutionsführers“ versammelte die CPP eine gewaltige Menschenmenge. Die Bühne trug Transparente mit Parteislogans wie: „Es lebe die Vereinigte Front! Lang lebe die Kommunistische Partei der Philippinen!“ In der Mitte der Bühne sind Hammer und Sichel zu sehen, wie auch eine Darstellung von Armalite-Gewehren. Zweifellos sang man die Internationale, und dann bat die Partei als ihren Gastredner Rodrigo Duterte nach vorn. Der Leiter der Todesschwadronen, der einen Monat zuvor öffentlich verkündet hatte, dass er den Mord an 100.000 Menschen anordnen werde, wurde von der Kommunistischen Partei zur Ehrung eines ihrer Führer auf die Bühne gebeten.
Zur Erinnerung: Es ist eine glatte Lüge, dass die CPP Duterte unterstützt hat!
Die Partei ließ in Davao Graffiti anbringen, die den bewaffneten Kampf verherrlichten und an Pitao erinnerten. Neben einem Bild von Pitao prangte Rodrigo Duterte.
Als im Jahr 2016 die Wahl näher rückte und der Stichtag für die Bekanntgabe der Präsidentschaftskandidaturen anstand, tat Duterte in seiner gewohnt sprunghaften Art und Weise etwas Seltsames. Er zog sich zurück und gab bekannt, dass er für das Präsidentenamt nicht kandidieren werde. Statt seiner wurde ein eher unbedeutender Mann, Martin Diño, zum Kandidaten der Partei gewählt.
Auf der Suche nach einem passenden Präsidentschaftskandidaten stieß die Nationaldemokratische Bewegung auf Grace Poe, die sie bereits 2013 für den Senat aufgestellt hatte. An ihrer Seite kandidierte Neri Colmenares, die Kandidatin der Makabayan-Koalition für den Senat.
Plötzlich verkündete Duterte mit Gespür für Dramatik, er habe beschlossen, sich doch wieder am Rennen zu beteiligen. Diño trat zurück, und Duterte begann seinen Wahlkampf für das Präsidentenamt. Dies stellte die Nationaldemokratische Bewegung vor eine Herausforderung, denn sie hatte offiziell schon die Verbindung zu Poe hergestellt und war jetzt verpflichtet, den Wahlkampf mit ihr und für sie zu betreiben.
Dennoch setzten sich auf Mindanao und im gesamten Süden der Philippinen die Anakbayan, die Anakpawis und die ihnen angeschlossenen Organisationen nicht für Poe, sondern für Duterte ein. Wahlkampf-Lastwagen fuhren in der gesamten Region mit Plakaten herum, die für Anakpawis, Neri Colmenares und Rodrigo Duterte warben.
Dafür verantwortlich waren die prominenten Führer der Nationaldemokratischen Bewegung von Davao, insbesondere der Anakpawis-Vertreter Ayik Casilao. Bilder von Anakpawis, die von seiner eigenen Facebook-Seite stammen, zeigen ihn in diesem Wahlkampf mit nach vorne gestreckter Faust, Dutertes Markenzeichen.
Die Kandidaten der Nationaldemokratischen Bewegung aus Mindanao, Casilao und Carlos Zarate (Bayan Muna), unterzeichneten im Mai eine öffentliche Erklärung, in der sie „Duterte nach seiner Wahl zum Präsidenten unsere volle Unterstützung“ zusicherten.
Einige Vertreter der Bayan Muna in Manila waren erstaunt über die Geschwindigkeit, mit der die Nationaldemokratische Bewegung dazu überging, Duterte zu unterstützten, obwohl sie sich doch für Poe entschieden hatte. Im Mai kritisierte Sison diese Parteimitglieder öffentlich auf Facebook. Er schrieb: „Man greift Kapitalisten nicht einfach an (…) Wir können mit nationalistischen Kapitalisten zusammenarbeiten, so wie wir mit Kompradoren diskutieren und sie überzeugen (…) Unsere Flitterwochen beginnen gerade erst. Wir reden mit ihm. Er hat uns Positionen angeboten.“
Am 10. Juni 2016 hielt Sison eine besonders abscheuliche Rede vor versammelten Jugendführern aus einem breiten Spektrum von Organisationen. Er behauptete: „Der Bürgermeister der Stadt Davao, Duterte, hat die Rolle der Frauen im öffentlichen Leben anerkannt und gewürdigt, Einrichtungen für Frauen und Kinder in Not geschaffen und seine Abscheu vor Gewalt gegen Frauen unter Beweis gestellt.“ Das ist eine widerliche Lüge!
Duterte ist für seine „Vergewaltigungswitze“ berüchtigt – Witze in der Art, dass er Männer nach einer Vergewaltigung beschimpft, weil sie ihn nicht als Ersten dran ließen. Bei seinen Pressekonferenzen pfeift er Reporterinnen hinterher. Später, als die CPP sich schließlich mit Duterte zerstritten hatte, forderte er das Militär in einer Rede auf, bei Angriffen auf weibliche CPP-Mitglieder diesen in die Vagina zu schießen.
Das ist kein Mann, der „seine Abscheu vor Gewalt gegen Frauen unter Beweis gestellt hat“.
Ich möchte hinzufügen, dass Sison nicht sehr glaubwürdig ist, wenn er über die Verteidigung der Frauenrechte spricht. Die Partei pflegte Jahrzehnte lang weibliche Kader zu disziplinieren, wenn diese vorehelichen Sex hatten. Damit wollte sich die Führung bei ihren Verbündeten in der katholischen Kirche lieb Kind machen. Die politische Führung schloss Frauen reihenweise aus ihren Gremien aus.
Sison fuhr in seiner Rede vom 10. Juni 2016 vor Jugendführern fort:
„Eine Art Koalitionsregierung zwischen der Partei und der Regierung Duterte ist in Sicht, an der die Kommunistische Partei unter anderen patriotischen und fortschrittlichen Kräften beteiligt sein wird. Dies ist eine Regierung der nationalen Einheit, des Friedens und der Entwicklung (…) Daher stellt sich die Frage, ob die nationale demokratische Revolution auch ohne einen Volkskrieg vollendet werden kann (…)“
Nun, diese Frage hat er nicht beantwortet, aber er unterbreitete einen Vorschlag, was genau mit der Neuen Volksarmee im Falle einer Koalitionsregierung mit Duterte geschehen solle.
„Unter Bedingungen von Frieden und Entwicklung können revolutionäre bewaffnete Einheiten zu Hütern der Umwelt und Industrie werden. Es ist zulässig, die Streitkräfte zu integrieren.“
Ein großer Teil der Kader der Neuen Volksarmee, die zu den Waffen gegriffen haben, weil sie glaubten, für eine bessere Welt zu kämpfen, sind noch junge Menschen. Diese Jugendlichen sind zu der Überzeugung gelangt, dass es keine andere Lösung für die extreme Armut im Land gibt. Viele von ihnen haben ihr Leben geopfert.
Sison erklärte also, der bewaffnete Flügel der Partei, einschließlich der idealistischen und opferbereitesten Jugendlichen, sollten in eine Security in der Industrie umgewandelt werden. Beachten Sie, dass Sison diesen Übergang in einer nationalen Demokratie annimmt, und nicht im Sozialismus. Es handelt sich also um private kapitalistische Unternehmen, in denen die Volksarmee als Security eingesetzt werden soll. Er argumentierte ferner, dass die Kader der Nationalen Volksarmee in die philippinischen Streitkräfte integriert werden könnten, in eine Armee, die seit Jahrzehnten für Unterdrückung, brutale Folter und den Mord an Parteikadern verantwortlich ist.
Unter der neu gewählten Regierung Duterte dauerte es nicht lange, bis die Präsidentschaft ihr wahres Wesen zeigte. Agence France Presse schrieb am 12. Juni: „Bewaffnete Polizeikräfte haben überall in der philippinischen Hauptstadt weinende Kinder, verwirrte Betrunkene oder zerlumpte Männer festgenommen. Die nächtliche Blitzaktion ist ein autoritärer Vorgeschmack auf das Leben unter dem neuen Präsidenten Rodrigo Duterte. Eltern von Kindern, die nachts auf der Straße aufgegriffen wurden, hat man eingesperrt.“ In der ersten Woche der neuen Regierung häuften sich die Toten. Die Leichen der Opfer wurden neben blutigen Pappschildern in den Straßen zurückgelassen; Bilder des Gemetzels erschienen auf den Titelseiten der philippinischen Presse.
Die Nationaldemokratische Bewegung ließ es nicht dabei bewenden, Duterte zu unterstützen. Sie befürwortete auch seinen Krieg gegen Drogen. Einstein Recedes, Generalsekretär von Anakbayan, schrieb am 26. Juni: „Wir glauben, dass Dutertes Krieg gegen gefährliche Drogen und Kriminalität für die Armen ein Segen ist.“
Renate Reyes, Generalsekretär von Bayan, schrieb am 4. Juli: „Um es deutlich zu sagen: Er ist ein Verbündeter.“ Er gab zwar zu, dass Bayan „Differenzen“ mit Duterte habe, doch argumentierte er, dass „die Allianz geschwächt worden wäre, wenn man jedes Mal, wenn der Präsident im vergangenen Monat etwas Unerfreuliches gesagt hatte, sofort konfrontativ reagiert hätte“. Er appellierte an seine Leser: „Wir sollten ihm zumindest eine Chance geben.“
Dies war es, was die Nationaldemokratische Bewegung umtrieb: Würde sie die Öffentlichkeit warnen, dass Duterte faschistische Massenmorde entfesselte, dann würde dies ihr Bündnis mit dem Präsidenten schwächen.
Bayan gab anlässlich der Amtseinführung Dutertes eine Erklärung ab, „Die Hundert-Tage-Agenda des Volkes“, in der es heißt: „Das philippinische Volk ist begeistert von Dutertes nationalistischen und volksfreundlichen politischen Verlautbarungen.“
Nach Dutertes Antrittsrede wurden ihre Vertreter im Präsidentenpalast von Malacañang empfangen, wo sie ihm die Erklärung überreichten und für die Presse mit dem Präsidenten zusammen mit erhobenen Fäusten posierten.
Sison hielt eine Rede, die mit dem Ausruf endete: „Lang lebe Präsident Duterte!“
Wir erinnern noch einmal daran: Es ist eine glatte Lüge, dass die CPP Duterte unterstützt hat!
Als Duterte seine Rede zur Lage der Nation hielt, war es eine weitschweifige, vulgäre Rede in einem Stil, der uns heute leider nur allzu vertraut ist. Ein Teil seiner Rede richtete sich direkt an das Militär und die Polizei. „Ich muss diese Idioten, die mein Land zerstören, abschlachten“, erklärte er. „Ich habe dem Militär gesagt, wenn Sie die [Kriminellen] sehen, erschießen Sie sie, selbst wenn sie sich mit einer weißen Fahne ergeben. Das gilt nur im Krieg, nicht für Kriminelle. Erschießt sie, zeigt keine Gnade.“ Anakbayan schrieb darauf, Dutertes Rede zur Lage der Nation sei ein „frischer Wind“.
Am 26. Juni 2016 schrieb Ang Bayan, das Hausorgan der Kommunistischen Partei der Philippinen: „Das Volk wird die Schritte, die Duterte gehen wird, um die Drogensyndikate zu beseitigen und zu bestrafen, voll und ganz unterstützen.“ Zwei Wochen später, am 7. Juli, erklärte Ang Bayan: „Die CPP begrüßt Dutertes Aufruf zur Zusammenarbeit mit den revolutionären Kräften gegen den weit verbreiteten Drogenhandel.“ Luis Jalandoni erklärte im August in Ang Bayan: „Die Beziehungen zwischen der revolutionären Bewegung und Duterte sind ausgezeichnet.“
Duterte hielt am 1. Juli eine Rede vor den philippinischen Streitkräften, in der er einen Appell an die Neue Volksarmee der CPP richtete. „Nutzen Sie Ihre Feme-Gerichte, um sie [die mutmaßlichen Drogendealer] zu töten und die Lösung unseres Problems zu beschleunigen.“ Die CPP antwortete am nächsten Tag mit einer Erklärung unter dem Titel: „Antwort auf Präsident Dutertes Aufruf zur Zusammenarbeit bei der Drogenbekämpfung“. Darin heißt es: „Die Partei begrüßt den Aufruf von Präsident Duterte zur Zusammenarbeit mit den revolutionären Kräften gegen den weit verbreiteten Drogenhandel.“ Die CPP erklärte ausdrücklich, sie teile die Verurteilung des illegalen Drogenhandels durch Präsident Duterte.
Nun war ein Monat vergangen und die Zahl der Leichen ging bereits in die Hunderte. Mit ausdrücklicher Sanktion des Präsidenten erschoss die Polizei jeden, der sich der Verhaftung widersetzte. Die CPP folgte dem Beispiel. So heißt es in ihrer Erklärung: „Die Nationale Volksarmee ist bereit, den Kampf mit jedem aufzunehmen, der sich der Verhaftung mit bewaffneter Gewalt widersetzt.“
Am nächsten Tag wurde Sison von einem CNN-Team interviewt. Vor einem internationalen Publikum kündigte er an, dass die Partei gewaltsam gegen mutmaßliche Drogenhändler vorgehen werde. Auf die Frage, wie Verdächtige vor den Gerichten der Nationalen Volksarmee ein ordentliches Verfahren bekommen könnten, sagte er, bevor die „revolutionäre Justiz“ ihres Amtes walte, lege ein „Volksstaatsanwalt“ Beweise vor in Form von Zeugenaussagen.
Die Partei hat eine lange und blutige Tradition der „revolutionären Justiz“ und der „Volksgerichte“. In den 1980er Jahren führte die Partei, angeblich auf der Jagd nach tief eingedrungenen Militäragenten, umfangreiche interne Säuberungen gegen eigene Mitglieder durch. Auf der Grundlage von „Zeugen“-Aussagen, die unter Folter erpresst worden waren, ermordete die CPP fast 1.000 ihrer eigenen Kader.
Erinnern Sie sich noch einmal an Sisons Behauptung: „Es ist eine glatte Lüge, dass die CPP das Duterte-Regime unterstützt hat!“ Ich hoffe, es ist Ihnen inzwischen klar geworden, was tatsächlich eine glatte Lüge ist: Es ist eine glatte Lüge, dass die CPP Duterte nicht unterstützt hat.
Diese Unterstützung und ihre anschließende Rücknahme, die mit Lügen erst gerechtfertigt und dann vertuscht wird, weisen ein bekanntes Muster auf, das wir aus der Parteigeschichte kennen. Diesen Punkt möchte ich klar herausstellen. Die Führung hat die gesamte Parteigeschichte verfälscht. Sollten Sie aus diesem Vortrag auch nur eine einzige Erkenntnis gewinnen, dann muss es ein leidenschaftlicher Appell für die historische Wahrheit sein.
Ich möchte noch auf einen weiteren Vorfall eingehen, bei dem die Partei und die Nationaldemokratische Bewegung Duterte unterstützen. Ich halte ihn für besonders unerfreulich.
Im Namen der Kabataang Makabayan (KM), der Nationalistischen Jugend, die in der Zeit vor dem Kriegsrecht der Jugendflügel der Kommunistischen Partei war, verliehen die Nationaldemokratische Bewegung und die CPP Rodrigo Duterte den „Gawad-Supremo-Preis“ in Anerkennung seines Nationalismus‘. Der „Gawad-Supremo-Preis“, die höchste Auszeichnung des Kabataang Makabayan, wurde an zwei – und nur an zwei – Personen vergeben: Rodrigo Duterte und Jose Maria Sison.
Die jungen Menschen, die sich Kabataang Makabayan anschlossen, waren in mehrfacher Hinsicht die besten Schichten einer ganzen Generation. Sie waren bereit, persönliche Opfer zu bringen und unermüdliche Arbeit zu leisten. Schon als ich die Geschichte vor der Zeit der Marcos-Diktatur durchforstete, habe ich diese jungen Menschen bewundert, die Engagement und Hingabe zeigten. Gleichzeitig hat das, was ihre Führung mit ihnen anstellte, in mir tiefe Abscheu hervorgerufen.
Die Verleihung des Gawad Supremo an Rodrigo Duterte erscheint mir wie ein letzter Verrat. Man hat die Opfer derer, die vor fünfzig Jahren gegen die Diktatur gekämpft haben, und all ihr Leid in ein geschmackloses Verdienstabzeichen gegossen, und dieses hat man schließlich im Interesse eines politischen Bündnisses einem faschistischen Totschläger auf die Brust geheftet.
Ich möchte mich der Geschichte zuwenden. Was war die Kabataang Makabayan? Was sind die historischen Wurzeln des Bündnisses der Partei mit Duterte? Gibt es aufschlussreiche Parallelen, die uns helfen können, die Gegenwart zu verstehen?
Meine Darstellung beginnt mit Joma Sison selbst. Dabei gehen die Ereignisse, mit denen wir uns befassen, keineswegs von einer einzelnen Person aus, und die Geschichte, um die es geht, reicht lange vor Sison zurück. Die Wurzeln unserer Geschichte gehen zurück bis auf die Gründung der Partido Komunista ng Pilipinas (PKP), einer früheren stalinistischen Partei. Ich werde gleich genau erklären, was ich unter Stalinismus verstehe. Die PKP wurde in den 1930er Jahren gegründet, sie baute einen großen Bauernflügel auf und führte einen Bauernaufstand an, den sogenannten Huk-Aufstand, der gegen die japanische Besatzung und später gegen den neuen unabhängigen Staat kämpfte. In den 1950er Jahren ging sie weitgehend in den Untergrund. Auf diese Geschichte kann ich hier nicht näher eingehen.
In meinem heutigen Vortrag möchte ich mich auf die Geschichte der Spaltung der PKP konzentrieren, die zur Gründung der CPP führte, und darauf, wie beide Parteien, so meine ich, die Verhängung des Kriegsrechts erleichtert haben. Bei der Wiedergeburt der PKP aus ihrem Dornröschenschlaf, den sie seit den 1950er Jahren führte, bei der Spaltung und bei der Gründung einer neuen Partei spielte keine Person eine wichtigere Rolle als Jose Maria Sison.
Sisons Hintergrund ist besonders aufschlussreich. Er stammt aus einer sehr wohlhabenden Familie. Sein Urgroßvater Don Leandro Serrano kontrollierte im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts das größte Landgut im Norden Luzons. Sison selbst berichtete, dass sein Urgroßvater 80 Prozent seiner Heimatstadt und große Teile von vier weiteren Gemeinden besessen habe. Mit den Gewinnen, die er aus dem Besitz zog, baute er „das größte Herrenhaus in der Provinz. Mit 25 Räumen soll es eine Gesamtfläche von 5.000 Quadratmetern gehabt haben, nicht eingerechnet einen Speisesaal, der Hunderten von Gästen Platz bot, eine Kapelle und ein vierstöckiges Lagerhaus, das größte in der Provinz.“ Die Beschreibung stammt aus Sisons eigenen Memoiren, die auf der Grundlage von Interviews mit ihm verfasst wurden.
Don Gorgonio Sison, der Großvater von Joma Sison, heiratete eine Tochter Don Leandros. Dieser war der letzte Gobernadorcillo von Cabugao unter dem spanischen Kolonialregime. Während der kurzen Zeit, in der die philippinische Republik existierte, war er Gemeindepräsident der Stadt und schaffte es unter den Amerikanern, seine Position zu behalten, indem er Bürgermeister von Cabugao wurde.
Bis zum Jahr 1921 umfasste der Besitz der Familie Sison riesige Tabakbestände, die von einer Armee von Pachtbauern bewirtschaftet wurden. Sisons Familie verkörperte die Herrschaft feudaler Privilegien. Sie hatte bäuerlichen Kunden und weitläufigen Landbesitz, der durch Eheschließungen ergänzt und aufgeteilt wurde. Sison befand sich im Zentrum ausgedehnter familiärer Verbindungen. Zwei seiner Onkel waren Kongressabgeordnete, einer war der Erzbischof von Nueva Segovia und sein Großonkel war der Gouverneur. Einer seiner anderen Onkel war der Präsident der Universität der Philippinen, ein weiterer Onkel Leiter der Wahlkommission (COMELEC). Die vorderen Kirchenbänke in der Sonntagsmesse waren für seine Familie reserviert. Bäuerliche Pächter kamen jeden Tag zum Haus, um die Pacht für das Land abzuliefern und um Saatgut zu erhalten, um niedere Arbeiten rund um das Haus zu verrichten und um Nachsicht zu erbitten. All dies prägte Sisons Psychologie.
Seine Mutter gab im Jahr 1970 der Zeitschrift Graphic Weekly ein charmantes Interview, in dem sie sagte, dass ihr Sohn, den sie Cheng nannte, „die Dienstmädchen herumkommandierte, mehr als jedes andere meiner Kinder. Dienstmädchen mussten ihn ständig bedienen. Er hat nie etwas allein getan. Sogar im Badezimmer rief er die Bediensteten, um ihm sein Handtuch, seine Kleider zu geben.“
Diese Welt der Privilegien war jedoch im Verschwinden begriffen. Don Leandros Besitz gründete auf Reis, Tabak, Indigo und Maguey. Diese Waren liefen im 20. Jahrhundert schlecht. Während Zucker zu einer Monokulturware von immenser globaler Bedeutung wurde, haben synthetische Farbstoffe und synthetisches Gewebe Indigo und Maguey ersetzt. Das Zentrum der Reisproduktion verlagerte sich weitgehend in die Provinz Nueva Ecija. Der Tabak, der jetzt die Familienbetriebe dominierte, konnte ihnen den früheren Reichtum nicht ersetzen.
Um den Familienbesitz zu sichern, schrieb Sisons Vater Salustiano im Jahr 1949 einen Brief an seinen Onkel Vicente Mallari. Er bat ihn, dem Innenminister mitzuteilen, dass er daran interessiert sei, „Geheimagent“ der Regierung zu werden. Dieser Brief befindet sich in der Universität von Hawaii in der Sammlung von Sisons Bruder, Ramon Sison. Salustino Sison schrieb:
„Ich habe aus zuverlässigen Quellen erfahren, dass Sekretär Sotero Baluyut Geheimagenten für das Innenministerium beschäftigt, um die gegenwärtige Kampagne gegen Dissidenten in Zentral-Luzon und anderen Teilen der Philippinen zu führen.“ Dies bezog sich auf den Huk-Aufstand. Sisons Vater wollte den Familienbesitz verteidigen, indem er Geheimagent wurde und die Huk-Rebellion unterdrückte.
Das Schwinden der finanziellen Mittel der Familie führte dazu, dass Sisons Horizonte sich etwas verengten. Er war zwar immer noch ein Kind von Privilegien, aber er und seine Geschwister führten nun ein weniger feudales, mehr städtisches Leben mit eingeschränkten Mitteln. Sie waren, mit einem Wort, kleinbürgerlich geworden.
Sisons Geschwister wurden Ärzte, Zahnärzte und Technokraten in der Marcos-Regierung, und Sison selbst strebte danach, „Anwalt zu werden, nach Harvard zu gehen und eine politische Führungsrolle zu übernehmen“. Er setzte seine Grund- und weiterführenden Studien an der Universität der Philippinen fort, deren Präsident sein Onkel Vicente Sinco war. Sinco stellte sicher, dass das Studium seines Neffen von der International Cooperation Agency (ICA), dem Vorgänger von USAID, finanziert wurde.
Die politischen Ansichten, die Sison während seiner Studienzeit entwickelte, waren vor allem von den Ideen von Claro M. Recto geprägt.
Recto beeinflusste in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren mit seinen Reden, in denen er zum „nationalistischen Kapitalismus“ aufrief, eine ganze soziale Schicht. Er sprach ein grundlegendes Problem an, mit dem die Wirtschaft der Philippinen konfrontiert war, so wie die aller Länder mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung. Das internationale Finanzkapital und vor allem amerikanische Konzerne dominierten die philippinische Wirtschaft und gestalteten sie nach ihren Interessen. So artikulierte Recto recht eloquent die Interessen der philippinischen Kapitalisten.
Typisch ist eine Rede, die Recto am 24. Februar 1957 vor den Cavite Jaycees hielt. Er forderte darin „die Industrialisierung des Landes durch philippinische Kapitalisten, und nicht nur die Verhinderung der Industrialisierung durch ausländische Kapitalisten; die Ausbeutung unserer natürlichen Ressourcen durch philippinisches Kapital; die Entwicklung und Stärkung des philippinischen, und nicht des ausländischen Kapitalismus; die Erhöhung des nationalen Einkommens, aber nicht so, dass es überwiegend zum Nutzen von Nicht- Philippinern verwendet wird“.
Dies war Rectos grundlegendes Anliegen: die Entwicklung des philippinischen Kapitalismus. Maßnahmen in dieser Richtung wurden durch die „Philippiner zuerst“-Politik der Regierung Garcia ergriffen. Da die Privilegien des amerikanischen Kapitals auf den Philippinen von Washington in den Gesetzen seiner ehemaligen Kolonie juristisch verankert worden waren, traf die „Philippiner zuerst“-Politik überwiegend die chinesische Geschäftswelt. Sie wurde zum Sündenbock gemacht, und ihr Vermögen wurde ihr entzogen.
Am Ende wurde keine der Fragen gelöst, die Recto hinsichtlich der Entwicklung des philippinischen Kapitalismus angesprochen hatte. Die Jugendlichen, die sich von der Recto-Perspektive angezogen fühlten, begannen zu erkennen, dass die Verwirklichung seiner Vision erforderte, eine hinter dieser Perspektive stehende Massenbewegung anzustoßen. Es reichte nicht aus, dass es das Programm der Kapitalisten blieb, es musste ein Programm der breiten Masse der Bevölkerung werden.
Im Jahr 1965, kurz nach der Gründung von Kabataang Makabayan (KM) und kurz bevor Sison die KM anwies, Ferdinand Marcos zu unterstützen, hielt Sison eine Rede vor der US-Botschaft, in der er, wie das Manila Bulletinberichtet, seinen Zuhörern erklärte: „Wir stehen auf der Seite der philippinischen Kapitalisten“. Dies war seine grundlegende Perspektive.
Diese Perspektive arbeitete er in einer Rede mit dem Titel „Der Nationalist als politischer Aktivist“, die er 1966 hielt, sehr deutlich heraus. Er erklärte seinen Zuhörern, dass die philippinische Gesellschaft in drei Flügel geteilt sei.
„Bezüglich Klassentendenzen, materiellen Interessen und ihrer Ideologie umfasst der linke Flügel die Arbeiterklasse und die Bauernschaft. Der mittlere Flügel umfasst drei Schichten der so genannten Mittelschicht, und diese drei Schichten können selbst als links, mittig und rechts innerhalb des mittleren Flügels beschrieben werden. Der linke mittlere Flügel wird von der Intelligenz und selbständigen Kleingrundbesitzern besetzt, die wir als Kleinbürgertum bezeichnen können; in der mittleren Mitte stehen die nationalistischen Unternehmer, die wir als nationales oder mittleres Bürgertum bezeichnen können; und in der rechten Mitte finden sich die Kaufleute, die zum Teil Investoren sind, welche in die lokale Industrie investieren, und zum Teil auch Kompradoren. Der rechte Flügel besteht aus den anti-nationalistischen Kräften, wie den Kompradoren, den Grundbesitzern sowie ihren eifernden Intellektuellen und politischen Agenten.“
Was ist die politische Aufgabe der Massenbewegung? Sison fuhr fort:
„Um das Gleichgewicht zu kippen und den rechten Flügel, der sich aus den Feinden des Fortschritts und der Demokratie zusammensetzt, zu isolieren, ist es daher notwendig, dass die wichtigsten und stärksten Kräfte, die Arbeiter und die Bauern, sich mit der Intelligenz, den Kleingrundbesitzern und den unabhängigen Handwerkern vereinen, die nationalistischen Unternehmer für sich gewinnen und zumindest die Kräfte der rechten Mitte neutralisieren. Die daraus resultierende Einheit nennen wir die nationalistische oder antiimperialistische und antifeudale Einheit.“
Die grundlegende Aufgabe der Arbeiter und Bauern, der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, bestand also nicht darin, für ihre eigenen unabhängigen Interessen zu kämpfen, sondern die „mittlere Mitte“ – die nationalistische Bourgeoisie – für sich zu gewinnen.
Dies ist eine Sache, die sich nicht leicht verkaufende lässt. Sison warb praktisch für die Trickle-down-Wirtschaftstheorie. Diesen Namen trug sie damals noch nicht, denn noch war die Ära Reagan nicht angebrochen. Recto jedoch hatte behauptet – und in Sisons frühen Aussagen findet sich das wieder – dass man durch eine Unterstützung der philippinischen Kapitalisten die Lebensverhältnisse aller, auch der Arbeiterklasse, verbessern könne. Man muss es offen zugeben: Die Aufforderung an einen Arbeiter: „Unterstütze deinen Chef, das wird gut für dich sein“, ist kein wirksamer Slogan, auf dem man eine Massenbewegung aufbauen kann.
Nach seinem Studienabschluss ging Sison nach Indonesien. Unterstützt wurde er dabei von einem Mitglied der Kommunistischen Partei Indonesiens namens Bakri Ilyas. In Indonesien arbeitete Sison eng mit der großen Partai Komunis Indonesia (PKI) zusammen, und im Laufe seines halbjährigen Aufenthalts in diesem Land lernte er das, wie ich es nenne, Programm des Stalinismus kennen. Erlauben Sie mir, genauer zu erklären, was ich damit meine.
Der Stalinismus ist nicht einfach der Mechanismus, der allgemein mit den Schauprozessen, den Säuberungen, dem Kult des großen Führers in Verbindung gebracht wird. Diese Dinge sind Teil des Stalinismus, aber sie sind seine notwendigen Ausdrucksformen und nicht der Kern der Sache. Der Stalinismus ist in erster Linie ein politisches Programm. Die historischen Daten belegen dies in höchstem Maße.
Der Stalinismus war ein politisches Programm, das die Interessen der herrschenden Bürokratien artikulierte, zunächst in Moskau und später in Peking. Diese gesellschaftlichen Schichten, deren wichtigster Vertreter Stalin war, bekamen das Gefühl, dass ihren Interessen nicht am besten durch die Förderung der sozialistischen Weltrevolution, sondern durch die Entwicklung der Volkswirtschaft der UdSSR gedient war. Es war diese nationale Wirtschaft, die ihre Privilegien finanzierte und stabilisierte. Zu diesem Zweck schlugen sie eine politische Linie vor, die dem Marxismus, wie er bis dahin bestand, auf ganzer Linie widersprach: etwas, das sich Lenin nie hätte träumen lassen: Sozialismus in einem Land. Die Bürokratie argumentierte, dass man den Sozialismus innerhalb der Grenzen eines einzigen Landes aufbauen könne.
Das Konzept des Marxismus war, dass der Sozialismus einen Schritt über den Kapitalismus hinausgehen und somit auf den höchsten Errungenschaften des Kapitalismus aufbauen müsse. Und zu diesen Errungenschaften gehörte auch die Schaffung des Weltmarktes. Der Sozialismus konnte also nur im globalen Maßstab erreicht werden. Doch die Perspektive, die von der Sowjetführung unter Stalin vorgebracht wurde, entsprach dem nicht mehr. Das war der programmatische Kern des Stalinismus: Sozialismus in einem Land.
Nicht alle Mitglieder der Kommunistischen Partei der Sowjetunion übernahmen diese Perspektive. Stalin wurde von der (später so benannten) Linken Opposition unter Führung Leo Trotzkis heftig bekämpft. Im Gegensatz zu Stalin repräsentierte Trotzki das Programm der permanenten Revolution, welches davon ausging, dass der Sozialismus nur erreicht werden könne, wenn die internationale Arbeiterklasse sozialistische Revolutionen auf der ganzen Welt durchführe. Niemals könne er innerhalb eines einzigen Landes aufgebaut werden. Die politische Aufgabe bestand also darin, Arbeiter und Bauern im Kampf für den Sozialismus weltweit gemeinsam zu organisieren.
Die internationalen Interessen des Stalinismus, die dem Programm des Sozialismus in einem Land dienten, bestanden vor allem darin, Handelsbeziehungen und diplomatische Beziehungen mit den kapitalistischen Mächten zu sichern. Man brauchte Märkte für Waren, Versorgungsmöglichkeiten für den Aufbau der Schwerindustrie sowie Stabilität an seinen Grenzen. Wie konnte man solche Dinge sicherstellen, was besaß man, um es in den Verhandlungen anzubieten?
Der Sieg der Russischen Revolution und das Erbe des Marxismus, das die Partei als ihr eigenes beanspruchte, verliehen Stalin und der Bürokratie ein immenses politisches Kapital: den Kader der Kommunistischen Parteien rund um den Globus. Sie wiesen diese Kader an, sich mit einem Teil der Kapitalistenklasse zu verbünden. Auf diese Weise konnten sie mit der herrschenden Klasse rund um den Globus verhandeln, indem sie Schacher mit der Unterstützung einer Massenbewegung trieben. Die Stalinisten schufen die theoretische Rechtfertigung für die Unterstützung eines Teils der Kapitalistenklasse, indem sie eine alte Theorie rehabilitierten, die ursprünglich von Gegnern der Bolschewiki, den Menschewiki, vertreten worden war: die Idee einer Revolution in zwei Stufen.
Die Zwei-Stufen-Theorie argumentiert, dass in Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung (wie den Philippinen) die Aufgaben der Revolution noch nicht sozialistisch seien. Zunächst müssten nationale und demokratische Maßnahmen durchgeführt werden, und dazu gehörte auch die Landreform. Dies waren immens wichtige Aufgaben. Die Zwei-Stufen-Theorie argumentierte, dass man nicht versuchen könne, sozialistische Maßnahmen durchzuführen, solange diese nationalen und demokratischen Aufgaben nicht abgeschlossen seien.
Die Aufgaben hatten also noch keinen sozialistischen, sondern einen kapitalistischen Charakter, und infolgedessen argumentierten die Stalinisten, dass ein Teil der Kapitalistenklasse notwendigerweise eine fortschrittliche Rolle spielen würde – diese Schichten bezeichneten sie als „den fortschrittlichen Teil der nationalen Bourgeoisie“.
Dies war damals das grundlegende Programm des Stalinismus: Sozialismus in einem Land, eine zweistufige Revolution und der Block der vier Klassen, der ein Bündnis mit der Kapitalistenklasse erforderte.
Trotzki und die Linke Opposition, die sich in der Vierten Internationale organisierten, widersetzten sich diesem Programm und hielten dagegen, dass in Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung die Kapitalistenklasse grundsätzlich unfähig sei, nationale und demokratische Maßnahmen durchzuführen.
Kapitalisten auf den Philippinen zum Beispiel würden keine Landreform durchführen, weil sie keine von den Grundbesitzern getrennte Klasse sind. Alle Großkapitalisten sind in der Tat auch die Landelite. Betrachtet man die Geschichte der Bündnisse der CPP in den letzten 50 Jahren, so waren sehr viele ihrer Verbündeten Vertreter der Zuckerbarone. Diese Kräfte haben kein Interesse an der Durchführung von Landreformen. Die Aufgaben der nationaldemokratischen Revolution, argumentierte Trotzki, könnten nur von Arbeitern ausgeführt werden, die die Bauernschaft für ihre eigenen unabhängigen Interessen anführen, und das erfordert, dass sie ein sozialistisches Programm annehmen.
Nachdem ich dargelegt habe, was ich mit dem Programm des Stalinismus meine, möchte ich untersuchen, wie es sich in den 1960er und frühen 1970er Jahren auswirkte.
Sison wandte sich Anfang 1967 an ein junges Publikum und zitierte ausgiebig Mao. Mao hatte erklärt:
Einige Leute verstehen nicht, warum Kommunisten, weit davon entfernt, den Kapitalismus zu fürchten, unter bestimmten Bedingungen für seine Entwicklung eintreten sollten. Unsere Antwort ist einfach. Die Ersetzung der Unterdrückung des ausländischen Imperialismus und des einheimischen Feudalismus durch ein gewisses Maß an kapitalistischer Entwicklung ist nicht nur ein Fortschritt, sondern ein unvermeidlicher Prozess. Sie nützt sowohl dem Proletariat als auch der Bourgeoisie, und ersterem vielleicht noch mehr.
Man beachte, dass Mao sagt, der Kapitalismus sei in Wirklichkeit besser für das Proletariat als für die Bourgeoisie. Der Stalinismus lieferte unter dem Deckmantel des Marxismus die Trickle-down-Argumente von Recto. Sisons Mao-Zitat ging folgendermaßen weiter:
Im heutigen China ist nicht der einheimische Kapitalismus überflüssig, sondern überflüssig sind der ausländische Imperialismus und der einheimische Feudalismus. Ja, wir haben zu wenig Kapitalismus.
Sison ging auf diese Perspektive ein und sagte:
Es ist ein Grundprinzip des Marxismus, dass zuerst bürgerlich-demokratische Verhältnisse bestehen müssen, bevor eine sozialistische Gesellschaft aufgebaut werden kann. Was wir heute auf den Philippinen brauchen, ist eine bewusste nationale Einheit, die stark genug ist, unsere Souveränität zu behaupten und die philippinische Demokratie zu erreichen, bevor wir in der Frage des Sozialismus gespalten sind.
Das war der Kern der Sache. Laut Sison lautete die Perspektive des Sozialismus für die Philippinen, dass es für den Sozialismus noch nicht an der Zeit sei. Notwendig sei, die fortschrittlichen Kapitalisten zu finden und sich mit ihnen zu verbünden.
Der erste fortschrittliche Vertreter der nationalen Bourgeoisie, den die Partei unter Sisons Führung unterstützte, war Präsident Diosdado Macapagal.
Im Jahr 1962 wurde Sison nach seiner Rückkehr aus Indonesien in einen neu gegründeten, fünfköpfigen Exekutivausschuss der PKP berufen. Zu den weiteren Mitgliedern des Ausschusses gehörte der Gewerkschaftsführer Ignacio Lacsina. Als ich die vertraulichen Unterlagen der US-Botschaft durchsah, entdeckte ich, dass Lacsina nicht nur Mitglied des Parteivorstands war, sondern auch ein regelmäßiger Informant eines in der US-Botschaft platzierten CIA-Vertreters. Lacsina traf sich regelmäßig mit seinem Führungsmann aus der Botschaft, um ihn über die Entwicklung in der Partei zu informieren.
Eine bemerkenswerte Entwicklung in den 1960er Jahren war die Gründung einer Arbeiterpartei namens Lapiang Manggagawa (LM). Sie war ein unabhängiges Arbeiterorgan, das aus dem Zusammenschluss aller großen Gewerkschaften zu einer politischen Partei hervorging, die im Januar 1963 gegründet wurde. So etwas hatte es vorher noch nie gegeben. Lacsina erhielt die einflussreichste Position in der LM, den Posten des Generalsekretärs, während Sison als Vizepräsident für Propaganda fungierte, eine Position, die ihn für alle öffentlichen Äußerungen der Partei verantwortlich machte.
Innerhalb von sieben Monaten hatten Sison und Lacsina die unabhängige Arbeiterpartei mit der regierenden Liberalen Partei (LP) von Präsident Macapagal fusioniert. Macapagal knüpfte freundschaftliche Beziehungen zu Sukarno in Indonesien an, und sowohl die PKI als auch die PKP betrachteten dies als einen Schritt in Richtung geopolitischer Blockfreiheit. Das war ihr Beweggrund, Sukarno zum fortschrittlichen Vertreter der nationalen Bourgeoisie zu erklären.
Während Sison und Lacsina die Fusion der LM mit der LP arrangierten, unterdrückte die Regierung gleichzeitig aufs Brutalste einen Hafenarbeiterstreik. Im Jahr 1963 legten 3.000 Hafenarbeiter in einem der größten Streiks der Landesgeschichte die Arbeit nieder. Der Streik dauerte 169 Tage und legte den Hafen von Manila lahm. Der Handel kam zum Erliegen. Die Regierung und die Streikbrecher ermordeten mehrere Arbeiter, die auf Streikposten standen, und andere Arbeiter starben an Unterernährung, weil keiner von ihnen Streikgeld erhielt. Mitte August bezifferten offizielle Schätzungen die durch den Hafenstreik verursachten Einbußen auf über eine Milliarde Pesos. Zu diesem Zeitpunkt sollte der Streik noch mehr als einen Monat weitergehen.
Der Hafen wurde direkt von der Regierung kontrolliert. Die Arbeiter stellten Streikposten nicht gegen ein Privatunternehmen auf, sondern streikten gegen das Macapagal-Regime. Am 6. August 1963, als Macapagal das Gipfeltreffen von Manila mit Sukarno beendet hatte, leiteten Joma Sison und Ignacio Lacsina die Fusion der Lapiang Manggagawa mit der Liberalen Partei ein.
In einem sowohl von der LM als auch von der LP unterzeichneten Dokument heißt es:
Im Bewusstsein der epochalen sozialen und nationalen Reformen, die jetzt unter der Führung von Präsident Diosdado Macapagal energisch durchgeführt werden;
in der Überzeugung, dass nichts Geringeres als die Einheit aller Kräfte für einen demokratischen Wandel den Erfolg dieser Reformen sichern kann (…)
in der Erkenntnis, dass sich die Kräfte, die gegen Reformprogramme sind, unter dem Banner der Nacionalista-Partei zusammengeschlossen haben (…) vereinbaren die Parteien, sich mit sofortiger Wirkung zusammenzuschließen (…)
Das war die Logik, die sie der Arbeiterklasse vortrugen: Macapagal führte Reformen durch, und die Kräfte, die gegen Reformen waren, hatten sich im politischen Gegner der LP, der Nacionalista-Partei, zusammengeschlossen. Auf dieser Grundlage fusionierten Sison und Lacsina die unabhängige Arbeiterpartei mit der LP von Macapagal.
Die Arbeiter am Pier befanden sich bereits seit zwei Monaten im Streik, als das Fusionsdokument unterzeichnet wurde. Lacsina hatte öffentlich angekündigt, dass er beabsichtige, einen Generalstreik der LM zur Unterstützung der Hafenarbeiter auszurufen. Er nutzte diese Drohung, um mit Macapagal zu verhandeln, und ließ dann die Hafenarbeiter im Stich. Ehe der Generalstreik begonnen hatte, sagte Lacsina ihn ab.
Anfang September, als der Streik der Hafenarbeiter noch andauerte, traten die Beschäftigten der philippinischen Fluggesellschaft in den Streik und unterbanden fast alle Inlandsreisen im Land. Macapagal setzte die Polizei ein, und diese ging am 8. September mit Bajonetten gegen die Arbeiter auf den Streikposten vor. Ich bezweifle, dass sich eine einzige Person unter den Hörern befindet, die von diesen Ereignisse etwas weiß. Sie sind aus der Geschichte ausgelöscht worden, weil diejenigen, die für die Führung der Arbeiterorganisationen verantwortlich waren, sie verraten haben.
Womit war Sison zu dieser Zeit beschäftigt? Er schrieb das Handbuch des Landreformprogramms von Macapagal. Die Landreform der Macapagal-Regierung war von einem Mann namens Wolf Ladejinsky von der Ford Foundation verfasst worden. Ziel der Reform war, die Farmpächter, die ihre Pacht in Naturalien ableisteten, in bar zahlende Pächter umzuwandeln. Bauern, die später in den 1960er Jahren befragt wurden, erklärten, dass diese Transformation ihr Leben verschlimmert habe.
Wir wissen, dass Sison dieses Handbuch für die LM geschrieben hat, weil er es auf seiner persönlichen Website in der Bibliographie seiner Schriften als eigene Veröffentlichung aufgeführt hat. Das Frontispiz von Sisons Buch trug ein lächelndes Bild von Macapagal und eine Inschrift, die lautet: „Für Präsident Macapagal, für seinen unerbittlichen Kampf um die Emanzipation des philippinischen Bauern“.
Sison teilte seinen Lesern mit:
Präsident Diosdado Macapagal ist der Ansicht, dass das Landproblem nicht allein durch die Regulierung von Natural-Pachtverhältnissen und/oder durch Zwang mittels ziviler Wachmannschaften und militärischer Operationen gegen eine unruhige Bauernschaft gelöst werden kann.
Im Gesetzbuch zur Reform ist die grundlegende Lösung für das Hauptproblem vorgesehen: Die Teilpacht soll vollständig abgeschafft und an ihrer Stelle die Eigentümer-Landwirtschaft eingeführt werden. Um dieses Hauptziel zu erreichen, bietet das Gesetzbuch eine ganze Palette von Einrichtungen zur Durchführung von Landreformen, deren Funktionen und Abläufe in dieser Fibel erläutert werden.
Dies schrieb Joma Sison im Jahr 1963. Sieben Jahre später verfasste er „Philippine Society and Revolution“ (Philippinische Gesellschaft und Revolution), das zum wichtigsten Werk der Kommunistischen Partei der Philippinen wurde. Über das Landreformgesetz, dessen Hauptbefürworter er 1963 war, sagte er darin das Folgende:
Um weiter fortschrittlich zu erscheinen und die Bauernschaft zu betrügen, erließ das Marionettenregime von Macapagal das landwirtschaftliche Reformgesetz. Wie alle früheren Landreformgesetze bleibt vom Gesetz nichts übrig, wenn es seiner schillernden Verallgemeinerungen entkleidet wird, und seine für Grundbesitzer günstigen Bestimmungen offen zu Tage liegen. Einige symbolische Landreformprojekte später wurde der Bankrott des Gesetzes offenkundig (…)
Macapagals Landreform war demnach „eine bombastische Ansammlung von Wörtern, um die oft wiederholten Lügen der Grundherrenklasse zu verdecken“.
Das war im Jahr 1970. Erkennen Sie das Muster, und erinnern Sie sich: Die Partei unterstützt Duterte; die Partei erklärt, es sei eine „glatte Lüge“, dass sie Duterte unterstützt habe. Sison schrieb das Handbuch für Macapagals Landreform; Sison erklärte, Macapagals Landreform fördere die Interessen der Grundherren und betrüge die Bauern. Lügen über Lügen.
Macapagal erwies sich als von begrenztem Nutzen, und im Jahr 1964 wandte er sich gegen Sukarno. Joma Sison leitete nun in den Frontorganisationen der Partei den Wechsel von ihrer Unterstützung für Macapagal zur Unterstützung für Marcos ein. Die Partei wies Arbeiter, Bauern und Jugendliche an, Marcos zu unterstützen. Sie behauptete, Marcos werde die Philippinen aus dem amerikanischen Krieg in Vietnam heraushalten.
1964 wandte sich Lyndon Johnson mit der Bitte um Entsendung philippinischer Truppen nach Vietnam an Macapagal, da er einen Anstieg der US-Einsätze in diesem Land erwartete. Es ist historisch bemerkenswert, dass dieser Appell zeitlich vor dem Vorfall im Golf von Tonkin liegt. Macapagal versprach, Truppen zu entsenden, und brachte eine Gesetzesvorlage in die Legislative ein. Dann griff Senatspräsident Ferdinand Marcos Macapagal an und beschuldigte den Präsidenten, eine Diktatur einführen zu wollen.
Auf Grundlage der Behauptung, Marcos halte Truppen aus Vietnam fern, hielt Sison eine Reihe von Reden zur Unterstützung der Nacionalista-Partei. Bis zum November 1965 hatte er die Bauernorganisation MASAKA, die Arbeiterorganisation Lapiang Manggagawa und die neu gegründete Jugendorganisation Kabataang Makabayan angewiesen, Ferdinand Marcos zu unterstützen.
Eine Woche nach seinem Wahlsieg erklärte Marcos in einem Interview mit Stanley Karnow von der Washington Post, dass er philippinische Truppen nach Vietnam entsenden werde.
Ein Jahr bevor sie beauftragt wurde, Marcos zu unterstützen, war die Kabataang Makabayan gegründet worden. In seiner Rede vor dem Gründungskongress schlug Joma Sison inzwischen vertraut klingende Töne an.
Auf der Seite des Imperialismus stehen die Kompradoren und die Großgrundbesitzer. Auf der Seite der nationalen Demokratie stehen die nationale Bourgeoisie, die sich aus philippinischen Unternehmern und Händlern zusammensetzt: die Kleinbourgeoisie, die sich aus Kleingrundbesitzern, Studenten, Intellektuellen und Facharbeitern zusammensetzt; und die breiten Massen unseres Volkes, das sich aus der Arbeiterklasse und der Bauernschaft zusammensetzen, zu der die große Mehrheit der philippinischen Jugend von heute gehört.
Der militante Jugendflügel der PKP wurde auf der Perspektive des Blocks der Vier Klassen und eines Bündnisses mit der Kapitalistenklasse gegründet.
Als Ferdinand Marcos Anfang 1965 sein Amt antrat, und infolge globaler, nicht nationaler Entwicklungen, eine immense soziale Krise drohte, schickte Marshall Wright vom Nationalen Sicherheitsrat der USA ein vertrauliches Memo an den Nationalen Sicherheitsberater Walter Rostow, in welchem er dazu äußerte:
Man kann die Schwere der Probleme, mit denen sich unser nächster Botschafter in Manila befassen muss, kaum überschätzen. Auf den Philippinen ist es für sachkundige Menschen selbstverständlich geworden, in naher Zukunft einen gewaltigen gesellschaftlichen Umbruch zu erwarten. Es gibt verbreitete Gerüchte, dass der derzeitige Präsident der letzte vom Volk gewählte Chef der Exekutive sein wird. Viele hochrangige amerikanische Beamte betrachten die Philippinen als die ernsthafteste und gefährlichste Bedrohung, der wir in Asien ausgesetzt sind.
Eine soziale Explosion stand unmittelbar bevor. Die herrschende Klasse wandte sich rund um den Globus autoritären Herrschaftsformen zu. Man erkennt hier mehr als nur Schatten der Gegenwart. Wir sind mit der sozialen Krise und der steigenden Flut des globalen Autoritarismus konfrontiert: Suharto, Marcos, Pinochet. Wie die Kapitalistenklasse rund um den Globus fühlte sich auch die herrschende Elite auf den Philippinen in ihrer Klassenposition bedroht. Die gesamte herrschende Elite, und nicht nur Marcos, suchte die Lösung für diese Gefahr in diktatorischen Herrschaftsformen. Es gab kaum jemanden unter ihnen, der entschlossen war, die Demokratie zu verteidigen.
Die Architektur für die Polizeistaatsherrschaft auf den Philippinen hatte der US-Imperialismus entworfen, der das Kriegsrecht in der Verfassung seiner ehemaligen Kolonie verankerte. Schon zahlreiche frühere Präsidenten, darunter Macapagal sowie Garcia und Quirino, hatten allesamt angedeutet, dass sie diese Klauseln anwenden und das Kriegsrecht ausrufen würden.
Warum hatte Marcos damit Erfolg, während sie versagt hatten? Sein Erfolg muss im Kontext einer sozialen Krise gesehen werden, die zum Aufkommen eines globalen Autoritarismus führte. Die Eliten waren allgemein der Auffassung, dass sie sich den Putz der Demokratie nicht länger leisten könnten. Wenn ich eine Analogie verwenden darf: Die Durchsetzung der Diktatur von Ferdinand Marcos entsprach einer Art Reise nach Jerusalem. Die gesamte herrschende Elite war in das Spiel rund um Malacañang verwickelt. Sie wusste, dass derjenige der Diktator sein würde, der in dem Moment, wenn die Musik zu spielen aufhörte, bzw. wenn das Kriegsrecht verhängt würde, im Präsidentenpalast sitzen würde.
In diesem Zusammenhang vollzog sich die chinesisch-sowjetische Spaltung auf den Philippinen. Eine der schlimmsten Anklagen an den Stalinismus stützt sich auf die Tatsache, dass die riesigen Volkswirtschaften Chinas und der UdSSR nie miteinander verschmolzen. Das Programm des „Sozialismus in einem Land“, so argumentiere ich, war immer ein Verrat am Marxismus, aber man könnte sagen, dass es eine gewisse Logik hatte: Es gab nur ein Land, in dem der Sozialismus hätte aufgebaut werden können. Doch nach 1949 gab es mehrere Länder, die sich alle dem Aufbau des „Sozialismus in einem Land“ verschrieben hatten, jedes mit seinen eigenen nationalen Interessen. Diese nationalen Interessen gingen unweigerlich auseinander, und diese Divergenz verwandelte sich in einen Bruderkonflikt. Dieser Konflikt entwickelte sich zu einem bewaffneten Streit und spaltete den Kommunismus rund um den Globus.
Die Sowjetunion, hinter der Pufferzone Osteuropas gelegen und auf einer relativ stabilen industriellen Basis ruhend, war in der Lage, ein Programm der friedlichen Koexistenz mit Washington zu artikulieren, und verfolgte als Mittel zur Stabilisierung ihrer diplomatischen und Handelsverbindungen Beziehungen zu Diktatoren in aller Welt. Als Suharto die Macht übernahm, zerschlug er die PKI und ließ über eine Million indonesischer Kommunisten, Arbeiter und Bauern ermorden. Schon zuvor hatte die indonesische Armee mit Waffen operiert, die die Sowjetunion ihr verkauft hatte. Nach dem Gemetzel nahm Moskau freundschaftliche Beziehungen zu Suharto auf.
Unterdessen hatte Peking mit Taiwan, Japan, dem US-Krieg in Vietnam und einer dramatisch unterentwickelten Wirtschaft zu kämpfen. In dem Versuch, der Bedrohung durch den US-Imperialismus an seinen Grenzen standzuhalten, stellte Lin Biao im Jahr 1965 die Linie des „langwierigen Volkskriegs“ vor: Sie stützte sich auf bewaffnete Guerillabewegungen in den ländlichen Gebieten der Welt. Dies diente zwar immer noch dem Programm, den fortschrittlichen Teil der nationalen Bourgeoisie zu unterstützen, aber die herrschenden Diktatoren wurden nicht mehr einbezogen. Unterstützt wurden die Zweitbesetzungen, wie ich sie gerne nenne, in dem Drama der Diktatur: Auf den Philippinen war das zum Beispiel Ninoy Aquino, der Marcos zu verdrängen suchte, wenn auch nicht, um Demokratie herzustellen, sondern um sicherzustellen, dass sie selbst an die Macht gelangen würden.
Die KPP stellte ihre bewaffnete Bewegung in den Dienst dieser Schichten, und in der sozialen Krise verlieh ihre radikale Rhetorik ihr die nötige Überzeugungskraft, um die Kräfte zu unterstützen, die mit der nationalen Bourgeoisie konspirierten.
Meine Zeit reicht nicht aus, um die Art und Weise, in der sich dies abgespielt hat, angemessen auszuführen. Aber einige Punkte möchte ich doch ansprechen.
Im Jahr 1966 nahm die PKP, die sich an Moskau orientierte, bezahlte Posten in der Marcos-Regierung an. Im Geheimen leitete die PKP Verhandlungen mit Moskau ein. Solche Gespräche konnte Marcos nicht offen führen, weil bestimmte reaktionäre Klauseln im philippinischen Recht ihn daran hinderten. Sie untersagten ihm die Zusammenarbeit mit kommunistischen Ländern.
Ein der PKP nahestehender Autor verfasste für Ferdinand Marcos eine Rechtfertigung des Kriegsrechts. Es erschien ein Buch mit dem Titel „Today’s Revolution: Democracy“ (Die heutige Revolution: Demokratie). Der Autor war Adrian Cristobal, der dem Umfeld der Kommunistischen Partei angehörte. Darin heißt es: „Lenin verdanken wir die Feststellung, dass es ohne eine revolutionäre Theorie keine Revolution geben kann (…) Lenin konzipierte die Revolution in zwei Schritten: zuerst die bürgerliche, dann die proletarische.“
Tatsächlich stammt das Argument einer zweistufigen Revolution von Stalin, aber nicht von Lenin. Noch auffälliger jedoch ist, dass dies mit der Stimme von Ferdinand Marcos vorgetragen wurde. Der Ghostwriter der PKP rechtfertigte also das Kriegsrecht, indem er vorgab, Lenin habe die Perspektive Stalins vertreten. Diese Zeilen legte der Autor dann dem angehenden Diktator in den Mund. Was für ein außergewöhnliches Vorgehen!
Jesus Lava, langjähriger Parteivorsitzender, verkündete, Marcos‘ Buch sei „eine brillante Analyse der Übel der philippinischen Gesellschaft“.
Als Marcos im Jahr 1972 das Kriegsrecht verhängte, brach ein Teil der Mitglieder mit der PKP und versuchte, durch bewaffneten Kampf die Unterstützung des Regimes durch die Partei zu verhindern. Diese Schichten hatten viel zu lange gewartet, um mit der Partei zu brechen, ein Punkt, den ich in meiner Dissertation sehr ausführlich darlege. Die PKP konnte nicht in das Kabinett von Ferdinand Marcos eintreten, solange es in den eigenen Reihen Gegner des Kriegsrechts gab. Und so denunzierten sie ihre Gegner als Trotzkisten – eine Sprache, die Stalinisten benutzen, um ihre Gegner umzubringen – und exekutierten ihre ungehorsame Basis. Schätzungen sind nicht einfach zu bekommen, aber um die Militärdiktatur unterstützen zu können, ermordete die Führung der PKP zwischen 60 und 70 PKP-Kader. Obwohl diese Zahlen bisher unbestätigt sind, kann man mit Sicherheit sagen, dass mehr Kommunisten von der PKP getötet wurden als von der Regierung Marcos.
Die PKP begründete ihre Unterstützung für den Diktator damit, dass er das Kriegsrecht anwende, um rasch die Bedingungen für einen funktionierenden einheimischen Kapitalismus zu schaffen. Auf ihrem Sechsten Parteitag Anfang 1973 schrieb die PKP:
Die Philippinen sind ein neokoloniales Land mit dynamischer kapitalistischer Entwicklung. Ihre Wirtschaft ist im Wesentlichen rückständig und durch koloniale Plünderung deformiert (…) Unter der Hegemonie des Finanzkapitals, angeführt vom US-Imperialismus, verwandeln sich die Philippinen energisch von einem überwiegend feudalen Land in eine moderne kapitalistische Wirtschaft. Heute erleben wir unter Mitwirkung der Diktatur des Kriegsrechts ein ungeheuer schnelles Tempo des kapitalistischen Aufbaus.
Das internationale Finanzkapital entwickelt den Kapitalismus durch die Diktatur des Kriegsrechts: Wenn wir es nicht besser wüssten, klänge das nicht nach einer Unterstützung durch eine Kommunistische Partei. Diese Formulierung drückte die tatsächliche Klassenorientierung der PKP aus und diente zur Bestätigung der Diktatur, welche auf ihrem Sechsten Kongress veröffentlicht wurde. Jedes Mitglied der Partei wurde nach dem Kongress gezwungen, sich erneut in die Partei einzuschreiben, um Mitglied zu bleiben. Wenn man Mitglied der PKP bleiben wollte, war man verpflichtet, diese politische Resolution zur Unterstützung des Diktators zu unterzeichnen.
Die Führer der PKP haben ein ungeheures politisches Verbrechen begangen. Sie traten in die Verwaltung der Kriegsrechtsdiktatur ein. Sie bekleideten Positionen im Außenministerium, im Arbeitsministerium und im militärischen Nachrichtendienst, wo sie für die Zerschlagung ihrer Rivalen, der Maoisten, verantwortlich waren. Viele von ihnen sind noch am Leben, einige von ihnen haben prominente Positionen inne.
Die KPP orientierte sich derweil an den konspirativen Teilen der bürgerlichen Opposition. Die Partei beherrschte die gewaltige Massenbewegung jener Zeit, und mit der Rhetorik der Kulturrevolution und des „langwierigen Volkskriegs“ gelang es ihr, diese Unruhe in das Fahrwasser ihrer bürgerlichen Verbündeten zu lenken.
Vor allem war die KPP mit Ninoy Aquino verbündet, dem Spross einer führenden politischen Dynastie, der im Mittelpunkt einer Vielzahl von Zuckerbaronen stand. Aquino hatte Beziehungen zwischen Sison und einem Mann, der als Kommandant Dante bekannt war, ermöglicht. Dante war der Chef einer lokalen bewaffneten Bewegung, die ihre Basis auf Aquinos Zuckersitz hatte. Das Treffen zwischen Sison und Dante war entscheidend für die Schaffung der Neuen Volksarmee.
Dieser Punkt aus meiner Dissertation wurde von einigen Duterte-Apologeten aus dem Zusammenhang gerissen, die sich auf Aquinos Verbindungen zur KPP beziehen und argumentieren, dass Marcos irgendwie berechtigt gewesen sei, eine Diktatur einzuführen. Sie lassen bewusst die entscheidende Tatsache außer Acht, dass Marcos die volle Unterstützung seiner eigenen Kommunistischen Partei hatte, die bei der Durchsetzung der Diktatur half.
Aquino war kein Gegner des Kriegsrechts. In einem Memorandum der US-Botschaft vom 12. September 1972, das ein Treffen zwischen Aquino und politischen Mitarbeitern der Botschaft zusammenfasst, heißt es:
Aquino glaubt, dass das Kriegsrecht das wahrscheinlichste Mittel ist, das Marcos einsetzen wird, um an der Macht zu bleiben. Aquino sagte, er werde Marcos unterstützen, wenn dies der Kurs ist, den er einschlägt. Da sich die Lage von Recht und Ordnung und die wirtschaftliche Situation so schnell verschlechtern, erfordert das Wohl des Landes nach Ansicht von Aquino starke Maßnahmen seitens der Zentralregierung. Die wachsende Bedrohung durch die Dissidenten, das sich verschärfende Problem von Recht und Ordnung (…) wurden von Aquino als Gründe dafür angeführt, dass ein stärkeres Handeln der Zentralregierung erforderlich sei. Eine solche Aktion ist gleichbedeutend mit Kriegsrecht. Wäre er Präsident, so deutete Aquino an, würde er nicht zögern, energische Maßnahmen zu ergreifen und z.B. mehrere korrupte Beamte im Luneta-Park in Manila hinrichten lassen, um anderen Beamten zu zeigen, dass er es ernst meine.
Aquino war keine demokratische Figur. Er repräsentierte voll und ganz die sozialen Schichten, mit denen sich die KPP verbündet hatte und die sie als Gegner des „Faschismus“ förderte. Letzten Endes war es gleichgültig, wer gesiegt hat: Marcos und die PKP oder Aquino und die KPP. In jedem Falle war die philippinische Arbeiterklasse mit der Diktatur konfrontiert.
Als die Diktatur schließlich verhängt wurde, begrüßte Sison sie als gut für die Revolution. Er behauptete: „Unterdrückung ruft Widerstand hervor.“ Dies war schon immer die Linie der Partei: Je schlimmer der „Faschismus“ werde, desto besser sei er für den Aufbau der Opposition. Dies ist eine grundlegende Unwahrheit. Bei der Verteidigung der Demokratie steht für die Arbeiter alles auf dem Spiel. Sie ist die Luft, die sie für die Entwicklung einer politischen Bewegung atmet.
Sison hat nicht bloß seine politische Linie verstärkt, laut der aus Repression Revolution erwachsen werde. Er bestand auch noch zwei Wochen nach der Verhängung des Kriegsrechts über das Land am 1. Oktober 1972 darauf, dass die Partei die fortschrittlichen Teile der nationalen Bourgeoisie finden und sich mit ihnen verbünden müsse:
Die Partei sollte Mitglieder der nationalen Bourgeoisie in den Städten und auf dem Land für die politische und materielle Unterstützung der revolutionären Bewegung gewinnen, da von ihnen selbst nicht erwartet werden kann, dass sie Waffen gegen den Feind tragen (…)
Die Partei erwartete nicht, dass diese fortschrittlichen Kapitalisten Waffen tragen würden. Das war die Aufgabe der Arbeiter, Bauern und Jugendlichen. Das waren die Kräfte, von denen die Partei erwartete, zu arbeiten, zu leiden und zu sterben. „Sie können der revolutionären Bewegung Unterstützung in Form von Geld- oder Sachleistungen gewähren.“ Von den Kapitalisten wurde erwartet, der Partei Geld zu geben, sie zu finanzieren. Und im Gegenzug, so Sison weiter, „sollte die Partei ihre legitimen Interessen schützen.“
So sah Sisons Antwort auf das Kriegsrecht aus: Es war gut für die Revolution; die Arbeiter würden zu den Waffen greifen; die Kapitalisten würden der Partei Geld geben; die Partei würde die bewaffneten Arbeiter anweisen, die Interessen der Kapitalisten zu verteidigen.
Mao beschritt indessen einen ganz anderen Weg. Angesichts der Gefahr einer möglichen sowjetischen Invasion nach der Niederschlagung des Prager Frühlings und der Verkündung der Breschnew-Doktrin, die besagte, dass sich die Sowjetunion in die Angelegenheiten jedes sozialistischen Landes einmischen werde, welches die sowjetischen Interessen bedrohte, zerschlug Mao die Kulturrevolution, ächtete Lin Biao, streckte die Hand nach Kissinger und Nixon aus und knüpfte Beziehungen zum US-Imperialismus.
Mao wandte sich dann Ländern auf der ganzen Welt zu und nahm, wie die Sowjetunion, Beziehungen zu Diktatoren auf. Er umarmte Marcos und Pinochet. Salvador Allende war an die Kommunistische Partei Chiles gebunden, die sich an Moskau orientierte. Doch die Kommunistische Partei Chinas hieß Pinochet, der die Kommunistische Partei und die chilenische Arbeiterklasse zerschlug, sofort willkommen.
Marcos rief das Kriegsrecht aus, um die Unterdrückung der arbeitenden Bevölkerung in industriellem Maßstab durchzuführen und die sozialen Unruhen der damaligen Zeit zu zerschlagen. Als Marcos Peking besuchte, um Handels- und diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China aufzunehmen, gab Mao eine öffentliche Erklärung ab, dass sich die KPCh „nicht in die inneren Angelegenheiten der Philippinen einmischen“ werde.
Sison erklärte, dass Maos Beziehungen zu Marcos ein „diplomatischer Sieg für die Volksrepublik China und ein Sieg für den philippinischen revolutionären Kampf“ sei. Das Wort „Lüge“ ist nicht stark genug, um dieses Argument zu verdammen.
Auf der Grundlage dieser politischen Linie kann man Menschenrechte unmöglich verteidigen. Die KPP und die mit ihr verbündeten Organisationen sind keine Kraft, die zur Verteidigung der Demokratie taugt. Das ist mein historisches Resümee.
Die Partei ist für Säuberungen in ihren eigenen Reihen verantwortlich, bei denen 1.000 ihrer Mitglieder getötet wurden. Sie rekrutierte auch Kindersoldaten. Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre produzierte sie Comics und Lesefibeln, um Kinder im Alter von zehn und elf Jahren für die Neue Volksarmee zu rekrutieren.
Wer an der Verteidigung der Menschenrechte interessiert ist, muss sich anderswo umsehen. Es ist nicht so, dass ich die Menschenrechte der KPP und ihrer Frontorganisationen nicht verteidigen würde. Zu Beginn dieses Vortrags verteidigte ich sie ausdrücklich gegen die Gewalt des Staates. Ich habe einen anderen Standpunkt. Wenn Sie daran interessiert sind, die Demokratie zu verteidigen, die Errichtung einer Diktatur zu verhindern und die Menschenrechte zu schützen, dann sollten sie sich nicht an diese gesellschaftlichen Kräfte wenden.
Mein letzter Appell richtet sich an alle Wissenschaftler und an die breite Öffentlichkeit, die diesem Vortrag gefolgt sind. Die Rhetorik von Sison und Co. mit ihren schamlosen „glatten Lügen“, ihren wüsten Vulgarismen – er sagte mir, ich solle mich „in meinem eigenen Speichel suhlen“ – und mit seiner Verbreitung manipulierter Bilder: das sind die Methoden der Rechtsextremen. Die Sprache der KPP ist nicht von der Sprache der verstocktesten-Duterte-Unterstützer, der DDS, auf Facebook zu unterscheiden. Sie könnten ein kleines Online-Quiz veranstalten: „Wer hat es gesagt? Joma Sison oder ein DDS-Troll?“ Es wäre schwer, den Unterschied zu erkennen.
Die KPP hat kein Interesse daran, die historische Wahrheit zu verteidigen. Abschließend möchte ich zitieren, was Trotzki in diesem Zusammenhang über die Stalinisten sagte: „Mit jedem Zickzack sind sie gezwungen, die Geschichte von Grund auf neu umzuarbeiten.“
Die Stalinisten verbündeten sich mit Macapagal, erklärten dann aber, dass er reaktionär sei, und zerstörten die Beweise dafür, ihn jemals unterstützt zu haben. Sie verbündeten sich mit Marcos, aber dann war er natürlich reaktionär. Dieses Muster hat sich immer wieder wiederholt. Sie verbündeten sich mit Cory Aquino, doch dann war sie reaktionär. Sie haben sich mit Duterte verbündet, erklären ihn aber jetzt zum Faschisten, und mich denunzieren sie als „bezahlten CIA-Agenten“, weil ich die Belege für ihre eigene Geschichte vorgebracht habe.
„Die Lüge dient daher“, fährt Trotzki fort, „als grundlegender ideologischer Kitt der Bürokratie“. Das ist es, was das Ganze zusammenhält.
„Je unversöhnlicher der Widerspruch zwischen der Bürokratie und der Bevölkerung wird, desto grober wird die Lüge [ich glaube, das erleben wir jetzt], umso dreister wird sie in kriminelle Fälschung und juristisches Komplott verwandelt.“
Verlassen Sie sich nicht auf das, was derzeit gesagt wird. Suchen Sie nach den zeitgenössischen schriftlichen Dokumenten. Es ist das einzige, dessen Richtigkeit wir überprüfen können. Überprüfen Sie es selbst, überprüfen Sie die Beweise für sich selbst. Dies gilt nicht nur für mein eigenes Fachgebiet, sondern für die Wissenschaft im Allgemeinen. Wir befinden uns in einer Zeit, in der die historische Wahrheit, die eigentliche Idee der Wahrheit, angegriffen wird und in der autoritäre Persönlichkeiten auf der Grundlage unerhörter Lügen weltweit an die Macht gelangen.
Ich verteidige die öffentliche Rede, die demokratische und öffentliche Diskussion und die überprüfbaren Beweise, die logischen Argumente und der Einsatz für Demokratie und die historische Wahrheit. Ich danke Ihnen.
Fragen und Antworten:
F: Können Sie vor dem Hintergrund der anhaltenden Krise und der Zersplitterung der Linken, nicht nur hier auf den Philippinen, sondern weltweit, eine Skizze liefern, wie mit dem anhaltenden Niedergang des liberalen Staates und der Zunahme populistischer Strömungen beider Richtungen, von links und von rechts, umgegangen werden soll?
A: Das werde ich gerne ansprechen. Dies ist eine wunderbare Frage. Mehrere Personen könnten länger zu diesem Thema sprechen. Ich werde Ihnen also nur einige Stichpunkte geben.
Der erste ist: Duterte vertritt einen bestimmten Typ Politiker. Er hat seine politischen Geschwister auf der ganzen Welt: Donald Trump, Jair Bolsonaro, politische Parteien wie die AfD in Deutschland und so weiter. Wir haben es mit einem globalen Problem zu tun. Darum lautet der erste Punkt für diejenigen, die sich Sorgen über die Zunahme des Autoritarismus machen: Es handelt sich nicht um ein nationales Problem. Unsere Lösungen können keine nationalen Lösungen sein. Um die Wahrheit zu verteidigen und dem Aufkommen des Autoritarismus entgegenzuwirken, ist eine globale politische Perspektive, eine tiefgreifende Interaktion zwischen Menschen rund um den Globus, von Arbeitern, Wissenschaftlern usw. notwendig.
Zweitens sprachen Sie von der „Zersplitterung der Linken“. Ich verstehe diese Besorgnis, aber meine Hauptsorge gilt der Zersplitterung der Arbeiterklasse, der Zersplitterung jener sozialen Kraft, die der Gefahr einer Diktatur ein Ende setzen und die Demokratie verteidigen kann. Und hier stellt sich die alles entscheidende Frage nach der Führung der Arbeiterklasse. Und wenn meine historische Einschätzung der Geschichte der Philippinen richtig ist, geht es um die Unabhängigkeit der Arbeiterklasse, um ihre eigenen Interessen und nicht um das Interesse, sich mit diesem oder jenem Teil der Kapitalistenklasse zu verbünden.
Dies ist eine sehr klare politische Schlussfolgerung, die ich aus dieser geschichtlichen Darstellung ziehe. Aber letzten Endes ist die Zersplitterung der Linken, glaube ich, ein geringeres Problem als die Zersplitterung der Arbeiterklasse entlang nationaler Grenzen.
F: [unhörbar]
A: Das ist eine lange Frage; ich kann ihr unmöglich gerecht werden. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass diejenigen, die auf den Philippinen nach einer Alternative suchen, nicht bei Null anfangen. Ich denke, dies ist ein wirklich wichtiger Punkt. Die Philippinen haben ein reiches, stolzes Erbe revolutionären Kampfes, die revolutionäre Bewegung hat zum Sturz des spanischen Kolonialismus geführt. Sie hat unter großen Opfern gegen den amerikanischen Imperialismus gekämpft. Die Arbeiter haben eine ganze Reihe von Aufständen geführt, Arbeitskämpfe wie den Hafenstreik, über den ich gesprochen habe. All dies gehört zu der reichen Geschichte des philippinischen Volkes, der philippinischen Arbeiter und Bauern. Jede neue Bewegung baut auf dieser Geschichte auf und lernt aus dieser Geschichte.
Aber man baut nicht nur darauf auf. Man fängt nicht innerhalb nationaler Grenzen an, sondern geht von der bestehenden Arbeiterbewegung in der ganzen Welt aus. Ich denke, dass jeder, der auf den Philippinen eine neue Bewegung aufbauen möchte, sich an seine Brüder und Schwestern in aller Welt wenden sollte, wenn es um ihre politischen Ideen und ihre Organisation geht. Das ist es, worauf man aufbaut.
F: Ist Joma Sison, gemessen an den Grundsätzen des Marxismus und des Leninismus, ein echter Kommunist? Wenn ja, wie ist das zu verstehen? Wenn nicht, warum wird ihre Partei dann die Kommunistische Partei der Philippinen genannt, wenn er in Wirklichkeit Maoist ist? Ist dies nicht ein Fall von Falschdarstellung?
A: Vielen Dank für die wunderbare Frage. Ja und nein. Historisch gesehen ist beides der Fall. Ist Joma Sison ein Kommunist im Sinne des Kommunistischen Manifests oder im Sinne der Kommunistischen Partei, die im Oktober 1917 an die Macht kam? Nein, das ist er nicht. Er steht nicht für dieses Vermächtnis. Durch den Verrat des Stalinismus wurde es diesem möglich, sich den Mantel des kommunistischen Vermächtnisses überzuwerfen und sich als Fortsetzung des Marxismus darzustellen. Dieser Verrat erlaubte es Sison, Führer der Kommunistischen Partei zu sein und vorzugeben, den Marxismus weiterzuführen. Dies ist in der Tat sein größtes politisches Kapital: dass er auf diese Geschichte verweisen und sagen kann, es sei die Seine. Doch sie ist es nicht. Seine Geschichte ist die Geschichte, die ich in meinem Vortrag skizziert habe. Und deshalb lautet die Antwort: Nein, er repräsentiert nicht die Fortsetzung des Marxismus. Er repräsentiert die Fortsetzung des Stalinismus.