Online-Treffen der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees mit US-Autoarbeitern

Lebhafte Diskussion über die Entlassungen bei Warren Truck und den Streik beim Zulieferer Dakkota

Beteilige dich an der Verteidigung der Arbeitsplätze in der Auto- und Zulieferindustrie! Um am Aufbau eines Aktionskomitees teilzunehmen, registriere dich über das Formular am Ende des Artikels.

Am Sonntag beteiligten sich weit über 100 Arbeiter an der Onlineveranstaltung „Für einen globalen Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze bei Warren Truck und weltweit“. Organisiert wurde das Meeting von der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC). Arbeiter und Unterstützer aus den USA und weltweit beteiligten sich an einer wichtigen Diskussion über eine Strategie für einen Zweifrontenkrieg: sowohl gegen das Management als auch dessen Komplizen in der Gewerkschaftsbürokratie.

An dem Treffen nahm auch eine große Delegation von streikenden Arbeitern des Zulieferers Dakkota aus Chicago teil. Mitglieder des Dakkota-Aktionskomitees berichteten, dass kurz zuvor die Arbeiter bei Dakkota zum vierten Mal in Folge einen miserablen Tarifvertrag abgelehnt hatten. Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) hatte den Ausverkauf unterstützt und versucht, die Arbeiter in die Knie zu zwingen.

Streikende Arbeiter des Zuliefererbetriebs Dakkota auf Streikposten an der South Side in Chicago. Die Arbeiter stellen Teile für das nahegelegene Ford-Fertigungswerk in Chicago her

Der UAW-Apparat versucht verzweifelt, den Streik zu beenden, um die Arbeiter bei Dakkota von Arbeitern des Ford-Fertigungswerk in Chicago und von Stellantis-Arbeitern zu isolieren. Das Ford-Werk wird von Dakkota beliefert und erhält aktuell Produkte von Streikbrecherarbeit. Bei Warren-Stellantis sind Massenentlassungen angedroht.

Um sich an die Spitze der wütenden Arbeiter zu stellen, hat die UAW eine unaufrichtige Streikdrohung gegen Stellantis ausgesprochen, weil das Unternehmen von seinen Plänen abgerückt ist, das Werk in Belvidere (Illinois) ab diesem Jahr wieder in Betrieb zu nehmen.

Ein Arbeiter beschrieb die mehrfachen Versuche der UAW-Bürokratie, bei Dakkota einen Tarifvertrag mit Armutslöhnen durchzusetzen. Er erklärte auf dem Treffen: „Es kam mir illegal vor, was sie taten, weil sie uns zur Abstimmung drängten. Jetzt nehmen wir die Sache selbst in die Hand.“

Ein anderer Arbeiter erklärte: „Ich bin bereit, notfalls mein Haus zu verlieren. Aber ich will, dass alle in der Industriebranche an unserer Seite stehen, gemeinsam und stark weltweit. Wir müssen sie wissen lassen, dass es so nicht weitergeht.“

Die WSWS wird in den kommenden Tagen längere und ausführlichere Kommentare der Dakkota-Arbeiter sowie Erklärungen anderer Arbeiter von der Versammlung veröffentlichen.

„Organisiert euch in Aktionskomitees mit einer internationalen Perspektive“

Den einleitenden Bericht gab Will Lehman, ein Arbeiter bei Mack Trucks, der bei der Wahl zum UAW-Präsidenten 2022 mit einem sozialistischen Programm gegen Shawn Fain angetreten war.

Will Lehman mit Arbeiterinnen des LKW-Montagewerks Warren von Stellantis

Lehman erklärte: „Dieses Treffen heute dient der Vorbereitung von Aktionen, um den Abbau von Arbeitsplätzen zu stoppen und für höhere Löhne in der gesamten Autoindustrie zu kämpfen.“

Er verwies auf die von Stellantis angekündigten 2.450 Entlassungen bei Warren Truck, die am 8. Oktober in Kraft treten sollen, und erklärte: „Das zeigt, was die ,historischen Tarifverträge‘ zwischen der UAW und den Big Three wirklich sind. Es sind Konzessions-Tarifabkommen [mit Zugeständnissen], über die die UAW-Bürokratie nicht informiert hat.“

Weiter erklärte er, der Ausverkauf des Arbeitskampfs bei den Big Three durch die UAW habe es den Unternehmen ermöglicht, ihren globalen Angriff auf die Arbeitsplätze zu forcieren, wovon Autoarbeiter in allen Ländern betroffen sind: „In Italien will Stellantis bis zu 25.000 Arbeitsplätze vernichten... in Deutschland ergreift VW Maßnahmen zum Kapazitätsabbau.“

Er fuhr fort und sprach über die transnationalen Unternehmen, die „die ganze Welt nach den Arbeitskräften durchkämmen, die sie am besten ausbeuten können. Und in jedem Land benutzen sie die nationalen Gewerkschaften, um die Arbeiter gegeneinander auszuspielen“. Das Standardargument laute: „Die Arbeitsplätze können angeblich nur gesichert werden, wenn die Arbeiter eine höhere Ausbeutung akzeptieren als Arbeiter in anderen Ländern.“

Die Gewerkschaftsbürokratie habe „jede Legitimität zur Führung dieses Kampfs verloren. ... Sie werden die Diktate der Konzerne durchsetzen und am Ende die Werke schließen.“

Dann ging er auf die betrügerische Wahl ein, die Fain an die Macht brachte, und erklärte: „Er wurde nur von etwa drei Prozent der Mitglieder gewählt. Sie wollten nicht riskieren, dass die Arbeiter gegen die Bürokratie [kämpfen] und die Macht übernehmen, deshalb mussten sie alle Informationen über die Wahl unterdrücken.“ Im Sommer gewann Lehman einen Prozess gegen die massive Unterdrückung von Wählerstimmen. Die IWA-RFC veröffentlichte daraufhin eine Erklärung, in der sie eine Wiederholung der Wahl unter der Aufsicht der Basis fordert.

Lehman fuhr fort: Zu Beginn des Wahlkampfs „haben wir gesagt, dass es keine Reformen geben werde, wenn ein Bürokrat einen anderen ersetzt. ... Also liegt es bei den Arbeitern in allen Werken. Wir müssen uns separat in Aktionskomitees organisieren, mit einer internationalen Perspektive.“

„Die Frage ist, was werden die Arbeiter tun?“

Auf Lehmans Bericht folgte ein Beitrag von Tom Hall, einem Autor der World Socialist Web Site, der erklärte: „Die UAW behauptete letzten Montag, dass sie bereit sei, wegen der fehlenden Zuteilung von Produkten an das Belvidere Montagewerk zu streiken. ... Offen gesagt, ihr wisst schon, was passieren wird, solange die Sache in den Händen der Bürokratie bleibt: nämlich nichts.“

Er warnte, die Bürokraten würden bestenfalls zu einem weiteren begrenzten „Standup-Streik“ aufrufen, wie sie es im letzten Herbst bei den Big Three getan hatten, „damit ihr Dampf ablassen könnt“, während sie einen Deal mit noch mehr Zugeständnissen ausarbeiten, welche die Arbeiter „erst Monate später plötzlich entdecken“.

Selbst während der Show, die die UAW um das Schicksal von Belvidere abzieht, verschweigen die Bürokraten die Entlassungen bei Warren Truck oder auch die Tausenden von Hilfsarbeitern, die seit Inkrafttreten des neuen Tarifvertrags letztes Jahr schon entlassen worden sind. Hall fragte: „Und warum das? Weil der UAW-Apparat alle diese Entlassungen hinter verschlossenen Türen ausdrücklich abgesegnet hat.“

Er fuhr fort, die Bürokratie stecke nicht nur mit dem Management unter einer Decke, „sondern auch mit der Regierung“. Er verwies auf Fains Auftritt beim Parteitag der Demokraten, wo er Kamala Harris und Joe Biden als „Freunde“ der Arbeiterklasse bezeichnet und den Faschisten Trump als „Streikbrecher“ attackiert hatte.

Hall sagte dazu: „Das weiß er, weil er selbst einer ist. Die Bürokraten führen die UAW als Diktatur, in der die Arbeiter nicht den geringsten Einfluss auf die tatsächlichen Entscheidungen haben, die ihr Leben, ihre Familien und künftige Generationen von Autoarbeitern betreffen. Und wenn ihr Beweise dafür wollt, dann seht euch nur das an, was heute bei Dakkota passiert ist.

Wir wissen also, was die Bürokraten tun werden. Die Frage ist: Was werden die Arbeiter tun?“ Hall zitierte aus einer aktuellen Erklärung des Autoworkers Rank-and-File Committee Network zu den Entlassungen bei Warren Truck und betonte: „Die Alternative ... besteht darin, neue Organisationsformen gegen den bürokratischen Ausverkauf zu entwickeln, die den Erfordernissen des Klassenkampfs in einer global vereinten Wirtschaft des 21. Jahrhunderts entsprechen.“ Diese Organisationsformen sind die Aktionskomitees.

Es folgte eine breit gefächerte Diskussion. Die Arbeiter der drei großen Autokonzerne im Südosten Michigans sprachen über die Bedingungen in ihren Werken, insbesondere über die Auswirkungen von Covid-19. Eine Teilnehmerin namens Cheborah Long las eine bewegende Erklärung vor: Sie ist die Witwe von Tywaun Long, der Anfang des Jahres im Ford-Werk Dearborn Truck am Arbeitsplatz verstorben war.

Daneben gab es einen Bericht von K. Nesan, einem WSWS-Reporter aus Deutschland, der über die Bedingungen in der deutschen und europäischen Autoindustrie sprach. Er berichtete, wie ein Team vor kurzem die WSWS-Perspektive Stoppt die Massenentlassungen im Stellantis-Fertigungswerk Warren Truck!“ an die Arbeiter bei Opel in Rüsselsheim verteilt hatte.

„Eine sichere und gut bezahlte Arbeit ist ein soziales Grundrecht“

Den abschließenden Redebeitrag auf der Veranstaltung hielt Jerry White, der Vizepräsidentschaftskandidaten der Socialist Equality Party. (Wie die SEP am Montag erfahren hat, werden ihre Kandidaten in dem wichtigen Bundesstaat Michigan zur Wahl zugelassen.)

White erklärte: „Diese Veranstaltung ist von entscheidender Bedeutung und absolut einzigartig. ... Sie ist Teil der wachsenden Initiative der Arbeiter auf der ganzen Welt als Ergebnis der Arbeit der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees.“

White wies auf den Tod von Antonio Gaston hin, einem 53-jährigen Automobilarbeiter im Jeep-Werk von Stellantis in Toledo. Gaston war gerade letzte Woche in eine Maschine geraten und getötet worden. White erklärte: „Solche Bedingungen sind das direkte Ergebnis des Tarifvertrags, den die UAW unterschrieben hat.“ Die Behauptung der Bürokratie, sie sei zum Streik in Belvidere bereit, „ist ebenso unglaubwürdig wie ihre wertlosen Versprechen an die Teilzeitarbeiter, ihre Stellen würden in Vollzeitstellen umgewandelt“. Stattdessen wurden sie entlassen.

White fuhr fort und erklärte, dass die Probleme der Arbeiter ihre Ursache in der „Natur des kapitalistischen Systems selbst haben. Die Arbeiter sind nichts anderes als Lohnsklaven. Wenn sie sterben, werden sie ersetzt. Wenn sie sich wehren, hofft [das Management] darauf, sie entlassen und ersetzen zu können. Es ist nicht einfach nur eine Frage der ,Gier der Unternehmen‘. Es gibt keinen Kapitalismus ohne Gier der Unternehmen. Das Wesen des Kapitalismus ist Ausbeutung.“

White und SEP-Präsidentschaftskandidat Joe Kishore „betonen, dass ... ein sicherer und gut bezahlter Job ein soziales Grundrecht ist, das Vorrang vor dem so genannten ,Recht‘ der kapitalistischen Eigentümer haben muss, die Arbeiter auszubeuten und sie zu entlassen.“ Die Bürokraten hingegen akzeptieren das so genannte „Recht“ der Konzerne, die Arbeiter auszubeuten.

Zusammenfassend erklärte White:

Fain ist ein Agent der Regierung, ein staatlicher Agent. Er wird eingebunden, weil sich die Demokraten vor allem auf Krieg konzentrieren – ein Krieg für die gleichen Unternehmensinteressen wie diejenigen, derentwegen im Inland Krieg gegen die Arbeiter geführt wird. ... Aber natürlich haben Arbeiter kein Interesse daran, Arbeiter anderer Länder zu töten oder von ihnen getötet zu werden. Wir sind vor allem daran interessiert, uns über die nationalen Grenzen hinweg zu vereinen und das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard zu verteidigen.

Deshalb ist es ganz entscheidend, dass wir – wie auf dieser Veranstaltung erklärt wurde – wissen, wogegen wir kämpfen. Niemand außer der Arbeiterklasse selbst kann die sozialen Rechte der Arbeiterklasse verteidigen. Wir müssen die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees aufbauen.

Deshalb möchte ich euch alle aufrufen, den Aktionskomitees beizutreten, diesen Widerstand aufzubauen und unsere Kampagne zu unterstützen, damit die Arbeiterklasse für ihre eigenen unabhängigen politischen Interessen kämpfen kann.

Loading