Energiepolitik der Bundesregierung: Milliardenhilfen für Konzerne, horrende Kosten für Verbraucher

Bundestag und Bundesrat wollen noch in dieser Woche ein Gesetzespaket verabschieden, das den Energiekonzernen Milliardenhilfen aus der Staatskasse und Arbeiterhaushalten den finanziellen Ruin und kalte Wohnungen beschert. Die Bundesregierung hat die Gesetzesentwürfe am Dienstag auf den Weg gebracht. Sie wälzt damit die Kosten des Stellvertreterkriegs, den die Nato gegen Russland führt, auf die breite Bevölkerung ab.

Gasspeicher „Bierwang“ des Energieunternehmens „Uniper“ in Unterreit bei München (AP Photo/Matthias Schrader)

Bereits am 21. Mai ist eine Erneuerung des Energiesicherungsgesetzes in Kraft getreten, das ursprünglich 1975 als Reaktion auf die damalige Ölkrise erlassen worden war. Die Neufassung erlaubt es den Energiekonzernen, Preiserhöhungen entlang der Lieferkette auf die Endkunden abzuwälzen, auch wenn sie sich in langfristigen Verträgen zu festen Preisen verpflichtet haben. Sie müssen die Erhöhung lediglich eine Woche vorher ankündigen. Voraussetzung ist, dass die Bundesnetzagentur die zweite oder dritte Stufe des Notfallplans Gas ausruft.

Die neuen Gesetze gehen noch weiter. Sie sehen die Einführung einer Umlage vor, mit der die Preiserhöhungen besonders stark betroffener Unternehmen auch auf die Gaskunden aller anderen Unternehmen umgelegt werden können. Die Umlage kommt zusätzlich zu den ohnehin erwarteten Preiserhöhungen hinzu.

Die Steigerung der Heiz- und Gaskosten, die sich daraus ergibt, ist horrend. Etwa jede zweite Wohnung in Deutschland wird mit Gas beheizt. Rund 30 Prozent allen Gases in Deutschland wurde im letzten Jahr von privaten Haushalten verbraucht. „Viele Verbraucher werden schockiert sein, wenn sie Post von ihrem Energieversorger bekommen,“ sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er sprach von einer möglichen Verdreifachung der Preise.

Auch Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW nennt diese Zahl. „Wir gehen davon aus, dass sich Gaspreise verdreifachen könnten im Vergleich zum Vorkrisenniveau,“ sagte er. Viele Anbieter hätten die Tarife für Privatleute bereits erhöht: von sechs oder sieben Cent pro Kilowattstunde auf durchschnittlich etwa 13 Cent, für Neukunden sogar auf 20 bis 25 Cent.

Und die Preise steigen weiter. „Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen,“ erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Für einen Haushalt ergibt sich daraus eine jährliche Mehrbelastung von mehreren hundert oder tausend Euro. Laut dem Vergleichsportal Verivox zahlte ein Durchschnittshaushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden vor einem Jahr knapp 1200 Euro für Gas. Bei einer Verdreifachung des Preises hätte dies eine jährliche Mehrbelastung von 2400 Euro zur Folge. Die einmalige Energiepauschale von 300 Euro, mit der die Bundesregierung im September die Kostensteigerung ausgleichen will, ist dagegen ein Witz.

Während die Privatverbraucher am Ende der Lieferkette die volle Last der Preiserhöhungen tragen müssen, werden in Not geratene Energiekonzerne durch einen Rettungsschirm in Milliardenhöhe unterstützt. Die neuen Gesetze sehen vor, dass sie – wie die Banken in der Finanzkrise und Unternehmen wie Lufthansa in der Pandemie – mit großzügigen staatlichen Krediten und Beteiligungen gestützt werden.

Allein der Düsseldorfer Uniper-Konzern, der größte deutsche Gasimporteur, verhandelt derzeit mit der Bundesregierung über ein Rettungspaket im Umfang von 9 Milliarden Euro.

Uniper ist in Bedrängnis geraten, weil Gaslieferungen aus Russland ausgeblieben sind. Durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 flossen seit Mitte Juni nur noch 40 Prozent der möglichen Menge, weil – so die Begründung von Gazprom – eine Siemens-Turbine, die in Kanada gewartet wurde, den antirussischen Sanktionen zum Opfer fiel. Ab nächsten Montag wird die Pipeline zehn Tage lang gewartet, und es gibt Zweifel, ob sie den Betrieb danach wieder aufnimmt.

Uniper sah sich gezwungen, Gas an den Spotmärkten einzukaufen, um seine Lieferverträge zu erfüllen. Dort sind die Preise explodiert. Spekulanten verdienen daran ein Vermögen. Am niederländischen Handelsplatz TTF kostet eine Megawattstunde derzeit über 170 Euro. In der Vergangenheit waren langfristige Verträge zu 20 bis 30 Euro abgeschlossen worden.

Doch anstatt die Spekulation auszutrocknen, heizt sie die Bundesregierung durch Milliardenhilfen an die Energiekonzerne an und verabschiedet neue Gesetze, um die Kosten auf die Endverbraucher abzuwälzen. Das Vorgehen gegen die Spekulation würde eine enge internationale Koordination erfordern. Doch das lehnen die Regierungen der imperialistischen Mächte strikt ab. Während sie keine Mühe scheuen, um den Krieg gegen Russland zu verschärfen, sind ihnen die Profite der Spekulanten heilig.

Viele Arbeiterfamilien werden im kommenden Winter schon allein deshalb frieren müssen, weil sie die Gas- und Heizrechnung nicht mehr bezahlen können. Die neuen Gesetze sehen aber auch Zwangsmaßnahmen vor, um die Wärmeversorgung zu drosseln. Sie geben der Bundesregierung neue Vollmachten, um per Rechtsverordnung „die Einsparung und die Reduzierung des Verbrauchs“ von Kohle, Öl und Gas vorzuschreiben.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet über eine Wohnungsgenossenschaft im sächsischen Dippoldiswalde, die ihren Mietern schon jetzt eine Rationierung des warmen Wassers angekündigt hat. Nachts, vormittags und am frühen Abend gebe es Wasser nur noch kalt. Dies sei „ein kleiner Vorgeschmack auf den kommenden Winter – jene Zeit, für die auch die Ampelregierung fieberhaft Vorbereitungen trifft,“ kommentiert die Zeitung.

Die derzeitige Energiekrise ist entgegen der offiziellen Propaganda eine Folge der Politik der Bundesregierung. Sie ist der Preis, den sie der Bevölkerung aufbürdet, um den Krieg gegen Russland zu verschärfen und wieder zur führenden Militärmacht Europas zu werden.

Seit deutsche Unternehmen und die Regierung der Sowjetunion am 1. Februar 1970 in Essen den Erdgas-Röhren-Vertrag unterzeichneten, haben die Sowjetunion und später Russland durch alle wirtschaftlichen und politischen Krisen hindurch stets zuverlässig die vereinbarten Gasmengen geliefert. Doch das wurde in den vergangenen Jahren von deutscher Seite immer offener sabotiert, um den eigenen militärischen und wirtschaftlichen Einfluss in Osteuropa auszudehnen.

Nun droht der Gasfluss aus Russland ganz zum Erliegen zu kommen – mit katastrophalen wirtschaftlichen Folgen. Betroffen sind nicht nur Privathaushalte und unzählige Kleinunternehmen, die die Energiepreise nicht mehr tragen könne. Es droht auch eine tiefe Rezession.

Der Chef des Bayrischen Industrie- und Handelskammertags, Klaus Josef Lutz, sieht durch den derzeitigen „Wirtschaftskrieg“ ganze Industrien und die heimische Produktion von Grundnahrungsmitteln in Gefahr. „Wenn wir nicht die entsprechende Gasversorgung haben, reden wir möglicherweise nicht nur über Kurzarbeit, sondern auch über Arbeitslosigkeit,“ warnte er.

Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder sprach von einer „Energie- und Gas-Triage für unser Land“. Und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft sagt bei einem Stopp russischer Gaslieferungen Einbußen der deutschen Wirtschaftsleistung von 12,7 Prozent voraus.

Doch das wird weder die Ampel-Koalition noch die CDU-CSU-Opposition davon abhalten, den Konfrontationskurs gegen Russland weiter zu verschärfen. Sie betrachten den reaktionären Angriff Russlands auf die Ukraine, den die Nato gezielt provoziert hat, als willkommene Gelegenheit, ihre seit langem gehegten Großmacht- und Militarismus-Pläne in die Tat umzusetzen. Dafür erklären sie auch der Arbeiterklasse im eigenen Land den Krieg.

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