Galeria Karstadt Kaufhof wird aus Profitgründen zerschlagen

Bei Galeria Karstadt Kaufhof, dem letzten großen Warenhauskonzern Deutschlands, werden erneut 52 Filialen geschlossen. Damit verlieren rund 5000 Verkäuferinnen und Verkäufer, Verwaltungsangestellte, Lageristen u.a. spätestens Ende 2024 ihren Arbeitsplatz.

Galeria (früher Kaufhof) an der Frankfurter Hauptwache

In Duisburg, Düsseldorf, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart und Saarbrücken wird je eins von zwei noch bestehenden Warenhäusern geschlossen; in Berlin, Hamburg, München stehen gleich mehrere Galeria-Filialen vor dem Aus. Auch Leipzig, Gelsenkirchen, Leverkusen, Erlangen, Offenbach, Hanau und viele weitere Städte verlieren ihre GKK-Filialen entweder zum 31. Januar 2024 oder schon in drei Monaten, zum 30. Juni 2023. Die Presseagentur dpa hat eine vollständige Liste der angekündigten Schließungen publiziert.

Von den mehr als 5000 Beschäftigten, die den Arbeitsplatz verlieren, arbeiten 4300 in den Filialen, die jetzt geschlossen werden. Weitere 700 werden aus den 77 Filialen entlassen, die als Restbestand weitergeführt werden. Und auch wer nicht entlassen wird, muss mit weiterem Lohnverzicht und einer noch größeren Arbeitslast rechnen. Dabei verzichten die Beschäftigten schon seit Jahren für den Konzern auf Lohnbestandteile: Eine durchschnittliche Galeria-Verkäuferin verdient pro Jahr 5500 Euro weniger als im Tarifvertrag vorgesehen.

Eine Gläubigerversammlung wird Anfang März voraussichtlich den Insolvenzplan absegnen, den der Galeria-CEO Miguel Müllenbach und der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz gemeinsam vorlegen. In den Medien wird die Zerschlagung mit den hohen Energiepreisen und einem veränderten Konsumverhalten begründet. Dies ist jedoch eine Beschönigung der wirklichen Gründe. Verschwiegen werden die nackten Profitinteressen, die hinter dem Niedergang der Kaufhäuser stehen. Kaum jemand erwähnte in den ersten Meldungen auch nur den Namen des Besitzers, René Benko, dem Galeria Karstadt Kaufhof heute gehört, und seiner Holding, der Signa Retail GmbH.

Der Tiroler Immobilienspekulant René Benko verfügt laut dem Magazin Forbes über ein Privatvermögen von mindestens 5 Milliarden Euro. Ihm gehören auch die Kaufhäuser KaDeWe in Berlin, Oberpollinger in München, Alsterhaus in Hamburg, das „Goldene Quartier“ in Wien, die Globus-Kette in der Schweiz sowie Anteile am Chrysler Building in New York, am US-Luxushotel Park Hyatt und dem Selfridges in London.

In seinen Methoden ist Benko nicht wählerisch. Gegen ihn wird zum wiederholten Mal wegen Korruption ermittelt. Nach Italien laufen gegen ihn auch in Österreich Verfahren wegen Bestechung von Steuerbeamten und versuchtem Steuerbetrug.

Um sich zu bereichern, bedienen sich Benko und die Signa-Gruppe folgender Methoden: Sie kaufen Warenhäuser auf und trennen das Handelsgeschäft von den wertvollen Immobilien in bester Innenstadtlage. Die Immobiliensparte, die zur Signa-Holding gehört, kassiert dann von den Warenhäusern hohe Mieten. Oder sie verkauft diese Immobilien an globale Heuschrecken, die ihrerseits als neue Besitzer von den Filialen überteuerte Mieten fordern und so die finanzielle Schieflage des GKK-Konzerns verschlimmern. Gerade ist Benko dabei, die Hälfte der Immobilie des Luxuskaufhauses KaDeWe in Berlin an den thailändischen Handels- und Immobilienkonzern Central Group zu verkaufen.

Ursprünglich verdankt Benko seinen Aufstieg einem Netzwerk um den früheren österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der heute mit Donald Trump zusammenarbeitet. In all den Jahren seither konnte er sein Vermögen vervielfachen, indem er auf eine enge Zusammenarbeit seiner Manager mit den Politikern und auch den Gewerkschaftsfunktionären baute.

Auch heute sorgen die Verdi-Vertreter zuverlässig dafür, dass die Bereicherungsorgie weiterläuft. So stehen die GKK-Beschäftigten heute einem Komplott gegenüber, bei dem die Dienstleistungsgewerkschaft mit dem Management, der Insolvenzverwaltung, den Politikern und dem Immobilienspekulant René Benko selbst zusammenarbeitet.

Als der halbseidene Multimilliardär René Benko die Kaufhauskette im Jahr 2014 für einen symbolischen Euro übernahm, unterstützte Verdi ihn wie schon seine Vorgänger Thomas Middelhoff und Nicolas Berggruen. Benko wurde als neuer „weißer Ritter“ und Sanierer begrüßt, der die finanziell klamme Kaufhauskette vor der Pleite retten und in eine blühende Zukunft führen werde. Seither wurde ein „Sanierungsplan“ nach dem andern abgeschlossen, und immer beinhalteten sie für die Belegschaft neue Zumutungen und Opfer. Alle diese Verträge tragen die Unterschriften der Verdi-Funktionäre.

Als Benko den GKK-Konzern übernahm, arbeiteten noch rund 37.000 Beschäftigte in den Filialen, die jeweils den Mittelpunkt zentraler Einkaufspassagen in den Innenstädten bildeten. Nach dem heutigen Kahlschlag werden davon noch etwa 12.000, nicht einmal ein Drittel, übrigbleiben.

„Das ist ein rabenschwarzer Tag“, schrieb der Gesamtbetriebsrat vor wenigen Tagen, als dieses Gremium – nicht etwa das Management – den Beschäftigten die Hiobsbotschaft überbrachte. Einen schwarzen Tag nannte es auch Stefanie Nutzenberger, die Gewerkschaftssekretärin, die im Verdi-Bundesvorstand für Handel zuständig ist. Doch während sie Krokodilstränen vergießen, arbeiten die Gewerkschaftsfunktionäre im Aufsichtsrat Hand in Hand mit dem Management und der Insolvenzverwaltung zusammen, um den Kahlschlag durchzusetzen.

Schon während der Corona-Pandemie vor drei Jahren stimmte Verdi hinter dem Rücken der Belegschaft einem brutalen Plan zu, der zur Schließung von 40 Filialen und der Zerstörung von rund 4000 Arbeitsplätzen führte. Damals zahlte die Bundesregierung dem Konzern insgesamt 680 Millionen Euro aus Corona-Hilfen (das heißt: aus Steuergeldern). Nur kurze Zeit später schüttete die Benko-eigene Signa Prime Selection AG Dividenden in Höhe von 201 Millionen Euro an ihre Aktionäre aus.

Der „Sanierungstarifvertrag“, den Verdi im April 2020 unterzeichnete, war sein Papier nicht wert. Das Management hat ihn im Oktober 2022 einseitig aufgekündigt und die darin abgegebene Standortgarantie für 131 Filialen aufgehoben, wie auch den garantierten Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2024. Das waren alles nur leere, hinfällige Versprechen, um die Belegschaft zu spalten und zu lähmen.

Verdi täuscht einen „Kampf“ immer nur vor, während die mit Verdi verbundenen Parteien, die SPD und die Grünen, mit Signa zusammenarbeiten. In Berlin haben sie zum Beispiel gemeinsame Immobilienprojekte realisiert. Auch die Linkspartei war mit im Boot und ermöglichte Signa an mehreren GKK-Standorten neue Bauprojekte. Ein „Letter of Intent“ vom August 2020, der solche Projekte am Hermannplatz, am Alexanderplatz und am Kurfürstendamm besiegelt, trägt die Unterschrift des damaligen Kultursenators Dr. Klaus Lederer (Die Linke) neben derjenigen des damals regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) und der Bürgermeisterin Ramona Pop (Die Grünen).

Letzte Woche hat Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz erklärt, er sei „davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form“. In etwa drei Jahren werde der Konzern wieder Gewinn erzielen, so Geiwitz. Bis dahin sei noch mit weiteren Opfern zu rechnen.

Nur die Beschäftigten selbst – die Verkäuferinnen und Verkäufer, die Sachbearbeiter in der Essener Zentrale, die Lageristen, Fahrer und andere Arbeiter – können diesen Kahlschlag stoppen. Die erste Vorbedingung dazu ist, dass sie sich in unabhängigen Aktionskomitees zusammenschließen, um Verdi die Verhandlungen aus der Hand zu nehmen. Der Kampf zur Erhaltung der Warenhäuser ist Bestandteil des Kampfs um die gesamte Infrastruktur. Er muss sich an die arbeitende Bevölkerung richten, um die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse auf einer sozialistischen Grundlage zu überwinden.

Verdi steht auf der andern Seite, auf der Seite von Kapitalisten wie Benko und ihren politischen Lakaien in der Regierung. Vor kurzem hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bei der Post bewiesen, dass sie den Kampf gegen Ausbeutung nicht führt. Einen schon beschlossenen, unbefristeten Streik hat Verdi wieder gestoppt. Sie hat einer neuen Variante des sehr schlechten Angebots zugestimmt, das ihre eigenen Mitglieder zuvor mit 86 Prozent Mehrheit schon abgeschmettert hatten. Dies zeigt, dass der Kampf nur unabhängig von Verdi und gegen die Gewerkschaft geführt werden kann.

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