Perspektive

Stoppt die Massenentlassungen im LKW-Montagewerk von Stellantis

Die Ankündigung von 2.450 Entlassungen im LKW-Montagewerk von Stellantis in Warren markiert eine neue Phase im globalen Arbeitskampf. Die Automobilarbeiter müssen sich entschieden wehren, um ein Ende des Stellenabbaus durch koordinierte Aktionen zu erzwingen. Dabei müssen sie unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie agieren und die Arbeiter in den USA und der ganzen Welt vereinen. Bis zum 8. Oktober, wenn die Kürzungen in Kraft treten sollen, darf keine Zeit mehr verloren werden.

Der Stellenabbau umfasst zwei Drittel der Belegschaft des Werks, und letztlich droht die Schließung eines wichtigen Betriebs im Zentrum der US-Autoindustrie. Die Maßnahme wird einen erheblichen Dominoeffekt haben und zu Entlassungen bei den Zulieferern führen.

Stellantis-Arbeiter im LKW-Montagewerk Warren beim Schichtwechsel

Es besteht kein Zweifel, dass die Arbeiter in Warren wegen ihrer Militanz zur Zielscheibe werden. In dem Werk arbeiten zahlreiche, zumeist junge Zusatzkräfte, die um ihr Auskommen kämpfen, aber auch Leiharbeiter aus anderen Fabriken, die bereits von Entlassungen betroffen sind. Bei den Vorstandswahlen der US-Automobilarbeitergewerkschaft United Auto Workers (UAW) erhielt der sozialistische Autoarbeiter Will Lehman hier 8,4 Prozent der Stimmen. Viele Arbeiter haben sich in Aktionskomitees engagiert, um sich gegen den Ausverkauf durch Unternehmensleitung und Gewerkschaft zu wehren.

Das Werk war auch das erste in den USA, das sich Anfang 2020 an einem weltweiten wilden Streik beteiligte, um die Industrie zu zwingen, während der ersten Welle der Pandemie den Betrieb einzustellen - eine Initiative der Arbeiter, die unzählige Leben rettete.

Der Angriff auf das Montagewerk in Warren ist Teil eines weltweiten Aderlasses in der Autoindustrie. Seit Beginn dieses Jahres haben mehr als 8.000 Beschäftigte der „Big Three“ in den USA ihren Arbeitsplatz verloren. Stellantis hat bei Fiat in Italien Tausende von Stellen gestrichen , Volkswagen baut in ganz Europa Arbeitsplätze ab , und General Motors hat umfangreiche Kürzungen bei seinen Betrieben in China angekündigt.

Der UAW-Vorsitzende Shawn Fain konnte seine Gleichgültigkeit kaum verbergen und sagte Berichten zufolge kürzlich zu den Beschäftigten des Mack-Werks in Detroit, es gebe in der Automobilindustrie einfach „Höhen und Tiefen“. Tatsächlich hat die UAW in den letzten 50 Jahren dazu beigetragen, Hunderttausende von Arbeitsplätzen zu vernichten.

Dies hat nun eine neue Phase erreicht, da die Automobilhersteller im Zuge der Umstellung auf Elektrofahrzeuge und Automatisierung ganze Teile der Belegschaft abbauen. Carlos Tavares, CEO von Stellantis, sagte: „Das Rennen um die Elektroautos ist ein Rennen um die Kostenreduzierung geworden.“

Dies ist Teil eines globalen Arbeitskampfs in praktisch allen Branchen, so auch bei Zustellern, Technikern, Schauspielern und Beschäftigten der Unterhaltungsindustrie usw. Paramount hat angekündigt, seine gleichnamigen Fernsehstudios zu schließen und 15 Prozent der Belegschaft zu entlassen. Ziel ist auch, die Opposition der Arbeiterklasse zu brechen, die zunehmend zum Mittel des Streiks greift.

Die Kapitalistenklasse will die Kosten der wachsenden globalen Krise auf die Arbeiter abwälzen. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit in Verbindung mit den anhaltend hohen Lebenshaltungskosten hat zu einem Rückgang der Verkäufe von Neufahrzeugen beigetragen, die von vornherein kaum erschwinglich waren. Unterdessen lagen die Gewinne der US-Unternehmen im letzten Quartal 2023 bei über 2,8 Billionen Dollar, dem höchsten Wert in der Geschichte. Auch die Aktienmärkte befinden sich weiterhin auf historischem Hoch. Doch die zunehmende Volatilität und die Gefahr eines neuen Abschwungs haben die Notwendigkeit für die Unternehmen, ihre Kosten zu senken, nur noch verstärkt.

Außerdem müssen Ressourcen für den Krieg freigesetzt werden. Der Stellenabbau wurde angekündigt, als die Ukraine eine Großoffensive in Russland startete, bei der US-amerikanische und deutsche Panzerfahrzeuge zum Einsatz kamen. Gleichzeitig unterstützen die USA ihren Statthalter Israel, sich auf einen regionalen Krieg im Nahen Osten mit dem Iran vorbereiten. Diese Billionen, die durch Militärausgaben in den Abfluss gespült werden, müssen letztlich durch eine stärkere Ausbeutung der Arbeiterklasse gewonnen werden.

Wie das Netzwerk der Autoarbeiter-Aktionskomitees kürzlich erklärte, ist das Werk in Warren „jetzt ein entscheidendes Schlachtfeld im globalen Krieg um Arbeitsplätze. Die Autoarbeiter müssen dies zum Ausgangspunkt einer breit angelegten Gegenoffensive machen, in der sie dem angeblichen „Recht“ des Managements auf Profite das Recht der Arbeiter auf Beschäftigung und einen angemessenen Lebensstandard entgegensetzen.“

Diese Kampagne muss international sein, heißt es in der Erklärung. Im Zeitalter der globalisierten Produktion „gibt es so etwas wie einen „amerikanischen“ Autokonzern nicht mehr. […] Unsere wahren Verbündeten sind nicht ‚loyale‘, ‚amerikanische‘ Geschäftsleute, sondern die Autoarbeiter in allen Ländern.“

Jahrzehntelang haben die Autokonzerne die Arbeiter in den einzelnen Ländern gegeneinander aufgehetzt, aber das war nur möglich, weil die Autoarbeiter weiterhin durch nationale Grenzen getrennt waren. Weltweit vereint ist die Arbeiterklasse weitaus mächtiger als die Chefetage der Konzerne.

Dies erfordert einen Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie. Die Autokonzerne verlassen sich voll und ganz auf die Bürokraten in der UAW und ihre Pendants in anderen Ländern, um den Widerstand gegen Entlassungen zu ersticken.

Fain wurde an die Spitze der UAW gewählt bei einer Wahlbeteiligung von 9 Prozent. Gleichzeitig gab es bei den Vorstandswahlen eine massive Wahlunterdrückung, die so auch mit dem Weißen Haus abgesprochen war. Ziel war es, einen erfahrenen Gewerkschaftsbürokraten als so genannten „Reformer“ an die Spitze zu setzen. Fain soll dafür sorgen, die massiven Kürzungen durchzusetzen, die jetzt im Gange sind. Das bedeutet, dass die Arbeiter, die für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen, die Forderung nach neuen Gewerkschaftswahlen unter besonderer Aufsicht der Basis aufgreifen müssen.

Der jüngste Stellenabbau erfolgte nach dem zahnlosen „Stand-up“-Streiks im vergangenen Jahr. Diese führten zu einem Tarifabschluss, den die Gewerkschaft - ebenso wie US-Präsident Joe Biden - fälschlicherweise als Errungenschaft darstellte .

UAW-Vertreter bei Stellantis, wie beispielsweise Rich Boyer, haben zugegeben, dass sie von den bevorstehenden Entlassungen wussten, den Beschäftigten jedoch nichts gesagt haben. Der zuständige Gewerkschaftsfunktionär in Warren gab gegenüber der Presse ebenfalls zu, dass er von den geplanten Entlassungen wusste. Die UAW weigert sich, die Arbeiter auch nur zu informieren, geschweige denn eine Kampagne gegen den Stellenabbau zu organisieren.

Die Gewerkschaftsbürokraten sind seit Jahrzehnten aktive Partner beim Stellenabbau. Ein wichtiger Wendepunkt kam in den späten 1970er Jahren, als der UAW-Vorsitzende Doug Fraser in den Chrysler-Vorstand eintrat und bei der Schließung zahlreicher Werke half.

Die Gewerkschaften haben dazu beigetragen, die Bedingungen in den Betrieben auf das Niveau zu senken, das vor der Gründung der UAW bei den Sitzstreiks in den 1930er Jahren herrschte. Inzwischen ist das Vermögen der Gewerkschaft auf über eine Milliarde Dollar angewachsen, und Hunderte von Funktionären „verdienen“ sechsstellige Gehälter, die durch Bestechung noch aufgestockt werden.

Die Gewerkschaftsapparate stützen sich auf ihre Verbindungen zur kapitalistischen Politik, in den USA insbesondere zur Demokratischen Partei. Biden sieht die Gewerkschaftsbürokraten als Partner im Krieg, was in seiner Erklärung vom letzten Monat zum Ausdruck kam, dass der amerikanische Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO seine „Nato im Innern“ sei. Aber dieser Krieg ist ein Konflikt mit Fronten nicht nur im Ausland in der Ukraine und in Gaza, sondern auch im Inland gegen die Arbeiterklasse.

Um die öffentliche Meinung vorzubereiten und von der Verantwortung des amerikanischen Kapitalismus für den Arbeitsplatzabbau in den USA abzulenken, fördert die Gewerkschaftsbürokratie den „America First“-Nationalismus und macht Ausländer zum Sündenbock. In einer der wenigen Stellungnahmen zu den Kürzungen bei Warren Trucks prangerte UAW-Chef Fain den portugiesischen CEO Tavares an, weil er ein „einst großartiges amerikanisches Unternehmen“ zerstört habe [Hervorhebung hinzugefügt]. Fain verurteilt auch Produktionsverlagerungen nach Mexiko in dem Versuch, US-Arbeiter gegen ihre mexikanischen Kollegen auszuspielen.

Die UAW sammelt außerdem Millionen von Dollar für eine Kampagne zur Unterstützung von Kamala Harris, um die Wähler zu überzeugen. Hunderttausende von Automobilarbeitern, von denen viele nie einen Stimmzettel für die UAW-Wahl erhalten haben, werden mit Postwurfsendungen der UAW überschwemmt, um die von der Gewerkschaftsbürokratie bevorzugte Kandidatin zu unterstützen. Der X/Twitter-Account der UAW hat die Entlassungen in Warren nicht bestätigt, bewirbt aber einen „nationalen Mitgliederaufruf“ für die „Kampagne der Gewerkschaft, um Trump zu besiegen und Kamala Harris zu wählen“.

Die UAW hat außerdem eine zynische Klage gegen die Faschisten Elon Musk und Donald Trump wegen ihres jüngsten Interviews bei X angestrengt, in dem sich die beiden Milliardäre über die Bedrohung von Arbeitsplätzen lustig machten. Dies ist ein Manöver, um von den Kürzungen im LKW-Montagewerk abzulenken und Harris als „arbeitnehmerfreundlich“ darzustellen.

Die Entlassungen wurden angekündigt, kurz nachdem Fain mit Harris auf einer Kundgebung in Detroit zusammengetroffen war. Dort hatte Harris Demonstranten angegriffen, die die Rolle der Regierung beim Völkermord in Gaza kritisierten. Dies ist nur der jüngste von mehreren Vorfällen , bei denen sich die UAW-Bürokraten auf die Seite von Harris/Biden gegen die Kriegsgegner stellten. Die „Waffenstillstands“-Resolution der Gewerkschaft erweist sich als heiße Luft.

„Die zentrale strategische Aufgabe, vor der Arbeiter stehen, besteht darin, den Ballast der Gewerkschaftsbürokratie abzuschütteln.“ heißt es in der Erklärung des Netzwerks von Autoarbeiter-Aktionskomitees. „Sie hat keinen legitimen Führungsanspruch.“ Dies ist zweifellos richtig.

Der Kampf um die Kontrolle durch die Basis ist auch mit dem Kampf um die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse verbunden. Der Kampf um Arbeitsplätze ist im Grunde ein Kampf gegen das kapitalistische System, welches das Leben von Milliarden Menschen dem egoistischen Profitstreben unterordnet.

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