Donald Trump darf in Maine nicht bei den Vorwahlen zu den Präsidentschaftswahlen 2024 antreten. Dies entschied die für die Wahlbehörde des US-Bundesstaats zuständige Ministerin am 29. Dezember.
Maine ist der zweite US-Bundesstaat, in dem Trump von der Kandidatur für das Präsidentenamt ausgeschlossen wird. Zehn Tage zuvor war bereits der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaats Colorado zu dem Schluss gelangt, dass Trump als Präsident gegen seinen Amtseid verstoßen hat und daher zu keinen öffentlichen Ämtern mehr zugelassen werden darf. Das Gericht berief sich dabei auf den 14. Zusatzartikel zur US-Verfassung.
Trump hatte am 6. Januar 2021 seine Anhänger zum gewaltsamen Sturm auf das Kapitol in Washington angestachelt, um die offizielle Bestätigung der Wahl von 2020 zu verhindern, die der Demokrat Joe Biden mit einem Vorsprung von mehr als sieben Millionen Stimmen klar für sich entschieden hatte.
Die für die Wahlbehörden in Maine zuständige Ministerin (Secretary of State) Bellows erklärte:
Mir ist bewusst, dass noch kein Secretary of State jemals einem Präsidentschaftskandidaten auf Grundlage von Abschnitt 3 des 14. Zusatzartikels den Zugang zu einer Wahl verwehrt hat. Mir ist aber auch bewusst, dass sich noch kein Präsidentschaftskandidat jemals an einem Aufstand beteiligt hat.
Presseberichten zufolge sind in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten Klagen und andere Gerichts- und Verwaltungsverfahren anhängig, mit denen verhindert werden soll, dass Trump auf den Wahlzetteln erscheint.
Die Wahlkommission des US-Bundesstaats Wisconsin sagte eine Anhörung zu einer Klage gegen die Zulassung der Kandidatur Trumps ab, und in Kalifornien lehnte es das zuständige Ministerium ab, ihm das Recht auf Kandidatur zu verweigern. In beiden Bundesstaaten kommt die Sache nun vor Gericht.
Bislang hat Trump noch keine solche Klage in der Sache zurückschlagen können. Wenn Gerichte und Wahlbehörden bisherige Anfechtungen seines passiven Wahlrechts abwiesen, geschah dies stets aus rein verfahrenstechnischen Gründen. In der Regel hieß es, dass die Entscheidungsbefugnis bei den Bundesgerichten liege und nicht bei den Gerichten oder Behörden einzelner Staaten.
Solche Feststellungen und die widersprüchlichen Entscheidungen in verschiedenen Bundesstaaten bedeuten, dass die Angelegenheit unweigerlich vor dem Obersten Gerichtshof der USA landen wird. Dessen neun Richter verdanken ihre Posten vorwiegend den Republikanern; drei Richter wurden von Trump persönlich berufen. Die Tatsache, dass das Oberste Gericht der USA eingreifen muss, um zu entscheiden, wer auf dem Präsidentschaftswahlzettel stehen darf, ist allein schon ein Indiz für das Ausmaß der politischen Krise.
Die normalen politischen Mechanismen des amerikanischen Kapitalismus – Kongresswahlen alle zwei Jahre, Präsidentschaftswahlen alle vier Jahre, alles ausgetragen zwischen den beiden kapitalistischen Parteien – versagen zusehends. Sie taugen nicht länger dazu, die politischen Spannungen einzudämmen, deren Ursache nicht in der Person Trumps besteht, sondern in weitaus tiefer liegenden sozialen und historischen Prozessen.
Nach den letzten Wahlen ist die „friedliche Machtübergabe“ gescheitert, und zwar über den 6. Januar 2021 hinaus. Bei der Vereidigung Bidens zwei Wochen später glich Washington einer bewaffneten Festung. Sein Vorgänger verschwand durch die Hintertür des Weißen Hauses und weigerte sich, an der Amtseinführung Bidens teilzunehmen. Seither fabuliert er weiter über „gestohlene Wahlen“.
2024 beginnen die Wahlen dort, wo sie 2020 aufgehört haben. Ihre Legitimität wird von Anfang an in Frage gestellt. In zahlreichen Bundesstaaten, vor allem in denen, die 2020 von Biden gewonnen wurden, wird Trumps Kandidatur mit schwerwiegenden juristischen Argumenten angefochten. In Staaten, die 2020 von Trump gewonnen wurden, schlagen Vertreter der Republikaner bereits vor, Biden von der Wahl fernzuhalten, sollten die Anfechtungen gegen Trump aufrechterhalten werden.
Bereits 2020 griffen rechtsextreme Trump-Anhänger, angestachelt von ihrem damaligen Präsidenten, gewaltsam Parlaments- und Regierungsgebäude in Michigan und anderen Bundesstaaten an. Als Anlass dienten ihnen die Pandemiebeschränkungen. Wozu werden solche Faschisten in einem Staat fähig sein, der ihren Führer von den Präsidentschaftswahlen ausschließt? Man kann bezweifeln, ob es im November 2024 überhaupt möglich sein wird, Präsidentschaftswahlen abzuhalten.
Die Entscheidung in Maine unterstreicht die Warnung, die die WSWS nach dem Beschluss des Obersten Gerichts von Colorado ausgesprochen hat:
Die potenzielle Spaltung der Bundesstaaten bei einer so grundlegenden Frage wie der, welcher Kandidat auf dem Stimmzettel zugelassen wird, lässt vermuten, dass das Ergebnis der Wahl 2024 in großen Teilen des Landes nicht nur als politisch unerwünscht, sondern auch als illegal und verfassungswidrig abgelehnt werden könnte. Die Frage, ob die Vereinigten Staaten womöglich auseinanderbrechen, stellt sich direkt.
Trumps Anhänger haben auf die Maßnahmen in Colorado und Maine reagiert, indem sie von „Einmischung in die Wahlen“ sprachen und behaupteten, es handele sich um einen Angriff auf die demokratischen Rechte der amerikanischen Wähler – ein reichlich zynischer Vorwurf aus dem Munde eines Kandidaten und einer Partei, die entgegen der Abstimmung von 81 Millionen Amerikanern im Jahr 2020 Trump als Präsident und Diktator im Weißen Haus halten wollten.
Die Demokratische Partei ihrerseits erhebt nicht den Anspruch, die Demokratie gegen Trumps Angriffe zu verteidigen. Die Demokraten zögerten jede juristische Verfolgung Trumps wegen der Ereignisse vom 6. Januar 2021 hinaus, und Biden beschwor die Bedeutung einer „starken Republikanischen Partei“, obwohl diese Partei Trump und dessen zunehmend faschistoiden Appelle offen unterstützte. Biden brauchte das Bündnis beider Parteien für sein wichtigstes Ziel: die Vorbereitung und Anzettelung des Stellvertreterkriegs der USA gegen Russland in der Ukraine.
Bei dem jetzigen Konflikt innerhalb des Staates handelt es sich um einen verbissenen Kampf innerhalb der herrschenden Klasse, bei dem keine Fraktion die Demokratie vertritt.
Trump und die Republikaner repräsentieren eine faschistische Tendenz. Trumps Auftritte erinnern an Adolf Hitler, nur dass bei ihm nicht die Juden, sondern Einwanderer und Muslime als Sündenböcke herhalten müssen.
Die Demokraten wiederum unterstützen den Völkermord Israels in Gaza, den sie bewaffnen, finanzieren und anleiten. Sie verbinden dies mit einer Hexenjagd gegen den Widerstand der Bevölkerung, den das Gemetzel in Gaza hervorruft. Sie möchten den Konflikt innerhalb des Staates in irgendeinem verfassungsrechtlichen Rahmen halten, weil sie die revolutionären Folgen eines Zusammenbruchs des Zweiparteiensystems fürchten.
Beide Parteien stellen für die Arbeiterklasse eine tödliche Gefahr dar.
Arbeiter und Jugendliche müssen verstehen, dass die innenpolitische Krise des amerikanischen Kapitalismus direkt mit seiner brutalen und kriminellen Außenpolitik zusammenhängt. Zwischen beidem besteht eine enge Wechselbeziehung.
Einerseits versucht die herrschende Klasse den Militarismus im Ausland zu nutzen, um von der inneren Krise abzulenken, die in der Polarisierung der Gesellschaft zwischen einer winzigen Elite superreicher Schmarotzer und der großen Mehrheit der arbeitenden Menschen wurzelt.
Andererseits wirkt die Zunahme des Militarismus auf die politischen Strukturen der Vereinigten Staaten zurück, die nicht in der Lage sind, die kombinierten Auswirkungen des Krieges im Ausland und der sozialen Spannungen im Inland zu bewältigen. Der Krieg verschärft die sozialen Spannungen, denn die herrschende Klasse versucht, der Arbeiterklasse die Kosten ihres Rekord-Militärbudgets aufzubürden und die letzten Überbleibsel des sozialen Sicherungssystems abzuschaffen. Die Logik des imperialistischen Kriegs ist die Unterdrückung der inneren Opposition und die Abschaffung demokratischer Rechte.
Die Krise des amerikanischen Kapitalismus ist zum destabilisierendsten Faktor der Weltpolitik geworden. Ebenso wie die wirtschaftliche Vormachtstellung der USA, die einst die Grundlage für den Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg war, gehört auch die politische Stabilität der USA, die einst als Vorbild für die so genannte „freie Welt“ galt, längst der Vergangenheit an.
In dieser Situation hängt alles davon ab, dass die Arbeiterklasse als unabhängige Kraft in die Entwicklung eingreift und sich den reaktionären Fraktionen der Finanzaristokratie und deren politischen Parteien entgegenstellt. Die Arbeiterklasse muss ihre Macht nutzen, um auf der Grundlage eines sozialistischen Programm dem imperialistischen Krieg entgegenzutreten und demokratische Rechte zu verteidigen.