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Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat ihren bisher längsten Streik gegen die Deutsche Bahn AG vorzeitig abgebrochen. Schon am heutigen Montag sollen die Lokführer wieder normal arbeiten. Das gab die Gewerkschaft am Samstag auf ihrer Website bekannt: „GDL und DB nehmen die Tarifverhandlungen wieder auf. Die GDL bricht die Arbeitskämpfe vorzeitig ab. Bis zum Abschluss herrscht Friedenspflicht.“
Damit bestätigt sich, wovor die WSWS von Anfang an gewarnt hat. Als die Urabstimmung ein überwältigendes Votum für den unbefristeten Erzwingungsstreik ergab, warnten wir: GDL-Chef Claus „Weselsky nutzt jede Gelegenheit, um zu betonen, er werde unter allen Umständen einen unbegrenzten Vollstreik verhindern. Warum? Er will eine Konfrontation mit der Regierung verhindern und bereitet einen faulen Kompromiss und Ausverkauf vor.“
Genauso ist es gekommen. Schon kurz nach Streikbeginn im Güterverkehr hatte die GDL am Dienstagabend dem Bahnvorstand einen neuen „Einigungsvorschlag“ unterbreitet und ihre Bereitschaft erklärt, den Streik auszusetzen, falls die Bahn auf dieser Grundlage in Verhandlungen treten wolle. Der „Einigungsvorschlag“ stützte sich auf Tarifabkommen, die die GDL in den letzten Wochen mit mehreren privaten Eisenbahngesellschaften wie Netinera und GoAhead abgeschlossen hatte und die massive Reallohnkürzungen bedeuten.
In dem GDL-Kommuniqué zum vorzeitigen Streikabbruch wird das Ziel einer 35-Stunden-Woche überhaupt nicht mehr genannt. Stattdessen wird dort schwammig die „Verhandlungsbereitschaft der DB zur Arbeitszeitabsenkung für Schichtarbeiter“ gelobt. Das heißt, die GDL-Spitze hat die präzisen Forderungen des Streiks freiwillig und ohne Rücksprache mit den Streikenden aufgegeben.
Ursprünglich sollte der Streik sowohl die Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden als auch 555 Euro mehr Tariflohn für alle bei einer Laufzeit von zwölf Monaten durchsetzen. In der Urabstimmung hatten sich 97 Prozent der Mitglieder für einen unbefristeten Streik für diese Forderungen ausgesprochen. Nun werden sie als Ergebnis bestenfalls einen Abschluss wie bei Netinera und GoAhead erhalten – und wahrscheinlich einen schlechteren.
Die dort bisher vereinbarte Lohnerhöhung beträgt 420 Euro (in zwei Raten) bei einer Laufzeit von 24 Monaten – also weniger als die Hälfte der ursprünglichen Forderung. Und die Einführung der 35-Stundenwoche wird schrittweise erst am 1. Januar 2028 erreicht. Im Gegenzug entfallen zum 1. Januar 2026 die Wahlmodelle „Zwölf Tage mehr Urlaub“ und „Arbeitszeitabsenkung“. Obwohl die zwölf Tage zusätzlichen Urlaub ohne Lohnausgleich waren, nutzten sie viele ältere Kolleginnen und Kollegen.
Hinzu kommt, dass sich die GDL verpflichtet, bis mindestens 3. März, also die nächsten fünf Wochen lang, auf Streik zu verzichten. In ihrem Kommuniqué heißt es: „Zur Durchführung der Verhandlungen haben sich die Tarifvertragsparteien eine Frist vom 5. Februar bis 3. März 2024 gesetzt. In diesem Zeitraum herrscht Friedenspflicht.“
Damit nicht genug: Die GDL-Spitze stellt sicher, dass ihre Mitglieder weder zwischenzeitlich informiert werden, noch sich in irgendeiner Weise einmischen können. Sie schreibt: „Bis zum Abschluss der Verhandlungen erfolgt keine Kommunikation. Alle Inhalte, Zwischenstand, Zwischenergebnisse etc. unterliegen der strengen Vertraulichkeit und werden nicht nach außen getragen.“
Bei diesem Deal wird einmal mehr die Inflationsausgleichszahlung dazu genutzt, um Streikende, die dringend Geld benötigen, massiv unter Druck zu setzen, damit sie jeden noch so schlechten Abschluss akzeptieren. Am Samstag versprach die sichtlich zufriedene Bahnsprecherin Anja Bröker, schon im März werde die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.500 Euro erfolgen.
Während sich die GDL-Spitze inmitten des Streiks hinter den Kulissen mit dem Vorstand zu Absprachen traf, versuchte sie gleichzeitig, alle kritischen Diskussionen an den Streikposten zu unterbinden. Dies erlebte ein Unterstützer des Aktionskomitees Bahn in Nürnberg, als er am Donnerstag den Flyer der World Socialist Web Site „Unterstützt den Streik der Lokführer“ an die Streikenden verteilte, und GDL-Ordner versuchten, dies zu unterbinden und den Flyer zu beschlagnahmen.
Der Streikabbruch und die Art und Weise, wie die GDL-Führung jetzt die Verhandlungen wieder aufnimmt, ist ein Schlag ins Gesicht aller streikenden Lokführerinnen und Lokführer. Er richtet sich auch gegen die zahlreichen anderen Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, die die Streikenden in den letzten Tagen unterstützt und dem Ausgang ihres Kampfs mit Spannung entgegengefiebert haben.
Die große Unterstützung, die der Streik in der Arbeiterklasse fand, war der eigentliche Grund für den Abbruch: Der Lokführerstreik wäre mit weiteren Arbeitskämpfen zusammengefallen und hätte sich auf andere Arbeiterschichten ausdehnen können.
Schon kurz nach den ersten GDL-Warnstreiks im Dezember, als das Ergebnis der Urabstimmung die enorme Kampfbereitschaft der Lokführer demonstrierte, unterbrach Weselsky überraschend den Arbeitskampf. Er ließ ihn einen ganzen Monat lang ruhen, damit er nicht mit der gleichzeitig laufenden Tarifauseinandersetzung für 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder zusammenfiel. Jetzt kann es jederzeit zu Warnstreiks von hunderttausenden Bus-, Tram- und U-Bahn-Fahrerinnen und -Fahrern kommen, da bundesweit (außer in Bayern) Verhandlungen über den Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N) aufgenommen werden.
Gleichzeitig weitet sich die Protestbewegung gegen AfD und Faschismus weiter aus, und in der Auto- und Zulieferindustrie herrscht angesichts drohender Massenentlassungen große Unruhe. Hinzu kommen die anhaltenden Bauernproteste.
Europaweit nehmen die Streiks und Protestbewegungen immer stärker politische Züge an. Sie wenden sich nicht nur gegen die Sparprogramme der Regierungen, sondern auch gegen die Kriegspolitik, der sie geschuldet sind. Die Ampelregierung in Berlin hat einen regelrechten Spar- und Kriegshaushalt 2024 vorgelegt, den die Arbeiter bezahlen sollen.
In dieser Situation können Lokführer, Eisenbahner und alle Arbeiter ihre berechtigten Interessen nicht mit, sondern nur gegen die Gewerkschaftsspitzen durchsetzen, denn diese unterstützen allesamt die Spar- und Kriegspolitik der Regierungen.
Darauf hat das Aktionskomitee Bahn schon in seinem Appell „Kein Vertrauen in die Gewerkschaftsspitze“ hingewiesen, den es an die streikenden GDL-Mitglieder richtete. Dort heißt es: „Die GDL und ihr Chef Claus Weselsky suchen in Wirklichkeit einen Deal, den sie als Erfolg verkaufen können, und der die ‚Wirtschaftlichkeit der Bahn‘ nicht gefährdet. (…) Die GDL ist weder bereit noch fähig, einen prinzipiellen Kampf zu führen.“ Das hat sich nun mit dem Streikabbruch eindeutig bewahrheitet.
Das Aktionskomitee Bahn, ein Zusammenschluss von Bahnbeschäftigten mit und ohne Gewerkschaftsbuch, lädt die GDL-Mitglieder und alle Lokführer, Zugbegleiter und Eisenbahner dazu ein, sich an seinem kommenden Online-Treffen am Dienstag, 30. Januar, 19 Uhr zu beteiligen, um den Streik in die eigene Hand zu nehmen und zum Ausgangspunkt für eine breite Bewegung gegen die Reallohnkürzungen zu machen.
Bei seiner Gründung im letzten Frühsommer beschloss das Aktionskomitee zwei Grundprinzipien:
Erstens: Wir treten für die prinzipielle Verteidigung der Rechte der Beschäftigten ein. Das heißt: Rechte und Bedürfnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter samt ihrer Familien stehen höher als die Profitinteressen der Investoren, Aktionäre und Spekulanten.
Zweitens: Wir streben eine internationale Vereinigung und Zusammenarbeit an. Wir richten unseren Aufruf bewusst an Stammbeschäftigte und Leiharbeiter, Kolleginnen und Kollegen aller Nationalitäten, unabhängig davon, ob sie Mitglied einer Gewerkschaft sind oder nicht. Denn wir lassen uns nicht spalten! Für uns sind die internationale Zusammenarbeit und die Koordination grenzüberschreitender Kämpfe von größter Bedeutung.
Um gemeinsam mit uns unabhängige Aktionskomitees aufzubauen, meldet euch per Whatsapp unter +49-163-337 8340 und registriert euch über das Formular. Beteiligt euch am nächsten Online-Treffen des Aktionskomitees Bahn am Dienstag, 30. Januar, 19 Uhr!