Perspektive

Verteidigt die Demonstrationen gegen den Völkermord in Gaza!

Die World Socialist Web Site verurteilt die enorme Eskalation der staatlichen Angriffe auf Demonstrierende. In den USA werden Massenverhaftungen an verschiedenen Universitäten (Columbia, Yale University und New York University) mit Lügen und Verleumdungen gerechtfertigt. Wir rufen zu einer breiten Mobilisierung der Arbeiterklasse in den USA und auf internationaler Ebene auf, um sich diesem Angriff auf demokratische Rechte entgegenzustellen und den Völkermord in Gaza zu stoppen.

Polizisten in New York bereiten sich auf Verhaftungen an der Columbia State University vor. [AP Photo/Stefan Jeremiah]

In der vergangenen Woche ist die Protestbewegung vor allem an den Universitäten gewachsen. Nach den Massenverhaftungen an der Columbia University wurden inzwischen an zig Schulen und Unis im ganzen Land Protest-Camps errichtet, darunter in New York City, Boston, Michigan, Ohio, North Carolina, Kalifornien und vielen anderen Orten. An der Columbia University und der NYU in New York City haben sich die Lehrenden offen mit den Protesten solidarisiert.

Als Reaktion darauf hat das Weiße Haus zusammen mit rechtsextremen Republikanern eine bösartige Kampagne zur Unterdrückung und Verleumdung gestartet.

Am Sonntag gab US-Präsident Joe Biden eine Erklärung ab, in der er die „eiserne“ Unterstützung der USA für Israels Völkermord in Gaza bekräftigte. Er behauptete, es gebe „einen alarmierenden Anstieg des Antisemitismus in unseren Bildungseinrichtungen, Gemeinden und im Internet“. Auch der Bürgermeister von New York City, Eric Adams, und die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul (beide von der Demokratischen Partei), gaben ähnliche Erklärungen ab. Sie verunglimpften die studentischen Gegner des Völkermords als „antisemitisch“.

Am Montag forderten die rechtextremen Senatoren Tom Cotton und Josh Hawley (beide Republikaner) Präsident Biden auf, die Nationalgarde zu schicken, um die Studierendenproteste an der Columbia University zu zerschlagen. „Die aufkeimenden Pogrome an der Columbia müssen HEUTE aufhören“, schreibt Cotton auf X. „Wenn Eric Adams nicht die NYPD und Kathy Hochul nicht die Nationalgarde schickt, ist es die Pflicht von Joe Biden, die Sache in die Hand zu nehmen und diesen Mob zu zerschlagen.“

Das alles sind üble Lügen nach Orwellscher Art. Es gibt keine „Welle des Antisemitismus“ an den Universitäten. Gegen den Völkermord protestieren auch zahlreiche jüdische Menschen, insbesondere Jugendliche. New York City hat sich zu einem Zentrum der Proteste entwickelt und die größte jüdische Bevölkerung der Welt außerhalb Israels.

Eine der größten politischen jüdischen Organisationen in den USA, die Jewish Voice for Peace, wurde an der Columbia University und vielen anderen Universitäten wegen ihrer Antikriegshaltung verboten. Dutzende, wenn nicht Hunderte von jüdischen Studierenden und Demonstranten werden jetzt regelmäßig wegen ihrer politischen Ansichten verhaftet, suspendiert und entlassen.

Was Hawley und Cotton betrifft, so haftet ihrer Politik der Gestank von echtem Antisemitismus an. Hawley war ein führender Unterstützer von Trumps versuchtem Staatsstreich am 6. Januar 2021, und er und andere rechtsextreme Republikaner haben die faschistische und antisemitische „Great Replacement Theory“ gefördert. In der Ukraine hat die Regierung Biden Neonazis bis an die Zähne bewaffnet, darunter das Asow-Bataillon, das sich stolz in die Tradition der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) stellt - einer Organisation, die während des Holocausts unter deutscher Nazi-Führung an der Ermordung hunderttausender ukrainischer Juden beteiligt war.

Der Ruf von Hawley und Cotton nach Einsatz der Nationalgarde oder anderen militärischen Maßnahmen weckt Erinnerungen an einen unheilvollen historischen Präzedenzfall: Am 4. Mai 1970, vor 54 Jahren, wurde die Nationalgarde von der Nixon-Regierung und dem Gouverneur von Ohio mobilisiert, um gegen Studierende vorzugehen, die an der Kent State University gegen die US-Invasion in Kambodscha protestierten. Bei dem darauffolgenden Massaker wurden 13 Studierende durch Schüsse verletzt, 4 von ihnen tödlich.

Ist es das, was Hawley und Cotton im Sinn haben?

Regierungen, die in der Lage sind, den vorsätzlich herbeigeführten Tod von 40.000 unschuldigen Menschen zu billigen, zu finanzieren und zu begünstigen, sind durchaus in der Lage, auch massive Gewalt gegen ihre eigene Bevölkerung zu billigen. Richard Nixon hatte die Studierenden zuvor als „Ungeziefer“ beschimpft. Heute will Biden mit seiner Verleumdung von Demonstranten als „Antisemiten“ ähnliche staatliche Gewalt gegen Kriegsgegner legitimieren.

Die herrschende Klasse sieht in den Protesten nicht nur ihre Unterstützung für Israel bedroht, sondern auch eine Gefahr für die allgemeine Kriegspolitik, die sie verfolgt.

Gerade an diesem Wochenende hat die Demokratische Partei gemeinsam mit den rechtsextremen Republikanern ein 95 Milliarden Dollar-Paket an zusätzlichen Militärmitteln auf den Weg gebracht, darunter 26 Milliarden Dollar für Israels Völkermord in Gaza und die militärische Konfrontation mit dem Iran. Alle Demokraten, einschließlich der sogenannten „sozialistischen Demokraten“ wie Alexandria Ocasio-Cortez und Ilhan Omar, stimmten für weitere 61 Milliarden Dollar für das Massengemetzel in der Ukraine und 8 Milliarden Dollar für den Aufbau Taiwans als Aufmarschgebiet für einen Krieg mit China.

Ähnliche Maßnahmen werden von kapitalistischen Regierungen in der ganzen Welt ergriffen. In Deutschland war die Verleumdung von Völkermordgegnern als „Antisemiten“ die Grundlage für die größte Zahl von Verhaftungen jüdischer Bürger wegen politischen Engagements seit dem Fall des Nazi-Regimes. Am Montag griff die türkische Polizei eine Demonstration an, die sich gegen den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier wegen seiner Mitschuld am Völkermord richtete, und löste sie auf.

Die falsche Gleichsetzung von Widerstand gegen Völkermord mit Antisemitismus zielt darauf ab, jeden Widerstand gegen die Verbrechen des Imperialismus und Kapitalismus zu kriminalisieren. Das Ziel sind nicht nur die Gegner des Völkermords im Gazastreifen. Im Grunde geht es darum, dem Entstehen einer viel breiteren Bewegung gegen Krieg und Kapitalismus unter der Jugend und vor allem innerhalb der Arbeiterklasse zuvorzukommen und ihre gewaltsame Niederschlagung vorzubereiten.

Die Parallele zum Kent-State-Massaker beinhaltet eine wichtige Lehre. Dieses Massaker ereignete sich inmitten einer der größten Streikbewegungen in der Geschichte der USA, an der auch Post- und Autoarbeiter beteiligt waren. Es fand fast genau zwei Jahre nach den Massenprotesten der Studierenden in Frankreich statt, die einen Generalstreik auslösten, der wiederum die Regierung an den Rand des Zusammenbruchs brachte. Die herrschende Klasse in den USA befürchtete, dass die Studentenproteste mit der Arbeiterbewegung verschmelzen und eine offen sozialistische Ausrichtung annehmen würden, und wandte erbitterte staatliche Gewalt an, um sie zu unterdrücken.

Die herrschende Klasse ist sich sehr wohl bewusst, dass die Proteste des letzten Monats erst das Anfangsstadium einer viel breiteren Antikriegsbewegung und revolutionärer Kämpfe der Arbeiterklasse sind.

In dem Maße jedoch, in dem die Bewegung gegen den Völkermord nicht offen mit der Demokratischen Partei bricht und sich in der Arbeiterklasse verwurzelt, kann sie isoliert werden, politisch entgleisen und zu einem leichten Ziel für staatliche Repressionen werden.

Wir richten daher einen dringenden Appell an die Studierenden: Wendet euch der Arbeiterklasse zu! Mobilisiert die Unterstützung von Lehrkräften, Beschäftigten im Gesundheitswesen, in der Autoindustrie, in der Logistik und im Transportwesen! Brecht mit der kapitalistischen Politik der Demokratischen Partei!

Und wir rufen die Arbeiter auf: Setzt euch für die Verteidigung der Studierenden ein! Der Angriff auf ihre demokratischen Rechte ist ein Angriff auf euch als gesamte Klasse. Ziel dieser staatlichen Kampagne ist die Abschaffung der Meinungsfreiheit, nicht nur auf dem Campus, sondern in allen Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens. Die Explosion des Militarismus im Ausland ist unvereinbar mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung im eigenen Land. Mobilisiert euch unabhängig von den Gewerkschaftsapparaten und den beiden großen Parteien der herrschenden Klasse in den USA, um Waffenlieferungen und Waffenproduktion für den Völkermord in Gaza und den Krieg in der Ukraine sofort zu stoppen!

Alles hängt jetzt davon ab, den Kampf gegen den Völkermord, den imperialistischen Krieg und den Angriff auf demokratische Rechte mit der Entwicklung des Klassenkampfes und dem Aufbau einer revolutionären marxistischen Führung in der Arbeiterklasse zu verbinden.

Die diesjährige Internationale Online-Kundgebung zum 1. Mai, die vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale organisiert wird, konzentriert sich auf die Entwicklung einer Arbeiter- und sozialistischen Bewegung gegen den imperialistischen Krieg. Wir rufen alle unsere Leserinnen und Leser auf, sich unter diesem Link anzumelden und die Kundgebung so weit wie möglich bekannt zu machen.

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